Fünf
die Hände. «Es geht nicht um uns und unsere Streitereien, sondern um Mina und Jakob. Sie wären gern häufiger bei mir, das weiß ich.»
Ein winziger Stich, tief innen. «Haben sie das gesagt?»
«Mina schon. Findest du es schlimm? Dass sie ihren Vater vermissen?»
Ja. Nein. Natürlich nicht
. «Natürlich nicht. Was ich schlimm finde, ist, dass du mich bei ihnen schlechtmachst. Erst neulich ist das Wort ‹abschieben› gefallen, als ich sie zum Mooserhof gebracht habe.» Ihr Ton war schärfer geworden, und sie rief sich zur Ordnung. «Den Ausdruck hat Mina auf keinen Fall von mir, schon gar nicht in diesem Zusammenhang.»
Nicht zu übersehen, dass Achim eine Antwort auf den Lippen lag, die er sich mit Mühe verkniff. Er zog eine angebrochene Packung Camel aus seiner Brusttasche, betrachtete sie, überlegte es sich erneut anders und steckte sie wieder zurück. «Kann sein, dass mir das einmal herausgerutscht ist, aber ich habe mich einfach noch nicht gewöhnt an all das … Neue. Und ich wollte es nicht, ich will es immer noch nicht.»
Na klar. Alles meine Schuld, dachte Beatrice. «Es ist für uns alle eine Umstellung. Hör mal, ich muss weiterarbeiten – aber du hast recht. Das nächste Mal, wenn ich Hilfe brauche, rufe ich zuerst dich an.»
Er lächelte, mit echter Freude diesmal. Beatrice hätte zurückgelächelt, wäre da nicht dieser Hauch von Triumph in seinen Augen gewesen.
«Einen schönen Tag noch, Achim.» Sie hielt ihm die Hand hin, was ihn sichtlich überraschte, dennoch ergriff er sie.
«Wirklich, Beatrice, ich will, dass wir uns wieder besser verstehen», sagte er.
«Ja.» Sie zog ihre Hand zurück. «Ich melde mich.»
«Die Frau, die den Strauß in Auftrag gegeben hat, war brünett und leicht übergewichtig. Sie hat bar bezahlt.» Stefan las von seinem Notizblock ab. «Ihren Akzent hat die Verkäuferin nicht zuordnen können. Türkisch oder Ungarisch, hat sie gesagt.»
«Ist ja auch fast dasselbe», bemerkte Florin ironisch und lehnte sich in seinem Stuhl zurück. Zum ersten Mal, seit sie an diesem Fall arbeiteten, wirkte er entnervt.
Beatrice hörte dem Gespräch nur mit halbem Ohr zu. Ihre Nachfrage beim Provider hatte keine Neuigkeiten ergeben. Seit der SMS heute Morgen hatte der Owner sein Telefon ausgeschaltet gelassen.
Mit dem Gefühl, dass sie nun wieder am Zug war, öffnete Beatrice das Nachrichtenfeld ihres Handys.
Danke für die Blumen
, tippte sie ein.
Ich gratuliere zu Ihrem Detailwissen und bitte Sie, mir eine einfache Frage zu beantworten: Wie geht es Bernd Sigart?
Würde der Owner das lächerlich finden? Schon möglich. Aber sie hatte keinen Sinn mehr für vorsichtige Andeutungen.
Kurz überlegte sie, ob sie die Koordinaten und die Brücke erwähnen sollte, doch sie entschied sich dagegen. Keine Ablenkung von ihrem Hauptanliegen.
Sie schickte die Nachricht ab und beschloss, sich eine Flasche Eistee in der Cafeteria zu kaufen. Mit dem Getränk in der Hand suchte sie sich einen ruhigen Platz im Freien. Der Tee war unerträglich süß und so kalt, dass jeder Schluck in ihren Schläfen schmerzte.
Dreißig Minuten wollte sie sich Zeit lassen, daher trank sie langsam. Sie wollte
ihm
Zeit lassen – wenn er bis jetzt nicht ins Netz gegangen war, würde er es vielleicht bald tun. Dann konnte sie unmittelbar reagieren, sofort zurückschreiben. Der Austausch von Nachrichten gefiel ihm, das war deutlich zu spüren. Er genoss die Anspielungen, die Überraschungen, die er ihr bereitete. Er würde ihre Reaktion sehen wollen.
Doch erst nachts um drei verkündete
Message in a Bottle
das Eintreffen einer SMS . Von einer Sekunde auf die andere hellwach und mit beunruhigend heftigem Herzschlag schnellte Beatrice hoch.
Sie wollen wissen, ob Sigart lebt? Das tut er. Noch. Aber er ist in schlechter Verfassung. Wenn Ihnen so an ihm liegt, hebe ich ihn bis zum Ende für Sie auf. Ich hoffe, Sie wissen das zu schätzen.
Bis zum Ende. Wenn je eine Information zwei Seiten gehabt hatte, dann diese. Es bestand also offenbar weiterhin die Chance, Sigart zu retten, doch gleichzeitig erklärte der Owner, dass er mit dem Morden noch nicht fertig war. Natürlich, Stage 4 war offen, das Rätsel, bei dem sie die Mithilfe verweigerten. Stefan recherchierte zwar weiter, aber selbst wenn er fündig, unzweifelhaft fündig werden sollte, würden sie die «Schlüsselfigur» nicht befragen, sondern lediglich rund um die Uhr observieren lassen. Falls der Owner sich seinerseits in der Nähe des
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