Für eine Nacht
tiefere und aufrichtigere Gefühle entgegenbrachte als jeder anderen, die es bislang in seinem Leben gegeben hatte. In dem Moment, da er sie zum ersten Mal gesehen hatte, war es um ihn geschehen gewesen. Nur hatte er das damals noch nicht erkannt und seither jeden Tag dagegen angekämpft.
Aber je länger er Sloane Carlisle kannte, desto stärker fühlte er sich an sie gebunden. Er bewunderte ihre innere Kraft, ihre Entschlossenheit und ihre Loyalität denen gegenüber, die sie liebte, und er wollte sie zu einem Teil seines Lebens machen. Gott sei Dank war ihm das gerade noch rechtzeitig klar geworden.
Er trat an ihr Bett und legte die Blumen auf das Nachttischchen.
»Du hättest mir wirklich keine Blumen mitbringen müssen.« Dennoch lächelte sie ihn strahlend an.
Chase zuckte die Achseln. »Ich hatte sowieso nichts Besseres zu tun, während ich auf die Erlaubnis warten musste, dich besuchen zu dürfen.«
Sloane brach in schallendes Gelächter aus. »Du bist ein echter Charmeur, weißt du das?«
»Ich tue, was ich kann.« Er grinste, heilfroh, dass sie ihn neckte, dass sie schon wieder fast die Alte war. Wenn der Verband an ihrer Schulter nicht wäre, hätte er sich beinahe einreden können, dass sie dem Tod nicht knapp von der Schippe gesprungen war.
Er holte tief Luft. »Hast du große Schmerzen?«
»Nein, sie haben mir Morphium gegeben.« Sie deutete auf die Kanüle, die in ihrem Arm steckte.
Chase zuckte zusammen. »Ich wünschte, ich würde an deiner Stelle da liegen.«
»Aber mir geht es wirklich gut«, versicherte sie ihm.
»Mir nicht. Ich hätte dich nicht allein lassen dürfen.«
»Dann wäre es nie zu diesem aufschlussreichen Gespräch mit Samson gekommen. Ich bin zum ersten Mal zu ihm durchgedrungen, Chase.« Sie legte ihre Hand auf ihr Herz. »Ich beginne allmählich, ihn zu verstehen, und er hätte sich mir nie geöffnet, wenn wir Zuhörer gehabt hätten.«
Chase knirschte mit den Zähnen. Ihre Worte ergaben einen Sinn, das musste er zugeben, aber er machte sich trotzdem immer noch Vorwürfe, weil er sie nicht begleitet hatte. »Ich habe geschworen, dafür zu sorgen, dass dir nichts geschieht.«
»Wem hast du das geschworen? Madeline?«, erkundigte sie sich.
Es war typisch für Sloane, sofort zum Kern der Sache zu kommen, stellte Chase fest. »Nein, Süße, nicht Madeline. Mir selbst.« Er streckte eine Hand aus, strich ihr eine Locke aus der Stirn und streichelte dann behutsam ihre Wange. »Und ich habe dich im Stich gelassen.«
»Und das kann Chase Chandler, der Ritter der Bedrängten, sich nicht verzeihen.« Ihre Stimme klang eine Spur schärfer, als sie seine größte Schwäche aufdeckte.
»Ist das denn so schlimm?«, fragte er leise.
Sloane schüttelte langsam den Kopf. »Natürlich nicht. Wie könnte ich dich für eine Eigenschaft tadeln, die dich zu einem so außergewöhnlichen Mann macht?«
»Du brauchst mich nicht gleich heilig zu sprechen«, erwiderte er trocken. »Schon gar nicht jetzt, da ich mich mit jeder Faser meines Körpers nach dir sehne.«
Er wollte sie mit seinen Worten nicht aus der Fassung bringen, er sprach lediglich eine schlichte Wahrheit aus.
Sloane lachte leise. »Nein, als Heiligen habe ich dich auch nie betrachtet.« Sie legte ihre warme Hand über die seine.
»Und ich will dich auch. Sehr sogar. Vermutlich zu sehr, daran wird sich auch nie etwas ändern. Genau das ist ja das Problem.«
Eine Welle der Erleichterung schlug über Chase zusammen. Er hatte sie also doch noch nicht endgültig verloren, obwohl er dumm genug gewesen war, nichts unversucht zu lassen, um sie vor den Kopf zu stoßen. »Ich sehe da überhaupt kein Problem.«
Sie drückte seine Hand fester. »Ich habe mich auf eine Affäre mit dir eingelassen, habe nur für den Moment gelebt, habe beschlossen, das zu nehmen, was du mir geben kannst, und mich später mit der Enttäuschung auseinander zu setzen. Aber jetzt bin ich angeschossen worden.« Sie schüttelte den Kopf, dann löste sie ihre Hand aus der seinen, um sich das Haar aus dem Gesicht zu streichen.
Ihre Stimme ließ ihre übliche Wärme vermissen. Chase hoffte nur, dass kein dickes Ende nachkommen würde.
»Ich habe begriffen, dass das Leben zu kurz ist, um sich mit Krümeln zufrieden zu geben, wenn man den ganzen Kuchen möchte«, fuhr sie schließlich fort, ohne seinem Blick auszuweichen.
»Ich wiederhole es noch einmal – ich sehe da kein Problem. Ich bin nämlich inzwischen zu derselben Erkenntnis gekommen.« Er spürte,
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