Für eine Nacht
beginnen.
Solange Sloane sich nicht bewegte, waren die Schmerzen erträglich. Die Mittel, die die Ärzte ihr verabreicht hatten, zeigten allmählich Wirkung. Doch den erlittenen Schock hatte sie noch nicht überwunden, und sobald sie sich dazu in der Lage gefühlt hatte, hatte sie sich sogleich nach Samson erkundigt.
Sie erfuhr, dass er unverletzt geblieben war, aber nachdem er sich vergewissert hatte, dass Sloane nicht lebensgefährlich verletzt war, hatte ihn niemand mehr gesehen. Er war wieder einmal spurlos verschwunden.
Wie hätte es auch anders sein sollen? , dachte Sloane zynisch. Von ihm durfte sie keine warmen Vatergefühle erwarten, obgleich sie im Baumhaus gemeint hatte, kurz davor zu stehen, seinen Schutzpanzer zu durchbrechen. Einen weiteren diesbezüglichen Versuch würde sie erst unternehmen können, wenn sie aus dem Krankenhaus entlassen wurde.
Ein Klopfen an der Tür riss sie aus ihren Gedanken. Sie schrak zusammen und bereute die abrupte Bewegung sofort, als sich erneut ein sengender Schmerz in ihrer verletzten Schulter ausbreitete. Stöhnend presste sie ihre Hand gegen den dicken Verband.
Ehe sie die Besucher hereinbitten konnte, öffnete sich die Tür, und Madeline und Michael betraten den Raum. Sloane hatte sie schon in der Notaufnahme gesehen, doch erst jetzt hatten sie endlich einen Moment Zeit für sich allein, ohne dass Ärzte und Krankenschwestern um Sloane herumschwirrten. Sie lächelte den beiden zu. »Kommt herein.«
Madeline trat zu ihr und nahm auf der Bettkante Platz, während sich Michael auf den Stuhl neben dem Bett setzte.
»Ich bin ja so froh, dass das Ganze noch einmal glimpflich abgegangen ist! Deine Schwestern haben furchtbare Angst um dich gehabt. Sie lassen dich grüßen und wünschen dir alles Gute. Sie haben mich angebettelt, doch mitkommen zu dürfen, aber das war mir zu riskant, ich wollte erst wissen, was eigentlich passiert ist.« Madeline griff nach Sloanes Hand und drückte sie. Tränen schimmerten in ihren Augen. »Himmel, als ich gesagt habe, du solltest ruhig nach Yorkshire Falls fahren, da konnte ich doch nicht ahnen, dass du dich in Gefahr begeben würdest!«
»Weil ich dir ein paar Dinge verschwiegen habe. Ich wollte nicht, dass du dich unnötig aufregst.« Sloane seufzte.
Sie konnte sich noch lebhaft an den Tag erinnern, an dem sie das Gespräch zwischen Robert und Frank über ihre wahre Herkunft belauscht hatte, obwohl er nach all dem, was inzwischen geschehen war, eine halbe Ewigkeit zurückzuliegen schien. Seither hatte sie viel Kraft und Gefühle in Samson und Chase investiert, und plötzlich kam sie sich weit älter vor als ihre achtundzwanzig Jahre.
Madeline drohte ihr mit dem Finger. »Du wolltest verhindern, dass ich dir verbiete, deinen leiblichen Vater zu treffen, gib es zu. Dabei hätte ich dir das gar nicht verbieten können. Du bist eine erwachsene Frau und triffst deine eigenen Entscheidungen.«
»Nein, ich fürchtete, du könntest darauf bestehen, dass ich einen Leibwächter mitnehme, und das wäre für die neugierigen Bürger in Yorkshire Falls ein gefundenes Fressen gewesen.« Sloane lachte, wurde aber rasch wieder ernst, als ihr einfiel, dass ihr Madeline trotzdem einen Leibwächter hinterhergeschickt hatte. Einen Mann namens Chase Chandler, der
sein Bestes getan hatte, um sie zu schützen, und dabei ihr Herz erobert hatte.
Es fiel ihr nicht leicht, ihre Gefühle zu verbergen, aber Michael und Madeline sollten auf keinen Fall merken, dass ihre seelischen Wunden ihr weitaus größere Schmerzen bereiteten als die Schussverletzung und dass der älteste Chandler-Bruder der Grund dafür war.
Anscheinend war ihr Vater auf Anweisung Rick Chandlers in Yorkshire Falls von einem Polizisten in Empfang genommen worden, der ihn darüber aufgeklärt hatte, dass seine Berater hinter dem Anschlag auf Sloane steckten. Sloane wusste, dass diese Neuigkeit Michael einen schweren Schlag versetzt haben musste, so sehr er sich auch bemühte, sich ihr gegenüber nichts anmerken zu lassen.
Sie rang sich ein Lächeln ab, dann kam sie wieder auf den privaten Teil des Gesprächs zurück. »Außerdem hätte Samson vermutlich nie gewagt, mit mir in Verbindung zu treten, wenn ständig so ein Gorilla neben mir hergetrottet wäre.«
Michael runzelte die Stirn, als der Name dieses Mannes fiel. »Zu Samson kommen wir gleich«, unterbrach er sie in einem Ton, der keinen Widerspruch duldete. »Zuerst will ich wissen, wie es dir geht. Die Ärzte sagen, es
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