Für eine Nacht
Kalorien. He, Norman«, rief sie dem ergrauenden Mann zu, der in der Küche hinter einer Durchreiche stand. »Gib der Lady mal ’ne Cola.«
Kommen Sie ins Norman’s , hier werden Ihre Wünsche prompt erfüllt, dachte Sloane sarkastisch.
Erst als sie mit einer Cola vor sich und Izzy neben sich an der Theke saß, kam die ältere Frau auf den Grund von Sloanes Besuch zurück. »Was wollen Sie denn von Samson?«
Es war Sloane nicht entgangen, dass Izzy ihr immer noch nicht verraten hatte, wo Samson lebte. »Wir haben eine persönliche
Angelegenheit zu regeln.« Sie rührte mit dem Strohhalm in ihrem Glas herum und musterte Izzy dabei aus den Augenwinkeln, weil sie nicht wagte, ihr ins Gesicht zu sehen.
Die andere Frau stützte das Kinn in ihre Hand. »Soweit ich mich erinnern kann, hat noch nie jemand persönliche Angelegenheiten mit Samson zu besprechen gehabt. Was meinst du dazu, Norman?«
»Ich meine, du solltest deine Nase nicht immer in anderer Leute Angelegenheiten stecken.« Norman kam aus der Küche und trat an die Theke. »Zu schade, dass Sie vorhin noch nicht da waren. Da kam er rein und hat ein Hähnchensandwich geschnorrt.«
Bislang hatte Sloane einen eher ungünstigen Eindruck von Samson und dem Leben gewonnen, das er führte. »Wohnt er hier in der Nähe?«
»Hier ist alles in der Nähe«, erklärte Izzy. »Samson haust am Stadtrand. Fahren Sie bis zum Ende der Hauptstraße, biegen Sie dann auf die Old Route Ten ab und fahren Sie immer geradeaus, bis Sie einen verwahrlosten Schuppen etwas abseits der Straße sehen.«
»Den können Sie gar nicht verfehlen«, fügte Norman hinzu. »Und wenn Sie ihn dort nicht antreffen, versuchen Sie’s im Crazy Eights in Harrington.«
»Crazy Eights?« , wiederholte Sloane, um ganz sicher zu gehen, dass sie richtig gehört hatte.
»Das ist eine Billardkneipe, in der Samson rumhängt, wenn er Geld in der Tasche hat.«
Izzy runzelte missbilligend die Stirn. »Kannst du nicht ein Mal überlegen, ehe du den Mund aufmachst?«, schimpfte sie, dann wandte sie sich an Sloane. »Gehen Sie da ja nicht alleine hin. Das ist kein Ort für eine Lady.«
Sloane nickte. Erneut stieg Furcht vor der Begegnung mit
diesem Mann in ihr auf, der ihr einziger noch lebender Verwandter war. Obwohl sie ausgiebig über all die dramatischen Veränderungen in ihrem Leben nachgedacht hatte, hatte sie sich noch nicht mit der Tatsache auseinander gesetzt, dass dieser Mann ihr Vater war. Sie fühlte sich auch jetzt noch nicht dazu bereit.
Und sie brauchte auch keine weitere Dosis Koffein, sie war schon nervös genug. Sie trank noch einen kleinen Schluck, um Izzy nicht zu kränken, dann griff sie nach ihrem Portemonnaie.
Izzy gab ihr einen Klaps auf die Hand. »Habe ich nicht gesagt, das geht aufs Haus?«
Ihre offene, unverblümte Art entlockte Sloane ein Lächeln. »Danke.«
»Betrachten Sie es als kleinen Willkommensgruß der Stadt. Ich bin sicher, dass wir uns bald wiedersehen.«
Sloane bezweifelte das, denn sie beabsichtigte, unverzüglich nach Washington zurückzukehren, sobald sie mit Samson gesprochen hatte. Während der langen Fahrt hierher und der Übernachtung in einem kleinen Motel eine Stunde von Yorkshire Falls entfernt hatte sie viel Zeit zum Nachdenken gehabt. Sie wusste nicht, was für eine Gefahr von Samson ausgehen konnte – außer der seiner bloßen Existenz. Aber da er nach achtundzwanzig Jahren plötzlich von sich hatte hören lassen, verfolgte er wohl eine bestimmte Absicht damit. Sloane musste herausfinden, was er wollte. Sie konnte nur hoffen, dass er lediglich den Wunsch hegte, seine Tochter zu sehen und nicht an die Öffentlichkeit gehen und Michael Carlisles Wahlkampf ruinieren würde, wenn sie ihm diesen Wunsch erfüllte.
Ehe sie etwas erwidern konnte, plapperte Izzy schon weiter. »Warten Sie nur ab, bis unsere Junggesellen Sie zu Gesicht
bekommen.« Sie pfiff so laut durch die Zähne, dass sich ein paar andere Gäste zu ihr umdrehten. »Hab ich nicht Recht, Norman? Eine neue Frau in der Stadt und dann auch noch so eine hübsche – sie wird allen den Kopf verdrehen!«
Zum Glück war Norman schon wieder in der Küche verschwunden und ersparte Sloane dadurch weitere Peinlichkeiten.
Trotzdem spürte sie, wie ihr das Blut in die Wangen stieg. »Danke.« Sie brachte es nicht übers Herz, der Frau zu sagen, dass sie das Norman’s vermutlich nie wieder betreten würde. »Es war nett, Sie kennen gelernt zu haben«, verabschiedete sie sich stattdessen von
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