Für hier oder zum Mitnehmen?
bereit, Frieden zu schließen. Sie zieht die Daumenschrauben ein wenig nach. »Ich muss jetzt mal hoch zum Abräumen, wir haben ja immer noch keine zweite Frühschicht, und wenn du die besten Bewerberinnen entweder abschreckst oder sie zum zweiten Termin bestellst und dann einfach nicht beachtest, so wie heute, dann werde ich wohl auch noch lange alleine bleiben.«
Die gutaussehende Frau neben dem Porno-Cutter war die Bewerberin. Den Termin hatte ich vergessen.
»Warum hast du mir denn nichts gesagt?«
»Die Flyerverteilung war ja offensichtlich viel wichtiger, als Unterstützung für das Team zu finden. Ich bin mir sicher, dass die Herren den Tresen kurz alleine im Griff haben, zur Not ist hier ja noch beste weibliche Hilfe anwesend.«
Sie blitzt Aurinia an, die selig zurücklächelt. Ich steuere konstruktiv dagegen. »Ich werde bald eine Teamsitzung abhalten. Da können wir in Ruhe alles klären. Auch solche Themen.«
Ich fasse Mut, nutze den rein geschäftlichen Kanal, sage etwas leiser und doch übermäßig laut, in einem merkwürdig schmierigen Tonfall: »Kannst du, wenn du Zeit hast, bitte mal in mein Büro kommen?«
Ich spreche es aus und bemerke, dass ich bei aller Vermeidungsstrategie den gegenteiligen Eindruck erweckt haben muss, es klingt anzüglich. Ich könnte mir die Zunge abhacken.
Milena dreht sich zu mir um, das Tablett wie einen Schild vor der Brust. Sie stellt sich auf die Zehenspitzen, tritt nah an mich heran und zischt: »Also so läuft das hier auf gar keinen Fall. Der Chef pfeift, und die kleine Sekretärin kommt herbei, und zwar nicht nur zum Diktat? Das hast du dir fein ausgedacht. Aber das kannst du dir komplett abschminken!«
Ich schließe die Augen. Kleinkinder halten sich die Hände vor das Gesicht und glauben, sie wären nun für alle anderen unsichtbar. In meiner Dunkelheit sehe ich eine gemütliche Holzhütte am Rande eines Sees. Sie ist umgeben von einem jungen, frischen Birkenwäldchen. Ich gehe auf das Haus zu. Eine Frau und ein Hund – ein Irish Setter wie aus der Pedigree-Werbung – laufen auf mich zu. Sie wissen gar nicht, wohin mit ihrer Freude. Kurz Zeit später sitzen wir vor dem Kamin, ich kraule dem Setter den Kopf, der der Frau liegt in meinem Schoß. Der Hund riecht streng, als wäre er heute schon im See gewesen und nicht ganz trocken geworden. Er hat sich in Dörte verwandelt. Ein Slogan wird eingeblendet: »Jetzt neu! Hundeparfum ›Der General‹ – und das nasse Fell kann kommen.«
Der gesamte Film läuft innerhalb weniger Sekunden ab. Meine Hand umklammert dabei Milenas Toilettentürschlüssel in meiner Hosentasche. Der Gegenstand gibt mir Halt.
Als ich die Augen öffne, befindet sie sich auf dem Weg nach oben und blickt beleidigt durch das offene Treppenhaus auf mich herab. Sie wirft den Kopf stolz nach hinten, schüttelt ihn hin und her, bis die langen Haare richtig liegen.
Ich muss Milena loswerden! Der Gedanke taucht zum ersten Mal auf, er erschreckt mich. Wenn der Toilettentürschlüssel nicht so stabil wäre, müsste ich mir nun über die Rückgabe desselben keine Gedanken mehr machen, da er verbogen oder zerbrochen wäre.
Ich kann ihr doch jetzt in dieser Gemengelage nicht kündigen. Ich darf jetzt nicht kneifen. Ich muss mich der Situation stellen, sonst bleibt eine unheilbare Wunde zurück. Für mich und für den Laden, das Team. Erst verführt der Chef seine treue Mitarbeiterin, und kurz darauf schmeißt er sie einfach raus, nur weil er nicht Manns genug ist, sich sauber von ihr zu trennen.
»Eine Teamsitzung?«, fragt Magnus. »Das ist eine absolut gute Idee. Da können dann alle mal sagen, was gut und was nicht so gut läuft hier.«
Magnus blickt mich an, Augenbrauen und Mund hochgezogen. Wenn er nicht so schwedisch-wohlgenährt wäre, sähe er Stan Laurel ähnlich. Eingerahmt ist er von Aurinia, die ihren Kopf auf seine Schulter lehnt, und dem Porno-Cutter, der sich gerade Süßstoff nachlädt. Beide nicken zustimmend. Ich beschließe die Teamsitzung ohne Aurinia und Howard abzuhalten, unter Ausschluss der Öffentlichkeit.
Shanti kommt aus der Küche, das Schnitzel wie eine Monstranz vor sich hertragend. Es duftet deftig, lecker. Der Geruch macht Appetit.
»Bitte schön! Das erste Schnitzel, das wir verkaufen. Voilà!«
Er stellt den Teller vor dem BSR -Mitarbeiter auf den Tresen. Der legt missmutig das Magazin beiseite, in dem er geblättert hatte.
»Deshalb hat es so lange gedauert! Und eigentlich wollte ich es zum Mitnehmen, nicht
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