Für ein Ende der Ewigkeit (Lilith-Saga) (German Edition)
Lippen. „Hat es dir mit mir jemals nicht gefallen?“
„Weißt du was?“, sagte ich. „Du bist ganz schön eingebildet.“ Ich richtete mich auf, drückte ihn zu Boden und meine Haare bildeten einen Schleier um unsere Gesichter. „Und ich bin doch die Erste im Haus“, flüsterte ich.
Ich sprang auf, rannte wie von Furien gehetzt den Strand entlang und dann die Metalltreppe hinauf zu unserer Terrasse. Wie einst Rocky beim Lauftraining streckte ich meine Hände in die Luft und tanzte den Siegestanz. Von oben konnte ich Johannes sehen. Er lag, wo ich ihn zurückgelassen hatte und winkte mir zu.
Spielverderber - er hätte sich wenigstens ein bisschen ärgern können.
14
Als wir um die Kurve fuhren, blickte ich ein letztes Mal zurück zum Strandhaus. Wie sehr hoffte ich, es wiederzusehen.
Vom Auto aus versuchte ich erneut, Gerti anzurufen. Wieder hatte ich die Mailbox am Ohr und hinterließ ihr ein paar Nettigkeiten auf Band. Dass sie um diese Tageszeit meinen Anruf nicht selbst entgegennahm, war kein gutes Zeichen. Tante Bärbel schien es sehr schlecht zu gehen.
Wir fuhren zuerst über die Landstraße Richtung Kiel und bogen dann auf die Autobahn ab, der wir kurze Zeit folgten. Unsere Route führte uns auf eine Bundesstraße. Die Nordsee war nicht mehr weit.
Wir wurden Teil eines riesigen Konvoys, der ein gemeinsames Ziel zu haben schien. In den Fahrzeugen saßen überwiegend junge Leute, ihre Wagenfenster waren offen und dumpfe Rockmusik drang nach außen.
Mir schwante Schreckliches. „Wir fahren jetzt aber nicht zu einem Fußballspiel, oder?“
Johannes schüttelte belustigt den Kopf und deutete auf ein überdimensionales Plakat, das am Wegesrand stand. Auf ihm war ein skelettierter Stierkopf mit Hörnern abgebildet. Lorbeerblätter kreisten ihn ein und darüber stand in riesigen weißen Lettern:
Wacken
„Wacken?“, sagte ich. „Wir fahren nach Wacken ?“
Auf einmal machten die vielen Headbanger in ihren Autos Sinn.
„Du stehst doch voll auf Heavy Metal“, stellte er äußerst zufrieden mit sich selbst fest.
„ Ich ?“
„Jetzt tu nicht so!“ Allem Anschein nach hatte er das Gefühl, dass ich ihn ärgern wollte. „Ich habe in deinem Wohnzimmer eine selbstgebrannte CD mit seltenen Heavy Metal–Songs gesehen. Die besitzt nur ein richtiger Fan. Du kannst mich nicht für dumm verkaufen.“
Ich grübelte kurz nach und dann wurde mir klar, dass Johannes Leons CD gefunden hatte.
Johannes saß voller Vorfreude neben mir. Und ich brachte es einfach nicht übers Herz, ihn seiner Illusionen zu berauben. Ich machte ein leicht verlegenes Gesicht und meinte, als hätte er mich bei etwas Verbotenem ertappt: „Du hast mein Geheimnis entdeckt. Tief in mir drin bin ich ein Metalhead.“
Johannes brauchte mir nur einen Blick zuzuwerfen. Dann seufzte er tief.
Darf ich mich vorstellen? - dachte ich - Mein Name ist: Lilith-lies-mich-wie-ein-Buch Stolzen.
Laut sagte ich: „Ich freue mich riesig, Johannes. Alleine wäre ich hier nie hingekommen.“
Und das war wirklich die Wahrheit. Alleine wäre ich nie auf die Idee gekommen, nach Wacken zu fahren.
15
Und dann waren wir auch schon da. Ich hatte zwar einiges von dem Open-Air-Festival gehört - vor allem Leon schwärmte vom Mekka aller Metalheads - aber nichts hatte mich auf das vorbereitet, was ich jetzt zu sehen bekam.
Freundliches Hilfspersonal, welches das absolute Chaos, das überall herrschte, mit einer bewundernswerten Gelassenheit ignorierte, wies uns in das riesige Gelände ein. Jede Art von Zelt, Anhänger, Wohnmobil und Caravan stand herum, dazwischen waren Horden von tätowierten, gepiercten und allesamt mehr oder weniger sturzbesoffenen Metalfans unterwegs. Manche hatten sich rotschwarze Teufelsmasken in ihre Gesichter gemalt, trugen farbige Kontaktlinsen oder mittelalterliche Helme. Einer hatte sich einen hellblauen Bademantel aus Plüsch umgeworfen, der besonders gut mit seinen Vampirzähnen harmonierte.
Alle grüßten uns freundlich mit dem Satanszeichen, indem sie ihren Zeigefinger und ihren kleinen Finger der rechten Hand ausstreckten und dazu lauthals „ Wackööön “ brüllten. Überhaupt schien hier niemand in normaler Lautstärke zu reden. Überall wurde geschrien und trotzdem herrschte eine vollkommen friedvolle Atmosphäre.
Wir fanden die uns zugewiesene winzig kleine Parzelle im Road to Hell–Weg . Hier ging es sehr eng zu. Direkt neben unserem Zeltplatz stellten wir unser Auto ab, wie es alle
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