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Fuer den Rest des Lebens

Fuer den Rest des Lebens

Titel: Fuer den Rest des Lebens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Zeruya Shalev
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noch die leichteste Aufgabe sein, und auch das könnte schiefgehen. Sie sprechen schon seit Wochen nicht mehr darüber, er glaubt wohl, sie habe die Idee aufgegeben, und versucht vorsichtig, sich ihr wieder zu nähern, als habe sie eine Operation hinter sich und die Nähte wären noch frisch, er kommt früher nach Hause und beteiligt sie manchmal an dem, was er tut. Vor Jahren beugten sie gemeinsam die Köpfe über die Wanne mit dem Entwickler und warteten auf die Fotos, die er gemacht hatte, jetzt sitzen sie abends gemeinsam vor dem Computer, aber gerade diese scheinbare Ähnlichkeit tut ihr weh, macht ihr bewusst, wie viel sie verloren hat.
    Doch die meiste Zeit ist er in sich selbst versunken, es gelingt ihr nicht, ihn zu begeistern, und sie denkt nicht daran, er ist eben, wie er ist, und er wird sich nicht mehr ändern, sie muss herausfinden, wer sie selbst ist, sie betrachtet ihn, er liest im Licht, das immer weniger wird, er mag überhaupt keine Romane, nur Sachbücher, wie dieses Buch eines Wissenschaftlers, der kürzlich verstorben ist, ein gewisser Rafael Alon, er liest, bis das Buch auf sein Gesicht fällt und er einschläft. Nizan ist früher immer auf ihn geklettert und hat ihn mit Kitzeln und kleinen Küssen geweckt, das wird nie wieder so sein, wie kann sie ein verletztes, aggressives Kind auf ihn stülpen, sie betrachtet das Buch, das auf seinem Gesicht liegt, von der Umschlagrückseite schaut ihr das angenehme Gesicht eines Mannes entgegen, mit einem leichten Lächeln auf den Lippen, sie lächelt zurück und denkt an andere Männer, voller Lebensfreude, Männer, die einen solchen Plan begeistert aufnehmen würden, die darin einen edlen Auftrag sehen würden, und eigentlich denkt sie an ihren Etan, heute wüsste sie seine Anpassungsfähigkeit zu schätzen, und während sie den schlafenden Gideon betrachtet, stellt sie sich in Gedanken den Tod von Etans amerikanischer Frau vor. Frauen ihres Alters können sich leider schon von der Welt verabschieden, wie dieser Wissenschaftler, und sie, die ihn vor zwanzig Jahren verlassen hat, wird ihm während der Trauerwoche einen Besuch abstatten und einfach dableiben, sie wird hingebungsvoll seine vier Kinder aufziehen, ihn für seinen alten Schmerz entschädigen und in seinem neuen trösten, Nizan wird sich ihr anschließen, sie hat ein gutes Herz, sie wird Mitleid mit den armen Halbwaisen haben, und Gideon wird ihr Fehlen kaum bemerken, erklärt sie ohne ein besonders schlechtes Gewissen dem Gesicht, das ihr vom Buchumschlag entgegenlächelt, sein Alltag wird sich kaum ändern. Er braucht nicht viel, und wer weiß, ob er nicht mit seinem beiläufigen Verhalten eine neue Frau findet, und als Folge vielleicht auch ein neues Kind, und dieser Teil ihrer Phantasievorstellungen gefällt ihr bereits weniger gut, sie wird wütend auf ihn und eifersüchtig auf jene Frau, aber worauf sollte sie eifersüchtig sein, auch die Neue wird sich an die Kälte gewöhnen müssen, die er ausstrahlt, und trotzdem hat dieser Mann etwas an sich, auf das sie nicht verzichten möchte, auch wenn sie schlecht erklären kann, was es ist, vielleicht dieser Moment, wenn er sie anschaut und sein Gesicht weich wird, dann steigt ein solches Glücksgefühl in ihr auf, dass sie nicht mehr weiß, was sie vorher bedrückt hat. Auf solche Momente wartet sie, sie kann sie nicht leichten Herzens ziehen lassen, selbst wenn sie immer seltener werden. Es kann sein, dass sie von einem Streit mit einem Kollegen erzählt, oder von einer Idee für einen Aufsatz, er scheint nicht zuzuhören und plötzlich macht er ihr einen Widerspruch klar, verblüfft sie mit einer natürlichen, anstrengungslosen Hingabe, und vielleicht ist das nicht viel, natürlich ist es nicht viel, aber sie liebt diese Momente, und nun, da sie sich fragt, ob sie auf sie verzichten könnte oder ob sie ihr vielleicht genügen, kommen ihr beide Möglichkeiten inakzeptabel vor, und ein Kompromiss ist nicht möglich, einstweilen erwähnt keiner von ihnen das verlassene Kind, das in der Ferne auf sie wartet, bis es ihr bereits vorkommt, als hätte man es ein weiteres Mal allein gelassen, als würde seine Hoffnung erneut zunichtegemacht.
    Nizan wirft ihr zwar manchmal einen neugierigen Blick zu, aber sie fragt nichts, und zu ihrer Freude wirkt sie ruhiger und lässt sie häufiger an ihrem Alltag teilhaben, hilf mir bei den Vorbereitungen auf die Prüfung, bittet sie manchmal und hält ihr ein Heft oder ein Buch hin, und Dina erfüllt das mit

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