Für eine Nacht
im Gästehaus? Da muss Charlotte keine Treppen steigen.«
Er lauschte einen Moment, dann runzelte er die Stirn.
»Stimmt etwas nicht?«, erkundigte sich Sloane besorgt.
»Wie es aussieht, hat Charlotte falsche Wehen. Der Arzt hat ihr absolute Ruhe verordnet, und Treppen sind für sie tabu«, erwiderte Chase. »Was hast du gesagt, Roman?« Er richtete seine Aufmerksamkeit wieder auf seinen Bruder.
Sloane wartete geduldig ab.
Chase fuhr sich stöhnend durchs Haar. »Pearl und Eldin haben was?« Seine Stimme hob sich ungläubig. »Was für einen Gast sollten die beiden alten Leutchen schon haben? Außer Kendall hat die seit Jahren niemand mehr besucht. Und wenn sie Besuch hätten, wüssten wir das. Pearl kann doch nichts für sich behalten.«
Sloane kicherte. »Erinnerst du dich daran, dass die beiden tütenweise Lebensmittel aus Norman’s Restaurant geschleppt haben?«, erinnerte sie Chase. »Allein könnten sie das alles doch gar nicht vertilgen. Nein, da muss tatsächlich jemand bei ihnen wohnen.«
Und plötzlich wusste sie, wer dieser Jemand war. Ihr Vater. Samson war bei Pearl und Eldin untergekrochen. Deswegen hatte er auch zu ihr gesagt, er wäre es leid, ständig vor den Cops auf der Hut sein zu müssen. Er musste Rick aus dem Weg gehen, obwohl er sozusagen direkt unter dessen Nase wohnte. Wäre die ganze Situation nicht so bedrückend, hätte sie über diese Ironie geschmunzelt.
»Ich weiß, dass sie hier auch Treppen steigen muss«, hörte
sie Chase sagen. »Kommt vorbei, dann reden wir über alles. Wir werden schon eine Lösung finden.«
Perfektes Timing, dachte Sloane. Wenn sie weg war, würde die Gesellschaft von Roman und Charlotte Chase vielleicht ein wenig aufmuntern.
Seine Stimme riss sie aus ihren Gedanken. »Pearl und Eldin zahlen keine Miete. Jetzt beherbergen sie auch noch Gäste. Findest du nicht, dass sie Ricks und Kendalls Gutmütigkeit etwas überstrapazieren?« Chase lauschte einen Moment, dann bellte er: »Okay, bis gleich« und knallte das Telefon unsanft auf die Ladestation zurück, wobei er unverständliche Worte vor sich hin brummte.
»Du hast ja heute Morgen eine Stinklaune.« Sloane musterte ihn forschend.
Chase stieß vernehmlich den Atem aus. »Dann komm her und heiter mich auf.« Er breitete die Arme aus, damit sie sich an ihn kuscheln konnte. Doch als sich ihre Blicke kreuzten, las sie in seinen Augen, dass er bereits begann, sich innerlich von ihr zu lösen.
Es wurde Zeit.
Sie schüttelte den Kopf. »Ich kann nicht. Wir beide haben die letzte Nacht dringend gebraucht, aber jetzt sind wir am Ende unseres gemeinsamen Weges angelangt, findest du nicht?«
Er richtete sich auf und verschränkte die Arme vor der Brust, aber sie ließ sich nicht beirren und hielt seinem Blick stand.
»Deine Entscheidung«, erwiderte er schließlich.
Sloane lachte bitter auf. »O nein, da irrst du dich.« Dann sprang sie aus dem Bett, griff nach einem seiner T-Shirts und streifte es über. Sie wollte nicht nackt in das Gästezimmer zurückgehen, um sich anzukleiden, ihre Sachen zu packen und
dann die Wohnung zu verlassen. »Es ist deine Entscheidung«, verbesserte sie ihn resigniert.
Er antwortete nicht, sondern zog nur stumm die Brauen hoch.
»Ich habe meine Entscheidung bereits getroffen, und ich bin mir meiner Gefühle ganz sicher, Chase. Obwohl mein ganzes Leben aus den Fugen geraten ist, weiß ich, dass ich dich liebe.«
Er zuckte zusammen, und zu ihrer Überraschung wurden seine Züge weich. »Ich liebe dich auch, Sloane.«
Die Worte wärmten ihr Herz, obwohl sie wusste, dass sie nichts an der Situation ändern würden. Trotzdem keimte erneut Hoffnung in ihr auf.
»Für einen Mann weniger Worte wählst du sie gut.«
Sie trat zögernd einen Schritt auf ihn zu, doch er hob abwehrend eine Hand. »Ich liebe dich, aber ich kann mir heute genauso wenig eine feste Beziehung vorstellen wie damals, als wir uns kennen gelernt haben.« Sein Gesicht verzog sich schmerzlich, aber sie hörte den stählernen Ton aus seiner Stimme heraus.
Sloane rang sich ein Lächeln ab. »Du hast schon einmal die Verantwortung für eine Familie übernommen.«
Er nickte. »Das hab ich alles schon hinter mir«, sagte er leichthin. »Und ich habe bis jetzt nie die Zeit gefunden, meine beruflichen Träume zu verwirklichen.«
»Es genügt dir nicht mehr, ein Provinzblatt wie die Gazette zu leiten«, nickte sie. »Du meinst, Besseres verdient zu haben, und jetzt siehst du die Story deines Lebens zum Greifen
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