Fuer alle Faelle Emma
angestarrt wie den Teufel persönlich, als ich Gerhard und diesen beiden schrecklichen Frauen gesagt habe, was ich von ihnen halte.«
Ich stellte mir Oma mit Teufelshörnern vor und musste kichern. Allmählich verzog sich meine schlechte Laune wieder. Ich fühlte mich wie nach einem heftigen Gewitter, wenn die Sonne hinter den dunklen Wolken hervorkommt.
Mama stand auf und setzte einen Topf Wasser auf. »Ich koche uns jetzt erst mal einen Tee. Und dann machen wir uns einen richtig gemütlichen Frauennachmittag. Was haltet ihr davon?«
Oma lächelte. »Das ist eine hervorragende Idee, Liachen!«
»Gibt's auch Schokolade?«, fragte ich. »Und Gummibärchen? Und können wir uns irgendeine alte Liebesschnulze im Fernsehen ansehen?«
»Klar«, sagte Mama. »Alles, was ihr wollt.«
»Super!«, rief ich und sprang auf.
Ich lief zum Küchenschrank und plünderte das Süßigkeitenfach. Eine Überdosis Schokolade war genau das, was ich nach diesem verkorksten Nachmittag brauchte. Vielleicht wurde es ja doch noch ein ganz netter Sonntag ...
Am Montag regnete es, und in der großen Pause tummelten sich alle in der Pausenhalle. Ich stand neben dem Klo und betrachtete missmutig die Regentropfen, die von draußen gegen die beschlagenen Fensterscheiben trommelten, als Daniel direkt an mir vorbeilief. Er zögerte einen Moment, dann blieb er stehen.
»Hallo, Emma! Na, wie geht's?«
Ich zuckte mit den Schultern. »Geht so.«
Montags bin ich meistens ziemlich schlecht gelaunt und nicht besonders gesprächig. Aber Daniel ließ nicht locker.
»Hattest du ein schönes Wochenende?«
Ich zog eine Grimasse. »Nicht besonders.«
Wenigstens der Fernsehnachmittag mit Mama und Oma war noch ganz nett gewesen. Wir hatten es uns auf dem Sofa gemütlich gemacht und einen alten Kitschfilm angesehen. Es ging um eine arme Büroangestellte, die hoffnungslos in ihren Chef verknallt war. Der wollte aber nichts von ihr wissen. Erst als die Angestellte mit einem anderen Typen aufgekreuzt ist, hat der Chef gemerkt, dass er sie liebt. Das Happy End war so schön gewesen, dass wir alle drei ein bisschen heulen mussten. Aber das war natürlich so ziemlich das Letzte, was ich Daniel erzählen würde.
»Na, dann will ich mal wieder weiter«, sagte Daniel.
In diesem Moment sah ich Bastian, der durch die Pausenhalle auf mich zukam. Ich musste an den Film von gestern denken und war plötzlich hellwach.
»Warte mal!« Ich dachte blitzschnell nach. »Wie ... wie war denn dein Wochenende?«
Daniel zuckte mit den Schultern. »Ganz okay. Ich hab mir ein paar DVDs reingezogen, sonst war nicht viel los.«
»Aha.«
Bastian kam immer näher.
»Bist du bald mal wieder in der WG?«, fragte Daniel.
»Kann schon sein.« Ich war so damit beschäftigt, Bastian im Blick zu behalten, dass ich gar nicht richtig zuhörte.
»Dann könnten wir ja vielleicht ein Eis essen gehen oder so was ... natürlich nur, wenn du Lust hast ...«, schlug Daniel vor.
»Ja ... klar ... können wir gerne machen ...«, murmelte ich.
Jetzt sah Bastian zu mir herüber! Ich nutzte diesen Moment, um Daniel strahlend anzulächeln. Wenn diese Eifersuchtsnummer im Film klappte, warum sollte sie dann nicht auch im wirklichen Leben funktionieren?
»Mittwoch bin ich wieder in der WG«, sagte ich so laut wie möglich, um das Stimmengewirr in der Pausenhalle zu übertönen. »Bist du dann auch da?«
Daniel nickte und machte ein überraschtes Gesicht. Erst schien ihm meine plötzliche Freundlichkeit die Sprache verschlagen zu haben. Dann sagte er: »Klar bin ich da! Super, dann also bis Mittwoch, okay?«
Bastian war ein paar Meter hinter uns stehen geblieben und glotzte zu uns hinüber.
Ich tat so, als würde ich seinen Blick nicht bemerken, und zwitscherte: »Alles klar, ich freu mich schon!«
Auf Bastians Stirn erschien eine steile Falte. Er drehte sich auf dem Absatz um und verschwand zwischen den anderen Schülern. Ich sah ihm über Daniels Schulter hinweg nach, bis ich seinen braunen Haarschopf im Gewühl nicht mehr erkennen konnte.
»Hier steckst du!«, dröhnte plötzlich eine laute Stimme. »Mann, ich hab dich schon überall gesucht!« Markus tauchte neben Daniel auf. Als er mich entdeckte, erschien ein fieses Grinsen auf seinem Gesicht. »He, sag bloß, du willst was von der Verrückten! Plant ihr zwei Hübschen etwa gerade ein neues Kussprojekt?«
Ich merkte, wie ich superwütend wurde. So langsam hatte ich das Gefühl, jeden dämlichen Spruch, den man zum Thema Küssen machen
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