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Für hier oder zum Mitnehmen?

Für hier oder zum Mitnehmen?

Titel: Für hier oder zum Mitnehmen? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ansgar Oberholz
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seine Brust legen.
    »Also ick kenn dit so mit Teamtreffen. Dit alle an eem Tisch sitzen und der Chef einfach mal n paar Ansagen macht, und denn, wem dit nich passt, der muss eben jehen.«
    Eine Teamsitzung ist eine gute Idee. Ursprünglich wollte ich die einmal im Monat abhalten. Dieser Plan ist aber, so wie einige andere Pläne, nie ausgeführt worden. Ich werde mir meinen Laden zurückholen! Ich werde von nun an alle Pläne zur Ausführung bringen. Ich werde Türen einbauen.
    Ich bedanke mich bei Klamotte für seinen guten Ratschlag. Überreiche ihm eine Wochenkarte. Er findet dit jut, dit Essen und auch die Verteilung der Karte in der Nachbarschaft. Wir verabschieden uns mit einem festen Händedruck.
    Die Büros können warten. Ich habe für heute genug getan. Auf dem Weg zurück zum Café schmeiße ich die Hälfte der Wochenkarten in einen orangefarbenen Mülleimer der BSR , der an einem Verkehrsschild befestigt ist.

18.
    NASSES FELL
    V or dem Café stehen noch immer nur drei Hochstühle, die Anlieferung des vierten scheint sich zu verzögern. Shanti wundert sich, dass ich schon zurück bin.
    »Auf der Torstraße befinden sich unglaublich viele Büros auf unglaublich kleinem Raum«, erkläre ich ihm. »Ein schier unerschöpfliches Gastpotential durfte ich erfahren.«
    Ich habe wohl noch immer ein wenig Restalkohol im Blut.
    Shanti ist voller Freude. Seine Augen strahlen.
    »Wow, du hast ja die Hälfte der Flyer verteilt. Dann sind die Büros ja wirklich alle nah beisammen. Nicht schlecht. Ich würde sagen, jetzt müssen wir nur noch auf die Gäste warten. Das Schnitzel habe ich schon mit bunter Kreide auf den Kundenbrecher geschrieben und ihn draußen hingestellt.«
    Shanti ist von echter Aufbruchsstimmung erfüllt.
    Die bunte Kreide hatte ich genauso wie den Kundenbrecher versteckt und Shanti auch schon mehrmals darauf hingewiesen, dass wir beides nicht mehr benutzen, um nicht mit einem Biosupermarkt verwechselt zu werden. Er umarmt mich und verweist auf den heutigen Ton 8 im 5. Siegel des Uinal »Schlange«, der für Gerechtigkeit und den Rhythmus des Lebens steht.
    Schuldgefühle überkommen mich, aber ich habe ihn nicht angelogen, und die Idee, eine Teamsitzung abzuhalten und Türen in das besetzte Café einzubauen, entspricht auch dem Ton 8. Morgen werde ich einfach sehr viele Büros besuchen und die Fehlmenge von heute wieder wettmachen, meine Schuld tilgen.
    Andererseits hätte ich ihm doch auch die Wahrheit sagen und auf sein Verständnis hoffen können. Aber ich will ihm die Frustration ersparen. In einer kleinen Ecke meines Bewusstseins spüre ich, dass diese Frustrationsschonung Shanti gute Laune schenkt, mir aber Schuldgefühle. Nicht unbedingt ein heilsamer Vorgang im Sinne der Psychohygiene. Aber bei all den Lügen und moralischen Verfehlungen der letzten vierundzwanzig Stunden habe ich diese Schuldgefühle verdient. Wenn das die einzige Strafe neben dem Kater deluxe bleibt, so will ich nicht klagen. Ich nehme die Strafe an.
    Shanti umarmt mich fest. Er hält mich. Körperliche Nähe tut mir gut.
    Milena steckt den Kopf in den Speiselift, die Küche möchte sie nicht betreten.
    »Ich brauche Kleingeld. Zehn- und Zwanzig-Cent-Stücke. Dringend.«
    Sie spricht mit mir über ganz normale geschäftliche Vorgänge! Das beruhigt mich. Erst jetzt wird mir das Ausmaß meiner Anspannung in Bezug auf sie vollends klar. Von ihr aus dürfen wir also eine ganz normale, sachliche Geschäftsbeziehung führen. Es ist wohl auch besser, wenn die Emotionen außen vor bleiben.
    »Sehr gerne, ich gehe schnell in den Keller und hole ein paar Rollen aus dem Tresor. Brauchst du auch kleine Scheine?« Davon habe ich mehr als große.
    Sie hört mich nicht, da sie sofort nach ihrer Fahrstuhldurchsage wieder an die Front verschwunden ist. Das habe ich mit meinen müden Sinnen, die vor allem mit Erleichtertsein zu tun hatten, nicht bemerkt. Ich lasse Shanti los.
    Die Kleingeldrollen schlage ich auf die Tresenkante vor der Kasse, um sie zu öffnen. Das hat etwas Feierliches, wie das Zerschellen der Champagnerflasche bei einer Schiffstaufe. Vor allem, wenn es bedeutet, dass nachgeladen werden muss, da der Umsatz und damit die Herausgabe des Wechselgeldes gestiegen ist.
    Milena blickt mich entnervt an, sie steht neben mir und will eine Bestellung entgegennehmen, kann sie aber aufgrund meines Kleingeldrollenklopfens nicht verstehen. Ich stoppe das Klopfen und strahle sie und den Gast nickend an. Der Gast wiederholt seine

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