Für eine Nacht
Menschen.«
Wie sollte Sloane den Mann beschreiben, der seinen Hund Dog getauft hatte und Selbstgespräche führte? »Samson ist seltsam. Exzentrisch. Aber trotzdem scheint ihm etwas an mir zu liegen.«
»Er wollte dich unbedingt kennen lernen, nachdem er von dir erfahren hatte, und er hat viel riskiert, indem er mitten im Wahlkampf zu mir gekommen ist. Und die Drohungen, die er Robert gegenüber ausgestoßen hat ... ich wusste sofort, dass man die nicht ernst nehmen musste. Er war harmlos, er wollte dich einfach nur einmal sehen.« Michael hob die Hände und spreizte die Finger. »Dieses Recht durfte ich ihm nun wirklich nicht verwehren. Mir wäre es im Traum nicht in den Sinn gekommen, dass Frank und Robert versuchen könnten, ihm etwas anzutun. Ich hatte vor, mit der ganzen Sache an die Öffentlichkeit zu gehen und die etwaigen Folgen auf mich zu nehmen, aber dazu bekam ich keine Gelegenheit mehr.«
Ans Bett gefesselt, konnte Sloane nichts anderes tun als nicken.
»Aber ich war felsenfest davon überzeugt, dass dir von Samson keine Gefahr droht, sonst hätte ich dich nie hierher fahren lassen«, versicherte Michael ihr dann.
Sloane richtete sich auf – oder versuchte es zumindest – und wurde sogleich dafür bestraft. Der sengende Schmerz in ihrer Schulter verschlug ihr den Atem und trieb ihr Tränen in die Augen.
»O verdammt!« Michael legte behutsam einen Arm um sie und hielt sie fest, bis der Schmerz abebbte.
»Schon vorbei«, flüsterte sie schließlich.
Er lockerte seinen Griff, gab sie aber nicht frei, sondern tippte ihr mit dem Finger gegen die Nase. »Du weißt doch, dass ich immer wissen muss, wo meine Mädchen gerade stecken.«
Sie lächelte ihn durch den Tränenschleier hindurch an.
Madeline drückte Sloanes Hand. »Wie hätte ich ihm verschweigen können, was du vorhast? Er hätte mir das nie verziehen. Außerdem haben dein Vater und ich keine Geheimnisse voreinander.«
Sloanes Augen weiteten sich. »Ich verstehe. Ihr habt nur vor euren Kindern welche. Das ist natürlich etwas ganz anderes.« Sie bedauerte die sarkastischen Worte schon, kaum dass sie sie ausgesprochen hatte. Beschämt ließ sie sich wieder in die Kissen sinken und starrte zu der rissigen Decke empor. Sicher, sie hegte immer noch einen gewissen Groll gegen ihre Eltern, aber das gab ihr noch lange nicht das Recht, grausam zu sein. »Tut mir Leid.«
»Das muss es nicht«, erwiderte Madeline erstickt.
»Wir sind es, die sich entschuldigen müssen.« Michael beugte sich über sie und sah sie eindringlich an. »Ich hatte kein Recht, dir die Wahrheit so lange vorzuenthalten. Adoptierte Kinder sollten es immer erfahren, wenn sie adoptiert wurden. Ich hätte es dir sagen müssen und dich dann entscheiden lassen, wen du zum Vater willst.«
Sloane kämpfte erneut gegen die aufsteigenden Tränen an.
»Aber ich verstehe, warum du mir nichts gesagt hast. Heute bin ich erwachsen, aber damals war ich ein Kind, und du hast deine Entscheidung nur zu meinem Besten getroffen. Was geschehen ist, ist geschehen. Wir müssen unseren Weg weitergehen.«
»Nur eines noch: Ich liebe dich wie meine eigene Tochter, das habe ich schon immer getan, und daran wird sich nie etwas ändern«, schloss Michael und richtete sich langsam wieder auf.
Sloane lächelte. »Daran habe ich nie gezweifelt. Niemals. Und deswegen wird sich auch zwischen uns nichts ändern«, versicherte sie ihm. »Aber wir müssen unbedingt über ...«
Ehe sie den Satz beenden konnte, wurde die Tür geöffnet, und eine ihr unbekannte junge Frau in einem schlichten Kostüm trat ins Zimmer. Sie hielt ein Klemmbrett in der Hand. »Tut mir Leid, dass ich stören muss, aber es ist wirklich wichtig.«
»Schon gut. Kommen Sie rein, Kate.« Michael wandte sich an Sloane. »Das ist meine neue persönliche Assistentin Kate Welles.«
Sloane nickte, und die andere Frau lächelte ihr um Entschuldigung heischend zu, ehe sie ihre Aufmerksamkeit wieder auf ihren Brötchengeber richtete. »Die Presseleute werden langsam ungeduldig. Bislang wissen sie nur, dass Sie hier sind, weil Ihre Tochter hier im Krankenhaus liegt, aber niemand weiß, was ihr fehlt. Von der Schießerei ist noch nichts durchgesickert.« Beim letzten Satz dämpfte sie ihre Stimme zu einem Flüstern.
»Schon in Ordnung, Kate. Jeder hier im Raum weiß, was passiert ist.« Madeline lächelte. »Sie ist neu«, erklärte sie Sloane dann leise.
Sloane grinste, aber ein Blick auf die tüchtige Kate erinnerte
sie wieder daran,
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