Für einen Kuss von Frisco
einschlafen konnte, wollte sie ein wenig lesen. Das war allemal besser, als im Dunkeln zu liegen und sich Dinge auszumalen, die nie geschehen würden.
Frisco breitete eine leichte Decke über das schlafende Kind. Das flackernde bläuliche Licht und das undeutliche Gemurmel aus dem Fernseher hatten tatsächlich geholfen. Tasha war eingeschlafen, nachdem Frisco das Gerät angeschaltet hatte, und er würde sich hüten, ihn wieder auszuschalten.
Auf Zehenspitzen ging er in die Küche, goss sich großzügig Whiskey in ein Glas und nahm einen Schluck. Er genoss das scharfe Brennen in seiner Kehle und die nachfolgende Betäubung. Junge, das hatte er jetzt wirklich gebraucht! Sein Gespräch mit Natasha über Sharons Entziehungskur war alles andere als angenehm für ihn gewesen, aber notwendig. Mia hatte recht gehabt.
Natasha war völlig ahnungslos gewesen, wo ihre Mutter jetzt steckte. Sie wusste von dem Unfall, hatte auch mitbekommen, dass Sharon jemanden angefahren hatte. Sie glaubte, dass ihre Mutter deshalb im Gefängnis saß.
Frisco hatte ihr erklärt, dass der Fahrer des anderen Wagens nicht tot war, sondern schwer verletzt im Krankenhaus lag. Er war freilich nicht näher darauf eingegangen, was geschehen würde, wenn der Mann starb. Das musste die Kleine jetzt nicht unbedingt wissen. Aber er hatte versucht, ihr zu erklären, was eine Entzugsklinik war. Und warum Sharon ihre Tochter nicht besuchen konnte und Natasha sie dort nicht besuchen durfte.
Er hatte ihr versichert, dass Sharon nichts mehr trinken würde, wenn sie aus der Klinik zurückkam. Doch Natasha hatte erkennbar an seinen Worten gezweifelt. Frisco schüttelte den Kopf. Sie war gerade mal fünf Jahre alt und schon so skeptisch. In was für einer Welt lebten sie eigentlich?
Er nahm sein Glas und die Flasche, schlich sich durchs Wohnzimmer und trat hinaus auf den schwach beleuchteten Laubengang. Seine sterile, dank Klimaanlage stets gleich temperierte Wohnung ging ihm auf die Nerven, zumal zu dieser nächtlichen Stunde. Tief sog er die feuchte, salzige Luft und den warmen Geruch des Meeres ein.
Er ließ sich auf der obersten Treppenstufe nieder und nippte ab und an von seinem Whiskey. Der Alkohol sollte ihm helfen, sich zu entspannen, genügend bettschwer zu werden und diese schrecklich langen, dunklen Stunden vor dem Morgengrauen zu überstehen. Schon wieder einmal war es fast drei Uhr morgens, und er saß draußen und war hellwach. Dabei war er so sicher gewesen, wenigstens diese Nacht tief und fest schlafen zu können, durch und durch erschöpft, wie er war. Dass Natasha schreiend aus einem Albtraum hochfuhr, damit hatte er nicht gerechnet. Er leerte sein Glas und goss sich einen zweiten Drink ein.
Die Tür von Mias Wohnung öffnete sich beinahe lautlos, aber er hatte ein feines Gehör. Dennoch rührte er sich nicht, als sie heraustrat, und schwieg, bis sie am Geländer stehen blieb und auf ihn herabsah.
„Wann ist dein Hund gestorben?“, fragte er leise, um die Nachbarn nicht zu stören.
Sie brauchte ein paar Sekunden, um sich von ihrer Überraschung zu erholen. Dann lachte sie leise auf und setzte sich neben ihn. „Vor ungefähr acht Monaten. Wie kommst du darauf, dass ich einen Hund hatte?“
„Ein Schuss ins Blaue“, murmelte er.
„Glaub ich nicht. Sag’s mir.“
„Dieses Schäufelchen zum Entfernen von Hundekot, das du mir gestern geliehen hast, war ein ziemlich deutlicher Hinweis. Und in deinem Auto … wie soll ich sagen … riecht es auch ein bisschen nach Hund.“
„Sie hieß Zu und war umgerechnet etwa tausend Jahre alt. Ich war acht, als ich sie bekam.“
„Sie hieß wie ?“, fragte Frisco.
„Zu. Abgekürzt für Zuzu. Wie das kleine Mädchen im Film …“
,„Ist das Leben nicht schön?“ ‘ , ergänzte er.
Mia starrte ihn an, schon wieder verblüfft. „Du hast den Film gesehen?“
Er zuckte mit den Schultern. „Wer nicht?“
„Aber wer erinnert sich schon noch an den Namen von George Baileys jüngster Tochter?“
„Es ist zufällig einer meiner Lieblingsfilme.“ Frisco warf ihr einen Seitenblick zu. „Seltsam, nicht wahr? Wo es darin doch kaum Kriegsszenen gibt.“
„Ich habe nichts dergleichen gesagt.“
„Aber gedacht.“ Frisco nahm einen Schluck aus seinem Glas. Whiskey – Mia konnte das riechen. „Tut mir leid, das mit deinem Hund.“
„Danke.“ Mia schlang die Arme um die Knie. „Ich vermisse sie sehr.“
„Noch zu früh, um sich einen anderen Hund anzuschaffen?“
Sie nickte.
„Was
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