Für eine Nacht
umringte. »Ein Freund der Familie ist gerade gekommen«, erklärte sie. »Ich muss mich ein bisschen um ihn kümmern.«
Roman zog sie lachend zur Seite. »Du meinst, du hast für heute genug Hände geschüttelt und Belanglosigkeiten ausgetauscht? Du solltest dich lieber daran gewöhnen.«
»Wem sagst du das?« Madelines Stimme klang warm und herzlich. »Wer ist denn dieser Prachtbursche da neben dir?« Sie wandte sich an Chase und sagte, ohne darauf zu warten, von Roman formell vorgestellt zu werden: »Ich bin Madeline Carlisle.«
»Chase Chandler.« Chase trat vor und reichte ihr die Hand. »Gratuliere.«
»Danke.« Madeline musterte ihn wohlwollend von Kopf bis Fuß. »Ihre Mutter ist eine glückliche Frau. Sieht der dritte Bruder genauso gut aus?«
»Unserer Meinung nach nicht«, erwiderte Roman trocken.
Chase musste über die schlagfertige Antwort seines Bruders lachen. »Sie können sich doch selbst glücklich schätzen.
Ich habe Ihre Töchter gesehen. Zwei bildhübsche Mädchen.« Er bezog sich auf die Zwillinge.
Madeline strahlte. »Er ist genauso ein Charmeur wie du, Roman.«
»Hast du etwas anderes erwartet?« Roman schmunzelte, dann blickte er sich im Raum um. Ganz offensichtlich hielt er nach jemand Bestimmtem Ausschau. »Wo steckt denn nur Sloane?«
Das Lächeln auf Madelines Gesicht verblasste. »Sie ... sie fühlt sich heute nicht wohl.«
»Na, dann hoffe ich, dass es ihr bald wieder besser geht.« Roman ergriff ihre Hand. »Madeline, ich habe dir ja schon erzählt, dass Chase die Yorkshire Falls Gazette herausgibt«, lenkte er das Gespräch auf sein eigentliches Anliegen. »Das ist Jacquelines Heimatstadt, und daher dachte ich, du könntest vielleicht ein bisschen Zeit für ihn erübrigen. Um der alten Zeiten willen. Charlotte und ich hofften, du würdest Chase ein Exklusivinterview geben.«
»Inhaltlich richte ich mich da natürlich ganz nach Ihnen«, versicherte Chase. »Aber mir schwebt nicht unbedingt eines dieser x-beliebigen Interviews vor. Sie stehen jetzt im Mittelpunkt des öffentlichen Interesses. Ihre Familie gilt als so untadelig, dass die Welt gerne Einblick in Ihr Leben nehmen möchte. Und Sie hätten Gelegenheit, die private Seite Ihres Mannes aus Ihrer Sicht zu beschreiben.«
Madelines Augen wurden schmal. Sie hielt den Blick unverwandt auf Chase gerichtet. Falls sie damit rechnete, dass er irgendeine Miene verzog, konnte sie warten, bis sie schwarz wurde, aber er verstand, dass sie sich eine Meinung über ihn bilden wollte. Madeline Carlisle war dafür bekannt, ihre Familie zu verteidigen wie eine Löwin ihre Jungen, wenn jemand sie angriff, und war stets darauf bedacht, ihre Privatsphäre
zu wahren, obwohl sie auf einem Präsentierteller lebte. Sie würde mit Sicherheit nicht jedem dahergelaufenen Reporter ein Interview geben.
»Sind Sie genauso vertrauenswürdig wie Ihr Bruder und Ihre Schwägerin?«, erkundigte sich Madeline schließlich.
»Eher noch mehr.« Roman grinste. »Chase hat mich nicht nur zu dem perfekten Gentleman erzogen, den du heute vor dir siehst, sondern auch stets selbst nach den von ihm aufgestellten Regeln gelebt.« Er schlug Chase auf den Rücken. »Ehrbarkeit ist sein zweiter Vorname.«
Obwohl Roman seinen Bruder nur auf den Arm nehmen wollte, enthielten seine Worte ein gutes Quäntchen Wahrheit. Chase galt als der rechtschaffene, aufrechte Chandler, der pflichtbewusste älteste Bruder. Der ehrbare eben. Wenn man die vergangene Nacht nicht mitzählte, dachte Chase sarkastisch. Die hübsche Faith in sein Hotelzimmer mitzunehmen und die Nacht mit ihr zu verbringen ließ sich so gar nicht mit seinen üblichen strengen Moralvorstellungen vereinbaren.
Aber sie war anders als andere Frauen gewesen, zwischen ihnen hatte von Anfang an eine merkwürdige Übereinstimmung geherrscht. Sogar jetzt noch sah er ihre herrlichen grünen Augen vor sich und hörte die Laute, die sie von sich gegeben hatte, als er tief in sie eingedrungen war. Er konnte sie einfach nicht aus seinen Gedanken verbannen. Für ein nächtliches Abenteuer hatte sie einen verdammt tiefen Eindruck bei ihm hinterlassen.
Madeline nahm Chase am Ellbogen. »Ich möchte mit Ihnen und Roman allein sprechen, ohne von Hunderten neugieriger Blicke beobachtet zu werden.« Sie nickte in Richtung der Menschenmenge und der Reporter, die darauf warteten, dass sie das Gespräch beendete und sich wieder den Fragen der Presse stellte.
Ein paar Minuten später befanden sie sich in der Suite der
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