Für ein Ende der Ewigkeit (Lilith-Saga) (German Edition)
anderen um uns herum getan hatten. Eines war sicher, hier würden wir so schnell nicht wieder herauskommen.
Johannes nahm ein professionelles Treckingzelt aus dem Kofferraum. Augenblicklich kamen unsere direkten Nachbarn zu uns herüber. Die Jungs trugen Helme mit Hörnern und hatten sich die Oberkörper mit schwarzen Symbolen bemalt. Die Mädels trugen Jeans und lederne Push-up-BHs - mehr nicht.
Wir wurden freudig mit „Wackööön“ angebrüllt und ich brüllte fröhlich zurück. Dann schenkten uns unsere Nachbarn einige Dosen warmes Bier und fragten, ob sie uns beim Aufbauen helfen sollten. Nachdem sie aber kaum geradeaus laufen konnten, verzichteten wir auf ihre Hilfe und teilten uns lieber den Gerstensaft mit ihnen.
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Unser Zelt war schnell aufgestellt. Als wir fertig waren, gingen wir zwischen tausenden von Campern hindurch Richtung der Festival-Area, dem Holy Wacken Land. Je mehr wir uns den gigantischen Bühnen näherten, desto lauter wurden die ekstatischen Schreie. Von Ferne pulsierte das schnelle, rhythmische Donnergrollen der Bassgitarren.
Die Menge zog uns mit und wir hielten uns aneinander fest, um nicht getrennt zu werden.
Vor uns tauchte die erste Bühne auf. Davor hatte sich eine unübersehbare Zuschauerschar versammelt, die im Takt der Musik mitsprang, mitgrölte und das Satanszeichen zeigte. Lange Haare flogen. Crowdsurfer ließen sich über den Köpfen der Menge liegend durchreichen.
Die Begeisterung der Menschen um uns herum war ansteckend. Die Musik begann mich zu elektrisieren. Auf gigantischen Videowänden konnte ich die Musiker hautnah verfolgen, die auf der Bühne spielten. Niemand verstellte sich, jeder machte das, wozu er gerade Lust hatte. Bald sang ich lauthals mit - wie gesagt, tief in meinem Inneren war ich ein Metalhead.
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Nach einer Weile zogen wir weiter. Insgesamt gab es sechs Bühnen, auf denen unterschiedlicher Metal gespielt wurde, mal härter, mal mehr die Klassiker, mal mittelalterlich angehaucht. Auch Black Metal war vertreten. Und die Musiker sahen einfach schnuckelig aus – zum reinbeißen.
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Das Areal war sehr groß. Wir blieben ab und an stehen und es dauerte Stunden, bis wir es einmal durchquert hatten.
Irgendwann hatte ich genug. Ich war durstig, hatte Hunger und mir taten meine Füße weh. Also steuerte ich auf eine der zahlreichen Versorgungsinseln zu, die Getränke, Brötchen und Würstchen anboten.
Johannes folgte mir, wurde dann aber für kurze Zeit von einer Gruppe volltrunkener vollbärtiger Wikinger abgedrängt, die meinten, einen lange verschollen geglaubten Blutsbruder wiedergefunden zu haben. Sie wollten mit ihm unbedingt den Inhalt ihrer Trinkhörner teilen. Ihr Anführer hatte auf seinem nackten Rücken ein großes Wikingerschiff tätowiert und darunter stand Wotan.
Johannes gab mir ein Zeichen, dass ich vorgehen sollte. Das war mir auch sehr recht, denn die Wikinger waren zwar bestimmt allesamt nett, aber sie hatten mindestens drei Tage nicht mehr geduscht und das roch man überaus deutlich. Außerdem hatte ich keinerlei Interesse, meine Rolle näher zu erkunden, die ich als Freundin ihres neuen alten Kameraden spielen würde.
Ich beschränkte mich deshalb darauf, Johannes zu signalisieren, dass ich bei dem Essensstand auf ihn warten würde und zog die paar Meter alleine weiter.
Ich hatte Glück und einer der wenigen Sitzplätze des Standes wurde in dem Moment frei, als ich kam. Ich schlüpfte auf den Platz, wobei ich das Gefühl genoss, meine armen geschundenen Füße zu entlasten. Um mich herum wurde gelacht, aus heiseren Kehlen gebrüllt und laut gesungen.
Der Verkäufer reichte mir einen Kaffee, der zwar nicht stark, dafür aber zumindest heiß war, ein großes Mineralwasser und ein Schinkenbrötchen. Ich löschte zuerst meinen Durst, biss in das aufgeweichte Brötchen und dann genoss ich meinen Kaffee in kleinen Schlucken.
Neben mir saß ein etwa dreißigjähriger Muskelprotz, an dessen Hüften sich schon etwas Speck angesammelt hatte. Er sah kurz mit blutunterlaufenen Augen auf und hob sein Bier in die Höhe.
„Hallo Feuerbraut“, begrüßte er mich leicht lallend, „ich bin Uwe, Uwe der Drachentöter.“
Wir stießen miteinander an – er mit seinem Humpen und ich mit meiner Tasse. Er nahm einen schier endlos währenden Zug aus seinem Krug, rülpste, ließ sich auf seinen Sitz zurückfallen und stierte blicklos vor sich hin. Ich betrachtete ihn amüsiert und musste mir eingestehen, dass er ein
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