Für hier oder zum Mitnehmen?
wieder hinausgegangen, ohne etwas zu bestellen.«
»Hier ist mittlerweile ja auch was los, da können schon mal Wartezeiten entstehen, das müssen die Gäste doch kapieren. Die wollen ja hier nicht wie bei McDonald’s abgefertigt werden, und selbst da muss man warten. Ich habe ja auch hin und wieder andere Dinge zu tun, wie Gläser polieren zum Beispiel. Und den Gästen durch Gespräche ein gutes Gefühl zu vermitteln ist doch wohl auch wichtig? Vielleicht sollten wir morgens eine zweite Kellnerin im Tresen haben, wie abends.«
»Dass die Gäste sofort bedient werden und vor allem nicht wieder hinausgehen, ohne etwas zu kaufen, muss das oberste Gebot sein. Dafür müssen alle anderen Tätigkeiten unterbrochen werden. Wenn das mit der Entwicklung der Gästezahl so weitergeht, dann können wir tatsächlich überlegen, ob die Schichten morgens besser doppelt besetzt sein sollten. Aber im Moment können wir uns das finanziell gar nicht leisten. Also müssen erst mehr Gäste her. Und zwar indem du dich an das gerade geschilderte oberste Gebot hältst.«
»Da gebe ich dir recht, eine zweite Schicht morgens wäre eine echte Verbesserung. Fühlst du dich denn jetzt wohler? Warst du wirklich beim Sport?«
»Ja, ich habe es dort wohl etwas übertrieben. Machst du mir bitte noch einen Saft? Ich nehme ihn mit ins Büro.«
Mit dem zweiten Saft sitze ich, schon etwas gestärkt, an meinem Schreibtisch und erhole mich. Diese Sache hätte ich mit Milena geklärt. Mein Kreislauf stabilisiert sich. Im Lüftungsraum wird es dem Jahreszeitenwechsel entsprechend langsam kühler. Im Sommer war es stickig und warm. Es befindet sich keine Heizung hier. Einen strombetriebenen Ölradiator werde ich kaufen müssen.
Ich rufe Klamotte wegen des fehlenden ›k‹ an der Tafel an. Er will wissen, ob es irgendein ›k‹ aus dem Baumarkt sein darf, oder ob es ein bestimmtes ›k‹ sein muss. Ich bestehe auf einem passenden weißen ›k‹ vom Schildermacher. Klamotte gibt zu bedenken, dass der Schildermacher diesen Auftrag nicht für lukrativ erachten könnte. Ich ermuntere ihn, den Schildermacher trotzdem zu fragen. Auf die Naziputzfrau angesprochen, meint Klamotte nach einigem Zögern, sich erinnern zu können, dass da irjendwann mal irjendwat mal war, kann schon sein. Zum Abschluss will er wissen, ob das Baumarkt-›k‹ nicht doch ausreichend sei, auch im Hinblick auf deutlich geringere Kosten, was ich heftig verneine.
Kurz nachdem ich aufgelegt habe, besucht Magnus mich im Büro.
»Die Milena ist absolut die gute Mitarbeiterin, das kannst du mir glauben.«
»Du setzt dich ja sehr für deine Kollegin ein. Läuft da was zwischen euch?« Ich starte einen Gegenangriff.
»Nein!« Magnus ist erstaunt. »Wie kommst du darauf?«
»Ihr versteht euch doch gut, und ständig diese Berührungen und Vertrautheiten …«
»Du sollst nicht eifersüchtig sein, wir in Schweden haben ein absolut anderes Selbstverständniskeit zwischen die Geschlechter.«
»Ich bin nicht eifersüchtig. Man darf doch wohl noch nachfragen?«
Ich bin eifersüchtig! Nicht auf Magnus’ Verhältnis zu Milena. Auf Magnus’ freies Leben, auf seinen unbekümmerten Umgang mit meinen Mitarbeiterinnen.
»Wir haben da schwedische Lebensart, die will ich auch hier ein bisschen nach Berlin bringen, nicht nur meine Fotografien. Mit Milena übe ich das absolut ein bisschen. Das verstehst du nicht korrekt.«
Ich kann meine Empfindungen nicht sortieren. Was Magnus sagt, tut mir weh.
In Schweden werde im öffentlichen Raum schon seit geraumer Zeit nicht mehr zwischen Frauen- und Männertoiletten unterschieden, fährt er fort, ausschließlich Unisexklos gebe es dort. Damit würde man in Berlin ja gerade erst anfangen. Auch in meinem Café seien die Toiletten ja noch recht altmodisch nach Geschlechtern getrennt.
Schließlich spürt Magnus meine innere Unordnung.
»Aber Frauen findest du doch noch gut, so wie früher, oder?« Er lacht verunsichert.
Ich bemerke, dass mein Gesicht errötet ist. Magnus versichere ich meiner Leidenschaft für das weibliche Geschlecht, das erleichtert ihn. Aber meine Gefühle zu Milena muss ich klären. Begehrt sie mich und kann es mir nicht zeigen? Oder zeigt sie es mir bereits, und ich kann es nicht verstehen? Könnte es sein, dass ich in meiner mannigfaltigen Überforderung gar nicht merke, dass mich eine Frau anzieht, und ich unbewusst, aber für alle sichtbar, danach handele? Aber das könnte auch jede andere Frau aus dem Team sein.
Magnus
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