Für ein Ende der Ewigkeit (Lilith-Saga) (German Edition)
einem Smoking in die Disko gehen. Aber wir in E. sind schon immer sehr tolerant gewesen und verzeihen unseren Kirchweihbesuchern solche Geschmacksverirrungen.
Als wir näher kamen, mischten sich zu dem mal an- und mal abschwellenden Musikmix laute Heulsignale der Fahrgeschäfte sowie die durch Mikrofone verstärkten Rufe und Sprüche der dazugehörigen Animateure. Die Luft war erfüllt von dem Geruch nach frisch gegrillten Bratwürsten, Schweinshaxen, Bratheringen, gebrannten Mandeln, Popcorn und weiteren ähnlich gesunden Sachen.
Endlich waren wir auf dem Festplatz angelangt. Buden reihten sich aneinander, unterbrochen von einem gigantischen Riesenrad, Karussells, überdimensionalen Schaukeln, Geisterbahnen und hochmodernen Attraktionen, bei denen einem schon vom Zuschauen schlecht werden konnte.
Der schmale Weg dazwischen war vollgestopft mit Menschenmassen. Wir wurden mehr geschoben als wir uns vorwärts bewegten und unsere Stimmung steigerte sich von Augenblick zu Augenblick.
Und dann erreichten wir unser erstes Etappenziel, die Bierkeller, die von verschiedenen Brauereien bewirtschaftet wurden. Ganz am Ende lag unser Keller, besonders berühmt und beliebt wegen seines außergewöhnlich guten Bieres, das in unserer Stadt gebraut wurde, und der knusprig gegrillten Enten, die es auf der Kirchweih nur dort gab.
Hier war das Gedränge am Größten, es gab nahezu keine Sitzplätze mehr, die gesamte Bevölkerung von E. schien sich versammelt zu haben. Genau hier hatten wir uns mit Sven und seinen Freunden verabredet. Bei logischer Betrachtung absolut unlogisch, denn es war vollkommen aussichtslos, in der unüberschaubaren Menge eine bestimmte Person zu treffen. Aber im Laufe der Jahre hatten wir hierfür eine Art Radar ausgebildet und fanden die Jungs innerhalb weniger Minuten. Sie hatten schon ausgiebig vorgefeiert und freuten sich deswegen übermäßig, als wir ankamen.
Gleich hatte Vanessa einen Kellner in dem Gewühl ausfindig gemacht und ihn dazu bewogen, uns vier Maß zu bringen. Die Jungs rutschten auf ihrer Bank zusammen, wir konnten uns sogar hinsetzen. Bald stand ein frisches Bier vor jeder von uns. Mir wurde bewusst, wie durstig ich war.
Nachdem wir einen tiefen Schluck – oder auch mehr – aus den grauen Steinkrügen genommen hatten, stellten wir fest, dass das diesjährige Kirchweihbier besonders gut gelungen war. Dieser Umstand bewog uns, uns zuzuprosten und uns noch einen tiefen Schluck zu genehmigen.
Sven hatte in der Zwischenzeit papierdünn aufgeschnittenen, weißen Rettich beschafft, der stark gesalzen war. Der schmeckte hervorragend, hatte nur den Nachteil, dass er fürchterlich durstig machte - ein Zustand, dem man nur durch intensiven Genuss des Bieres Abhilfe leisten konnte.
Schnell war die erste Maß dahin und die zweite stand vor jeder von uns. Ute freute sich dermaßen darüber, nicht verdursten zu müssen, dass sie auf ihren Sitz stieg und zur Blasmusik tanzte. Um uns herum waren zahlreiche Besucher, die doppelt oder dreifach so alt waren wie wir. Sie fanden Utes Beispiel sehr anregend und ahmten sie nach. In kurzer Zeit standen wir alle auf den Bänken, sangen, schunkelten und mussten zu unserer Überraschung zugeben, dass Blasmusik doch ihre Berechtigung hatte.
Nachdem wir unsere zweite Maß geleert hatten, kam in uns das Gefühl auf, dass wir jetzt unbedingt etwas unternehmen müssten. Wir verabschiedeten uns von den Jungs und ließen sie zurück. Wir schoben uns in Richtung der Fahrgeschäfte, die wir vorher nur gestreift hatten. Es war Ehrensache, jedes einzelne auszuprobieren. Allerdings war unser Budget nicht unerschöpflich. Aber dafür hatten wir unsere unschlagbare Geheimwaffe Vanessa.
Die Kartenverkäufer ließen normalerweise niemanden umsonst fahren, waren aber im Prinzip doch nur Männer. Ein Augenaufschlag von Vanessa und wir hatten unsere Freikarten. Das klappte immer.
Wir probierten die neue Schleuderkugel aus, die uns in einer Kabine fünfzig Meter hoch katapultierte, machten das Riesenrad unsicher, vergnügten uns auf einem Kettenkarussell und fuhren jauchzend durch die Geisterbahn.
Durch diese anstrengenden Aktionen wurden wir wieder durstig, weshalb wir uns nochmals Bier kauften. Dazu aßen wir eine bestimmt einen halben Meter große Brezel.
Mittlerweile verlor die Umgebung an Bedeutung für uns, wir hakten uns unter und entdeckten, dass wir über große Gesangskünste verfügten. Besonders Katharina kannte viele interessante Texte, die sich schnell
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