Für eine Nacht
Begierde, die nach Erfüllung schrie, sondern der überwältigende Wunsch, sich in einem anderen Menschen zu verlieren.
»Ich glaube, ich brauche jetzt ein bisschen Ruhe.« Sie wollte
sich an ihm vorbeischieben, doch er hielt sie zurück, indem er ihr eine Hand auf den Arm legte. Sloane drehte sich zu ihm um und hob fragend die Brauen. »Ist irgendetwas nicht in Ordnung?«
Das war die Untertreibung des Tages, dachte er. Nichts war in Ordnung, angefangen von dem Gefühlschaos, in dem er sich momentan befand, bis hin zu dem Drang, sie in die Arme zu nehmen, zum Bett hinüberzutragen und sie hier und jetzt zu lieben. Aber so ließen sich ihre Probleme nicht lösen – seine nicht und Sloanes Probleme schon gar nicht.
Und die Qual in ihren Augen verriet ihm, dass ihr eine ganze Reihe ungelöster Probleme auf der Seele lag. »Du erzählst mir, du hättest zum ersten Mal in deinem Leben deinen leiblichen Vater getroffen, und im nächsten Moment behauptest du, dich ausruhen zu müssen. Meinst du nicht, du hättest dazwischen etwas Wichtiges ausgelassen?«
»Nichts, womit ich nicht alleine fertig werde.« Sie wich seinem Blick aus und machte ihm unmissverständlich klar, dass sie ihn bewusst aus diesem Teil ihres Lebens ausschloss.
»Du solltest dich aber nicht allein damit herumschlagen«, sagte er sanft, doch seine Worte klangen sogar in seinen eigenen Ohren hohl.
Sloane legte den Kopf schief und schob das Kinn vor, eine trotzige Geste, die nichts Gutes verhieß. »Ach wirklich? Ich wüsste nicht, wann ich angefangen hätte, irgendjemandem meine Probleme aufzubürden.«
Chase zuckte zusammen. »Du solltest doch wissen, dass ich immer für dich da bin.«
»Das ist mir schon klar.« Ihre Augen glitten forschend über ihn hinweg. »Weil du Chase Chandler bist, jedermanns strahlender Ritter.«
Sie biss sich auf die Lippe, während sie gegen den Drang
ankämpfte, einfach seinem Vorschlag zu folgen und sich in seine Arme zu schmiegen. Wenn er sie festhielt, fühlte sie sich immer so sicher und geborgen, und all ihre Sorgen rückten in weite Ferne.
»Dann lass mich doch einfach tun, was ich am besten kann«, lockte er.
Als er seinen Worten das anziehende Grinsen folgen ließ, das sie so liebte, wäre sie beinahe schwach geworden. Aber Chase bot sich immer nur aus einem Grund als Retter in der Not an – weil er sich dazu verpflichtet fühlte. »Ich wünschte, für mich wäre das alles so einfach wie für dich.« Sloane zwang sich, ihm in die Augen zu sehen. »Einen Moment lang bist du für mich da, im nächsten stößt du mich weg ... das ist jetzt nicht böse gemeint, ich verstehe, warum du dich so ...«
»Dann verstehst du eine ganze Menge mehr als ich«, unterbrach er sie, dann fuhr er sich durchs Haar, ehe er sich in die Nasenwurzel kniff, eine Geste, die verriet, dass er mit sich rang, wie sie inzwischen wusste.
Eine Geste, die ihn immer unwiderstehlich wirken ließ. Sloane schluckte. »Hör zu, Chase, es war für uns beide ein langer Tag. Die plötzliche Krankheit deiner Mutter, die Begegnung mit meinem Vater ... mehr Dramatik können wir beide in unserem Leben nun wirklich nicht brauchen.«
»Nein, aber gerade jetzt im Moment brauche ich dich.« Der heisere Klang seiner Stimme ließ keinen Zweifel daran, dass er seine Worte ernst meinte. Jetzt im Moment . Das war es, was Sloane störte.
Doch seine Worte kränkten sie nicht nur, sie eröffneten ihr auch eine gewisse Freiheit. Chases Einstellung ihr gegenüber hatte sich seit dem Tag ihrer ersten Begegnung nicht geändert. Ihre schon. Sie wünschte sich das Happyend, das Raina so sehnlich erhoffte. Ein langes, glückliches Leben mit Chase.
Und da sie wusste, dass dieser Wunsch niemals in Erfüllung gehen würde, beschloss sie, ihnen beiden wenigstens diese eine letzte gemeinsame Nacht zu gönnen.
Nach ihrem Treffen mit Samson fühlte sie sich so verwundbar wie nie zuvor in ihrem Leben. Sloane schluckte ihren Stolz hinunter, streckte ihm eine Hand hin und gestand leise: »Ich brauche dich auch, Chase.«
Vierzehntes Kapitel
Dem Himmel sei Dank. Vielleicht war er ein unverbesserlicher Egoist, aber Chase sah keinen Grund, Sloanes Angebot abzulehnen. Und als er ihre weiche Hand ergriff und ihr in die Augen blickte, las er einen Ausdruck von Endgültigkeit darin. Eine Endgültigkeit, über die er jetzt lieber nicht näher nachdenken wollte.
Nicht, wenn er sein Verlangen nach Sloane stillen und ihr zugleich den Trost spenden konnte, den sie so dringend
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