Für ein Lied und hundert Lieder
hochgereckt.
Wenn man in der Wirklichkeit verletzt wird, rächt man sich in der Vorstellung. Die kleinen wie die großen Feinde verschwinden, einer nach dem anderen, an irgendwelchen Abschnitten des Lebens, als würde die Zeit selbst sich für mich rächen. Ich habe nie wieder die Feinde meiner Kindheit getroffen, die einst dem kleinen Kind am helllichten Tag ins Gesicht geschlagen und es danach gezwungen hatten, den Leimkübel aufzuheben und mit ihnen überall Parolen anzukleben, die den Sturz des Vaters des Kleinen propagierten.
Und da war noch der Sekretär des Parteikomitees während meiner Zeit in der Mittelschule, der mich wegen eines naiven Liebesgedichtchens als Beispiel für schlechte Gesinnung aufbaute, was auf einer Versammlung der gesamten Schule vor tausend Menschen kritisiert wurde. Ich hatte wirklich Mordgedanken, besser, in einer anderen Welt hatte ich dieses Schielauge schon ein paar tausend Mal umgebracht. Ich jagte ihm mit aller Wucht ein Messer in den Wanst, bis ich vor Müdigkeit wach wurde und entdeckte, dass ich einen Samenerguss gehabt hatte.
Neue Feinde überdeckten den alten Hass, so ist die Zeit, man wird Tag für Tag älter, man kann unmöglich einen Ritterroman leben und fünf, zehn, zwanzig Jahre nichts anderes tun, als einem einzelnen Menschen hinterherzujagen, um ihn zu töten – würde in Zukunft also auch das Gefängnis aus meiner Erinnerung verschwinden? Einschließlich dieses goldzahnbewehrten Staatsanwaltes da vor mir?
Ein gewaltiger schwarzer Schatten hüllte mich ein, dann griff mir jemand an den Unterkiefer und zog ihn nach oben: »Ist das der Kerl, der um sich beißt?«
Ich erkannte genau, wer das war, das war der im ganzen Gefängnis berüchtigte Sekretär Zhao, man nannte ihn nur die Eisenhand, ich blinzelte ganz unwillkürlich zu seiner Begrüßung. Wie aus dem Nichts hob Zhao die rechte Hand und schlug von schräg oben zu! Es gab ein explosionsartiges Geräusch in meiner Mundhöhle, und ich hatte das Gefühl, mir fliegt der Kopf weg, dreht sich in der Luft ein paarmal um sich selbst und fällt dann wieder auf den Hals zurück, ich fand mich auf allen vieren wieder. Mich würgte mein eigenes Blut, und ich musste heftig husten, die Stimmbänder rissen, doch der heftige Windstoß dieser Hand schien immer tiefer zu dringen und sich über Speise- und Luftröhre bis in die Eingeweide auszudehnen.
Ich war von der Bank gefallen; wie eine Hure, die einen Freier verärgert hat, zitterte ich unter dem Drängen von Sekretär Zhao. Über den Adamsapfel huschten Flammen, Tränen und Rotz flossen ineinander, ich konnte es nicht verhindern, ich protestierte: »Wir sind hier im Zimmer eines Staatsanwalts!«
Meine Stimme war nicht zu hören.
Ich setzte mein altes Leben noch einmal aufs Spiel und sagte es noch einmal, meine Stimme war immer noch schwach wie die einer Ameise.
»Was sagst du?«, der Staatsanwalt verließ seinen Stuhl und hielt sein Ohr an meinen Mund, »gibst du deine Fehler zu? Und das war nicht einfach ein normaler Fehler!«
Ich drehte die Schulter und schüttelte den Kopf, mein Mund stand weit offen, ich spielte mit der Zunge und wollte aufstehen, wurde aber zurückgedrückt. Der Goldzahn hob heimlich den Daumen in Richtung der Eisenhand und schmeichelte ihn zur Tür hinaus, erst dann senkte er das Gesicht und befahl mir, mit der Hand auf dem Rücken mit einem Fingerabdruck zu unterschreiben. Ich war so außer mir, dass ich am ganzen Körper zitterte, eine Zeitbombe kurz vor der Explosion. In dieser Leere, die wie ein Damoklesschwert über mir hing, wurden mir die Augen von einer unsichtbaren Hand verdeckt. Durch die Finger konnte ich sehen, wie das Fenster sich ungeheuer und übertrieben verformte, das siedend heiße Schlammwasser der Sonne spritzte herein, meine Brust hob und senkte sich in einer regenbogenfarbenen Brandung.
Ich brüllte auf und schoss wie ein Thunfisch auf den Staatsanwalt los. Für den Goldzahn kam das zu plötzlich, er konnte nicht mehr ausweichen und wurde umgestoßen. Ich tippte mit dem rechten Fuß auf den Stuhl, und mein Körper ragte auf der Tischplatte majestätisch in die Höhe, und meine Seele schnellte vor dem ganz unbeholfenen Körper aus dem Fenster und legte draußen in der Sonne eine wundervolle Landung hin.
Ich hörte die Seele aufkommen, und der Saft spritzte in alle vier Himmelsrichtungen; ich hörte, wie der Seele der Oberschenkelhalsknochen brach, wie sie sich wand wie ein kranker Hund, während der Körper noch immer
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