Fuer dich mein Glueck
gefilmt, wie die Kinder mit der großen Seilrutsche zum See hinuntergerauscht sind, Pilze gegessen oder vor Publikum gesprochen haben. Ich kann mir zwar immer noch nicht vorstellen, wie die Sendung genau aussehen wird, aber manchmal wird deutlich, dass sie Formen annimmt.“
„Und welche Angst hast du?“ Nina sah Greg durchdringend an.
„Dass Max das College schmeißt und nach Hause zurückzieht“, erwiderte er wie aus der Pistole geschossen.
So schnell, wie Greg geantwortet hatte, musste er vorher schon an Max gedacht haben. Daisys charmanter jüngerer Bruder hatte es immer noch nicht eilig, sein Studium zu beenden, und vertrieb sich seine Zeit mit Mädchen und allerlei Unsinn.
„Was ist mit dir?“, gab Greg die Frage an Sonnet weiter. „Wovor hast du Angst?“
„Oh, vor jeder Menge.“ Sie wünschte, sie könnte vergessen, was ihr an der Seilrutsche herausgeplatzt war. „Das letzte Mal vor Angst erstarrt war ich, als ich eine Jeans umsäumen musste.“
„Ich weiß, was du meinst“, sagte Nina. „Es ist echt schwierig, sich zu entscheiden, zu welcher Absatzhöhe sie passen soll.“
„Absatzhöhe.“ Greg schüttelte erstaunt den Kopf.
„Ich habe Angst vorm Rückwärtseinparken“, fuhr Nina fort. „Vor allem, wenn mir jemand dabei zusieht. Das ist wirklich verrückt, oder? Die Leute beurteilen mich doch nicht nach meinen Einparkkünsten.“
Liebe und Bewunderung für ihre Mutter stieg in Sonnet auf. Schwanger und gegen den Krebs kämpfend hatte sie immer noch genügend andere Ängste, aus denen sie frei wählen konnte.
„Ich habe Angst vor Yoga“, gestand Greg. „Vor allem vor dem Stil, bei dem sie Gongmusik spielen.“
Sonnet lachte. „Das ist nicht schlecht. Wie sieht es aus mit den schwarzen Pisten in einem Skigebiet?“ Sie schüttelte sich. „Die sehen immer aus, als könnten sie meinen Tod bedeuten. Außerdem habe ich Angst vor Weinkarten im Restaurant. Egal, wie sehr ich mich auch bemühe, man merkt mir immer an, dass ich absolut keine Ahnung habe, und am Ende entscheide ich mich jedes Mal für den Malbec.“
„Ich habe Angst davor, mit meiner Tochter Scrabble spielen“, sagte Nina. „Das ist echt furchteinflößend.“
„Du hast nicht wirklich Angst davor, mit mir Scrabble zu spielen, oder?“, sagte Sonnet erstaunt.
„Doch! Wenn du es unbedingt wissen willst, du bist dabei entsetzlich. Du überrumpelst mich jedes Mal.“
„Elektrozäune“, warf Greg ein. „Das vierte Loch auf dem Avalon Meadows Golfplatz. Kleine Hunde.“
„Ich wusste gar nicht, dass du Angst vor kleinen Hunden hast“, sagte Nina.
„Habe ich auch nicht. Das hab ich nur eingeworfen, um zu prüfen, ob du mir auch wirklich zuhörst.“
„Ich höre dir immer zu, selbst wenn du Unsinn redest.“ Sie sah ihn an. „Warum haben wir eigentlich keinen Hund? Ich liebe Hunde.“
„Konzentrieren wir uns für den Moment doch erst einmal aufs Baby.“
„Ich habe Angst vor meinem bösen Stiefvater“, sagte Sonnet.
Er hob sein Wasserglas, und sie stießen miteinander an. Nina stützte ihr Kinn in die Hand und stocherte in ihrem Salat.
Sonnet bemerkte, dass ihre Mutter kaum etwas gegessen hatte. „Mom, bitte!“
„Ich weiß, ich weiß, ich esse ja. Ich bin nur, okay, ich sage euch, wovor ich Angst habe. Ich habe Angst, dass ich zu viele Tage fremdgesteuert war und dass ich diese Tage nicht ausreichend gewürdigt habe.“ Sie erschauderte ein wenig. „Das ist mehr Bedauern als Angst, nehme ich an, aber gegen ein Bedauern können wir nichts tun, oder? Ängste sind einfacher zu überwinden.“
Ihre Mutter plapperte wirr vor sich hin. Chemo-Hirn nannte Nina es von Zeit zu Zeit, wenn ihre starken Medikamente bewirkten, dass sie alles um sich herum nur noch verschwommen wahrnahm.
„Mom, bitte iss.“ Mehr konnte Sonnet nicht sagen. Und das machte sie wahnsinnig. Wie gerne würde sie für ihre Mutter stark sein. Wie gerne würde sie auf alle Fragen eine Antwort haben, doch die hatte sie einfach nicht.
„Ja, verschmäh dieses leckere Essen bitte nicht“, sagte Greg.
„Sehr lustig.“ Nina aß einen klitzekleinen Bissen Pasta und legte die Gabel sofort wieder hin. „Köstlich. Ich muss daran denken, eine Dankeskarte zu schicken. Aber in letzter Zeit vergesse ich sogar meinen eigenen Namen, also vergesse ich das vermutlich auch. Ich fühle mich jetzt schon schuldig.“
Es klingelte an der Tür. Greg schob seinen Stuhl zurück und stand auf. „Hoffen wir, dass es sich nicht um einen verärgerten
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