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Für hier oder zum Mitnehmen?

Für hier oder zum Mitnehmen?

Titel: Für hier oder zum Mitnehmen? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ansgar Oberholz
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für hier.«
    Der Mann hatte das bei seiner Bestellung ganz sicher nicht erwähnt. Zum Glück ist Milena nicht im Tresen, sonst hätte sich der BSR -Gast nun wohl ein kleine Belehrung über korrekte und stringente Bestellaufgabe abholen dürfen. Ich spüre Shantis Enttäuschung, so hatte er sich seine erste Schnitzelauslieferung nicht vorgestellt.
    »Kein Problem«, sage ich. »Wir können das gerne alles auch einpacken.«
    Ich streiche Shanti über den Rücken, um ihn zu trösten.
    Der BSR -Mitarbeiter will das Gericht so, wie es ist, mit in sein Auto nehmen, denn das parkt direkt vor unserer Küche. Dann will er alles wieder zurückbringen. Damit sind Shanti und ich einverstanden. Der kurze Aufenthalt in der Gaststätte hat ihn wohl abgeschreckt. Er greift sich eine Serviette und geht mit dem Gedeck nach draußen.
    Ich höre, dass der Speisenfahrstuhl in Gang gesetzt wird, das bedeutet, Milena kommt zurück. Ich folge Shanti in die Küche, dort gibt es sicherlich etwas zu tun für mich. Durch das Küchenfenster sehen wir den BSR -Mitarbeiter in seinem BSR -Pritschenwagen sitzen, aus dem hinten Besen und andere Geräte herausschauen. Er kaut lustvoll mit offenem Mund, blickt sich zu uns um und hebt anerkennend den Daumen. Shantis Tag ist gerettet, eine Sorge weniger.
    Auf der anderen Straßenseite entdecke ich Corry, mit zwei Kolleginnen, sie zeigt auf die Hochstühle und wartet darauf, dass die Ampel grün wird. Dieser Anblick erzeugt in mir akute Fluchtimpulse. Ich habe nun erst mal genug gebüßt. Die Lüge, die ich Corry aufgetischt habe, kann ich immer noch irgendwann aufklären, das muss nicht heute sein.
    Ich verstecke mich im Lüftungsraum. Den Hauptschalter der Lüftungsanlage stelle ich auf › AUS ‹. Es muss jetzt mal ein paar Minuten ohne Frischluft im Gastraum gehen. Ich benötige eine kleine Verschnaufpause, muss die Dinge sortieren, will mir Gedanken zu der anstehenden Teamsitzung machen.
    Der große Spieler hat mich schon auf die Rampe des Flipperautomaten gelegt, die Feder spannt sich langsam für einen satten Abschuss. Heute will ich aber nicht die polierte Stahlkugel sei. Ich werde alles tun, um das zu verhindern. Ein wenig Ruhe, die Dinge sortieren, Entscheidungen fällen und danach handeln, das will ich.
    Jemand klopft an die Tür. Milena tritt ein.

19.
    MUPPET SHOW
    M ilena drückt die Tür mit ihrem Rücken zu und bleibt angelehnt stehen. Die Hände hinter dem Körper verschränkt, ein benutztes Glaspoliertuch hält sie in der Hand. Glaspolierhandtücher sind nicht Geschirrhandtücher, das habe ich vom Kundenberater der Wäscheverleihfirma gelernt. Sie sind dünner und fusseln weniger. Perfekt funktionieren sie erst, wenn sie nicht mehr ganz neu sind und einige Male gewaschen wurden.
    Das fehlende Dröhnen der Lüftungsanlage macht diesen Ort heimelig. Ich selber bin zu schwach, um irgendeine Form von Initiative zu ergreifen. Auch Milena ist erschöpft. Auch sie hatte wenig Schlaf und viel Alkohol in der letzten Nacht.
    Das Café ist eine große Theaterbühne, und wir zwei sind abgehalfterte Schauspieler, die sich zwischen zwei Szenen auf der Rückbühne hinter dem Vorhang erholen und ihren wahren Zustand zeigen dürfen. Sie blickt nach unten auf ihre Fußspitzen, die Zehen bewegen sich in den Schuhen. In ihrem Gesicht laufen unterschiedliche Regungen ab. Sie sieht aus wie ein Schauspielroboter, der gerade testweise sein gesamtes Minenspiel-Repertoire durchlaufen lässt, um dann das passende Programm für die nächste Szene auszuwählen. Sie strahlt etwas Hilfloses aus, Retterimpulse erzeugt das in mir. Immer wieder diese Retterimpulse. Sie schenken mir ein Gefühl der Ohnmacht, der Fremdsteuerung.
    Ich bin noch betrunkener, als ich mir eingestehe. Ich habe keine Ahnung, was jetzt kommen wird. Aber meine Erschöpfung hat ein Ausmaß erreicht, das mir eine resignierende Gelassenheit schenkt.
    Entweder lädt sie sich für einen großen Angriff auf, oder sie bricht gleich weinend in meinen Armen zusammen. Sie verprügelt mich oder fällt leidenschaftlich über mich her. Sie will Teilhaberin werden oder kündigen. Sie gesteht mir ihre Liebe oder benötigt eine Rolle Ein-Euro-Stücke. Ich jedenfalls werde das Feuer nicht eröffnen.
    »Das mit der Bewerberin tut mir leid«, sagt sie sanft und versöhnlich.
    Das war eine glasklar formulierte Entschuldigung!
    »Du hattest mir doch heute morgen gesagt, dass wir so tun sollen, als ob nichts geschehen sei. Ich wusste dann gar nicht, wie ich mich

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