Für Emma & ewig
bist du zu mir gekommen, Emma. Wieso kannst du jetzt nicht mit mir sprechen?”
“Die Menschen verändern sich mit der Zeit, Casey.”
“Meinst du dich oder mich?”
“In acht Jahren? Ich würde sagen, wir beide.” Jetzt sah sie ihn an und seufzte. “Ich kenne dich nicht mehr.”
Oh doch, sie kannte ihn so viel besser als irgendjemand sonst. Doch sie wusste es nicht. “Also ist es ein großes Geheimnis, wohin du verschwunden bist.” Er rieb sich die Oberlippe und musterte Emma. “Dann ist es wohl was ziemlich Spannendes. Warte mal. Ich glaube, ich weiß es. Du bist Spionin geworden.”
Sie verdrehte die Augen und sah dabei aus wie das kleine Mädchen von früher.
“Nein. Okay. Was könnte es noch sein? Hast du dich vielleicht einem Zirkus angeschlossen? Oder bist du im Gefängnis gelandet?”
“Nein, nein und nein.”
“Was dann?” Unfähig, sich selbst eine Antwort zu geben, streckte er die Hand nach ihr aus und drückte ihre Schulter. Ihre Nähe machte es ihm unmöglich, sie
nicht
anzufassen. Das alte, ausgeleierte Sweatshirt, das sie trug, verbarg ihre Brüste gut. Doch Casey wusste, wie weich und schwer sie waren. Wie sie sich in seiner Hand angefühlt hatten.
Oh ja, daran erinnerte er sich nur zu gut.
Emma hob den Kopf und sah ihn an. “Es gibt keinen Grund, die alten Geschichten wieder aufzuwärmen.”
“Das finde ich nicht.” Er dachte an die vielen Nächte, in denen er wach gelegen und sich Sorgen um sie gemacht hatte, an all die Szenarien, die er sich ausgemalt hatte, was einem Mädchen alles zustoßen könnte. Er war krank vor Angst gewesen – und blind vor Wut. “Ich habe dir damals meine Hilfe angeboten, Emma. Und anstatt sie anzunehmen, hast du mir einen verdammten Zettel mit nichtssagenden Phrasen hingelegt. Du bist vor mir davongelaufen. Du hast mir Geld gestohlen.”
Und mir das Herz herausgerissen.
Sie biss sich auf die Lippe. Schuldbewusst sah sie ihn an. “Das tut mir leid.”
Verdammt, er wollte keine Entschuldigungen mehr hören. Er überlegte kurz, seine Worte zurückzunehmen, doch dann holte er Luft und sprach weiter, in der Hoffnung, sie dadurch überzeugen zu können. “Ich habe mir Sorgen um dich gemacht, Emma, vor allem als wir herausfanden, dass du gar keine Verwandten in Ohio hast. Ich machte mir Gedanken und dachte dauernd an dich und wünschte nur, ich hätte etwas anders gemacht. Ich habe in jener Nacht versagt. Das weiß ich.”
Sie sah ihn mit ihren dunklen Augen ungläubig an. “Das ist doch Unsinn.”
“Das finde ich nicht. Du kamst zu mir, und ich habe dich im Stich gelassen.”
“Nein.” Sie streckte die Hand aus und streichelte mit kalten Fingern sein Kinn.
Kaum spürte er ihre Berührung, war er wie elektrisiert.
“Das darfst du nicht denken, Casey. Du hast mehr als genug für mich getan. Du hast mir mehr geholfen, als jeder andere mir jemals hätte helfen können.”
“Sicher.”
“Casey …” Sie zögerte, dann flüsterte sie: “Du warst das Beste, was mir je in meinem Leben passiert ist. Du hast mich immer glücklich gemacht, auch als ich weg war.”
Atemlos nahm Casey ihre Hand in seine und drückte sie an sein Kinn. Es war eine kleine Berührung, doch sie bedeutete ihm so viel. “Und trotzdem habe ich es nicht verdient, die Wahrheit zu erfahren? Muss ich für immer darüber rätseln, was dir widerfahren ist?”
Sie entzog ihm ihre Hand und legte sie auf den Schaltknüppel. Sie sahen einander an, keiner von beiden in der Lage wegzuschauen. Der Hund hatte den Kopf zwischen sie auf die Lehne gelegt und winselte.
Wahrscheinlich spürt B. B. Emmas Unbehagen, dachte Casey, denn auch er konnte es spüren. Schon bereute er es, sie bedrängt zu haben. Doch er musste einfach wissen, wohin sie gegangen und wie sie über die Runden gekommen war. Er
musste
es wissen.
“Na gut.” Er konnte ihre geflüsterten Worte kaum verstehen. Sie räusperte sich und sprach mit neuer Kraft. “Aber es ist eine ziemlich langweilige Geschichte.”
“Lass mich das beurteilen.”
Seufzend ließ sie sich zurück in ihren Sitz fallen und legte die Hände in den Schoß. Das Haar fiel ihr ins Gesicht und verbarg es vor Caseys Blicken. Er hätte es am liebsten nach hinten geschoben, doch er wollte nicht riskieren, sie in ihrer Beichte zu unterbrechen.
“Die ersten zwei Wochen lebte ich in einem Park. Dort war ein Wald, in dem man sich verstecken konnte, wenn abends die Tore geschlossen wurden. Es gab Toiletten im Park, dort konnte ich mich frisch
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