Für eine Nacht
dass sie vor einem ernsten Problem standen. Die Presse witterte eine Story und würde sich von der einmal aufgenommenen Fährte nicht wieder abbringen lassen. Und in einer Kleinstadt wie Yorkshire Falls würde jeder Einwohner nur allzu bereitwillig alles ausplaudern, was er über Sloane, Chase und Samson wusste. Mit Gott weiß was für Ausschmückungen.
Leider bedurfte es gar keiner Übertreibungen, die Wahrheit allein war brisant genug, um den Wahlkampf ihres Vaters zum Scheitern zu verurteilen. Bei der Vorstellung, dass sie all das zerstören konnte, wofür Michael so hart gearbeitet hatte, wurde Sloane das Herz schwer.
»Es ist nicht deine Schuld«, tröstete sie Michael, der ihre Gedanken gelesen hatte. »Ich hätte ein so brisantes Geheimnis schon längst lüften müssen.«
»Aber Vorwürfe und Schuldzuweisungen bringen uns jetzt nicht weiter. Das Kind ist in den Brunnen gefallen. Lasst uns lieber überlegen, wie wir retten können, was zu retten ist.« Madeline setzte sich auf Sloanes Bett und winkte Kate zu sich.
Die junge Frau zog sich einen Stuhl heran, während sich Michael gegen die Wand lehnte. Sloane sah ihm an, wie sich die Gedanken in seinem Kopf förmlich überschlugen.
Kate zückte ihren Kugelschreiber. »Die Polizei gibt bislang keine Informationen preis, aber ich weiß nicht, wie lange wir die Geschichte noch geheim halten können.«
Der Senator nickte bedächtig. »Ich kann nur wiederholen, was ich schon immer gesagt habe. Ich muss mit der Sache an die Öffentlichkeit gehen und mich meinen Wählern auf Gedeih und Verderb ausliefern. Mit Kenneth habe ich schon darüber gesprochen.« Er sprach vom amtierenden Präsidenten, seinem Mitkandidaten. »Er weiß, was auf uns zukommen
kann. Ich habe ihm meinen Rücktritt angeboten, aber davon will er nichts hören. Er besteht darauf, an mir als Vizepräsidentschaftskandidaten festzuhalten.«
»Dad ...«
Michael schüttelte den Kopf. »Mein Entschluss steht fest. Es wird Zeit, dass ich die Verantwortung für meine Handlungsweise übernehme – dir, Samson und der Öffentlichkeit gegenüber. Wenn die Wähler Aufrichtigkeit und ehrliches Bedauern nicht zu schätzen wissen, dann kann ich es auch nicht ändern.« Er hob beide Hände. »Ich bin und bleibe der, der ich bin.«
»Und ich bin stolz darauf, deine Tochter zu sein«, sagte Sloane leise. »Auch daran wird sich niemals etwas ändern.«
»Wir sind uns also einig?«, fragte Michael in die Runde. »Wir berufen eine Pressekonferenz ein?«
»Nein«, widersprach Madeline entschieden. »Das geht nicht.«
»Wieso nicht?«, fragte Sloane verwundert. »Dad hat Recht. Das ist der einzige richtige Schritt.«
Madeline rang sichtlich mit sich. »Wir müssen mit der Wahrheit an die Öffentlichkeit gehen, in diesem Punkt stimme ich euch zu, aber nicht auf einer Pressekonferenz. Ich habe nämlich schon einem ganz bestimmten Reporter die Exklusivrechte an der Story versprochen.«
Sie wagte nicht, Sloanes durchbohrendem Blick zu begegnen, was Sloane alles verriet, was sie wissen musste.
»Ach ja?« Michael hob die Brauen. »Darf man fragen, wem du diesen Knüller des Jahres zuschanzen willst und warum? Natürlich nur, wenn es dir nichts ausmacht, mich einzuweihen – mich, deinen Mann, vor dem du ja keine Geheimnisse hast.«
Sloanes Blick wanderte von ihrer Stiefmutter zu ihrem Vater.
Wie Michael lauerte auch sie darauf, dass Madeline weitersprach. Aber im Gegensatz zu Michael kannte sie die Antwort bereits.
Madeline errötete, zuckte aber mit keiner Wimper. Die Reaktion ihres Mannes schien sie ziemlich kalt zu lassen. »Ich habe das Exklusivinterview ...«
»Chase Chandler zugesagt«, beendete Sloane den Satz für sie. »Als Gegenleistung dafür, dass er auf mich aufpasst, stimmt’s?«, fragte sie, aber eigentlich brauchte sie die Bestätigung gar nicht. Sie vertraute auf ihren Instinkt.
Obwohl Chase bereits zugegeben hatte, dass Madeline ihn gebeten hatte, ein Auge auf sie zu haben, hatte er nie von einer Gegenleistung gesprochen. Aber Sloane hätte wissen müssen, dass Chase, Reporter mit Leib und Seele, nie allein ihretwegen nach Yorkshire Falls gekommen wäre. Ihre Schulter pochte, ihr Herz zog sich schmerzhaft zusammen, und jetzt begann es auch noch in ihrem Kopf zu hämmern.
»Es schien mir damals die vernünftigste Lösung zu sein.« Madeline blickte auf ihren Schoß hinab, während sie darauf wartete, dass die Geschworenen ihr Urteil verkündeten.
Michael schnaubte verärgert. »Bravo,
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