Für einen Kuss von Frisco
angelte, sie unter die Achseln klemmte, die Plastiktüte mit den Medikamenten nahm und über den Hof hinkte.
Langsam folgte sie ihm.
Springen, rennen, Fallschirm springen, schwimmen, strecken, beugen, dehnen …
All das würde er nie wieder tun können. Dr. Horowitz wusste das, Mia wusste das. Und tief in seinem Innern vermutlich auch Frisco.
Sie folgte ihm in den Hof und konnte es kaum ertragen, mit ansehen zu müssen, wie er sich mühsam die Treppen hinaufquälte.
Er irrte sich. Er irrte sich in allem. Ein Umzug ins Erdgeschoss machte aus ihm nicht weniger einen Mann. Zuzugeben, dass er gehbehindert war, dass es Dinge gab, die er einfach nicht mehr tun konnte – all das würde auch nicht weniger einen Mann aus ihm machen.
Aber wenn er ständig Unmögliches anstrebte, sich Ziele steckte, die er nicht erreichen konnte, und damit sein Scheitern vorprogrammierte – dann würde er daran zugrunde gehen. Das letzte bisschen Wärme und Leben in ihm würde erlöschen, und er würde als ein verbitterter, zorniger, kalter Sonderling enden. Und dann wäre er wirklich nur noch ein halber Mensch.
10. KAPITEL
F risco saß im Wohnzimmer und reinigte seine Pistole.
Als Sharons liebenswerter Exfreund am Nachmittag sein Messer gezückt hatte, hatte Frisco zum ersten Mal seine Waffe vermisst.
Natürlich konnte er sie nicht offen tragen. Zwar hatte er einen Waffenschein, der ihn berechtigte, jederzeit jede Waffe mit sich zu führen, die er wollte, aber ein Pistolengurt um die Hüfte, wie ihn ein Polizist oder ein Westernheld trug, kam definitiv nicht infrage. Und wenn er sich für ein Schukerholster entschied, würde er zumindest in der Öffentlichkeit ein Sakko darüber tragen müssen. Das wiederum würde es erforderlich machen, auch eine lange Hose anzuziehen. Ein Sakko zu Shorts? Nein, das kam selbst für ihn nicht infrage.
Natürlich konnte er es auch einfach so machen wie Blue McCoy, der stellvertretende Commander der Alpha Squad. Blue zog selten etwas anderes an als verschlissene Jeans und ein olivenfarbenes Tarnhemd ohne Ärmel. Und sein Schukerholster direkt unter dem Hemd auf der bloßen Haut.
In Friscos Knie stach es heftig, und er warf einen sehnsüchtigen Blick auf die Uhr. Fast null dreihundert. Fast drei Uhr morgens.
Steve Horowitz hatte ihm mehrere Ampullen eines hochwirksamen lokalen Schmerzmittels mitgegeben, doch es war noch zu früh die nächste Spritze. Die erste hatte er sich gesetzt, gleich nachdem Mia ihn nach Hause gebracht hatte.
Mia …
Er schüttelte entschlossen den Kopf. Jetzt bloß nicht an Mia denken. Mia, die nur durch ein paar dünne Wände von ihm getrennt in ihrem Bett lag, die Haare auf dem Kissen ausgebreitet, nichts an außer einem hauchdünnen Baumwollnachthemd. Die wunderschönen vollen Lippen im Schlaf halb geöffnet …
Oh ja, er war ein begnadeter Masochist. Jetzt saß er schon seit Stunden hellwach in seiner Wohnung. Und tat nichts anderes, als daran zu denken – nein, noch einmal zu durchleben – ‚ wie sie ihn am Strand geküsst hatte, wieder und wieder und wieder. Himmel, was war das für ein atemberaubender Kuss gewesen!
Seine Chancen, sie jemals wieder so zu küssen, standen äußerst schlecht. Sie hatte ihm deutlich zu verstehen gegeben, dass sie keinen Wert auf eine Wiederholung legte. Und wenn er wusste, was gut für ihn war, würde er künftig einen großen Bogen um sie machen. Schwer würde das kaum werden, denn auch sie würde sich Mühe geben, ihm nicht über den Weg zu laufen.
Ein dumpfes Krachen aus Natashas Zimmer ließ ihn aufhorchen. Was zum Teufel war das?
Frisco packte seine Krücken und die Pistole und humpelte eilig den Flur hinunter.
Er hatte der Kleinen einen billigen tragbaren Fernseher gekauft, dessen bläulich flackernder Schein das kleine Zimmer schwach erhellte. Das war wahrscheinlich das teuerste Nachtlicht der Welt, aber so schlief sie wenigstens, und er wurde nicht vom Fernseher gestört.
Natasha saß neben ihrem Bett auf dem Boden und rieb sich die Augen und den Kopf. Dabei wimmerte sie kaum hörbar vor sich hin.
„Arme Tash, bist du aus dem Bett gefallen?“, fragte Frisco und zwängte sich durch die Tür. Er sicherte seine Pistole und steckte sie in die Tasche seiner Shorts. „Komm, ab ins Bett mir dir. Ich decke dich zu.“
Doch als Tasha aufstehen wollte, taumelte sie, fast als hätte sie zu viel getrunken, und plumpste wieder auf den Po. Frisco musste mit ansehen, wie sie in sich zusammensackte und ihre Stirn auf den Boden
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