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Für immer am Meer - Henry, V: Für immer am Meer

Für immer am Meer - Henry, V: Für immer am Meer

Titel: Für immer am Meer - Henry, V: Für immer am Meer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veronica Henry
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gearbeitet hatte. Sarah war sich nicht ganz sicher, ob der Umzug oder die neue Arbeits stelle die Ursache war, aber seit sie in Hagley wohnten, schien sich Ians Wertesystem geändert zu haben.
    Auf einmal beschäftigten ihn Dinge, die für Sarah überhaupt keine Rolle spielten: welches Auto sie fuhren, wo sie ihren Urlaub verbrachten, welche Kleidung sie trugen, wohin sie zum Essen gingen, mit welchen Leuten sie verkehrten. Als sie ihn darauf ansprach, fragte er nur, was sie denn daran auszusetzen habe, dass er für sie alle nur das Beste wolle. Dagegen hatte sie eigentlich nichts einzuwenden, wenn er es nur nicht so übertrieben hätte.
    Sarah war völlig zufrieden gewesen mit ihrem alten Micra, aber er hatte darauf bestanden, ihn durch einen glänzenden neuen Golf zu ersetzen, obwohl sie dafür einen Kredit aufnehmen mussten. Dann hatte er ihr zum Geburtstag ein Nummernschild mit ihren Initialen geschenkt, was wirklich das Letzte war, das sie sich gewünscht hätte. Sie wollte anonym bleiben, wenn sie mit dem Auto unterwegs war. Sie wollte doch nicht dabei beobachtet werden, wie sie auf der Hauptstraße in der zweiten Spur parkte! Aber Ian hatte ihr mit einem derart erwartungsvollen Lächeln beim Auspacken zugesehen, dass sie sich pflichtschuldig bedankt hatte, obwohl sie sich viel mehr über … na ja, etwas anderes gefreut hätte.
    Und neuerdings hatte Ian auch ständig neue Pläne, ein neues Projekt, eine neue Masche: in der Regel irgendein Floh, den ihm einer seiner Kollegen ins Ohr gesetzt hatte. Anfangs hatte Sarah protestiert, wenn er ihr seine Vorschläge unterbreitete, aber meist nachgegeben, wenn er ihr den Gewinn vorgerechnet hatte. Als Erstes hatte er eine Wohnung in dem ziemlich hässlichen Wohnblock am Ende ihrer Straße gekauft, um sie zu vermieten.
    »Du wirst sehen, das rechnet sich«, erklärte er ihr. »Wenn wir die Wohnung ganz ohne Eigenkapital kaufen, decken die Mieteinnahmen die Tilgungsraten für die Hypothek. Das amortisiert sich sozusagen von allein.«
    Amortisiert sich? Wo hatte er nur diese Ausdrucksweise her? Sarah konnte darüber nicht mit ihm diskutieren – sie hatte keine Ahnung von Zinsfuß oder effektivem Jahrszins –, und so besaßen sie plötzlich ein Haus mit vier Zimmern und eine Wohnung. Dann noch eine, angeblich ein Schnäppchen. Und schließlich eine dritte.
    »Die sind für die Mädchen«, versicherte er ihr. »Selbst wenn wir nichts dabei verdienen, werden sie sie mal erben.«
    Sarah hatte den Verdacht, dass das alles nur dazu diente, Ian das Gefühl zu geben, dass er dazugehörte und mit den anderen mithalten konnte. Wenn sie mit Freunden ausgingen und er von ihrem »Immobilienportfolio« schwadronierte, wäre sie jedes Mal am liebsten im Erdboden versunken.
    Gott sei Dank war er nicht immer so. Aber doch so oft, dass sie immer wieder die Zähne zusammenbeißen musste. Wie zum Beispiel, wenn er seine Armani-Jeans anzog. Seit wann waren Levi’s denn nicht mehr gut genug? Oder wenn er am Wochenende seinen BMW auf Hochglanz wienerte – was zum Teufel war so schlimm an ein bisschen Dreck?
    Manchmal musterte er sie auch kritisch, wenn sie ausgingen. Er hatte ihr schon mehrmals vorgeschlagen, sich ein bisschen schicker herauszuputzen, und sie damit fürchterlich auf die Palme gebracht. Erwartete er etwa von ihr, dass sie sich auf die Sonnenbank legte und sich blonde Strähnchen färben ließ wie die anderen Frauen in ihrer Clique? Die hatten überhaupt kein Gefühl für persönlichen Stil! Sie mochte ja vielleicht nicht besonders modebewusst sein, aber sie wusste sich als Individuum zu kleiden. Sie weigerte sich schlichtweg, in einer Uniform aus Designer-Jeans, Glitzertops und Fünzehn-Zentimeter-Stilettos herumzulaufen. Sie fühlte sich vollkommen wohl in ihren bunten Kleidern, klassischen Strickjacken und Biker-Stiefeln, die Haare lässig hochgesteckt. Auf keinen Fall würde sie ihren Stil ändern, bloß damit er sich einbilden konnte, sie würden dazugehören!
    Einmal hatte er ihre Hände betrachtet. Sie hatte Farbe unter den Nägeln, die kurz und teilweise abgebrochen waren, und die Haut war rissig vom Spiritus und vom Abwischen an irgendwelchen Lumpen.
    »Lass dir doch mal die Nägel machen«, hatte Ian gesagt, und ihr wurde klar, dass er sich wünschte, sie hätte Hände wie die anderen Frauen, weich und manikürt, mit langen, künstlichen Nägeln, vorne eckig und mit weißem Rand. Allein die Vorstellung ließ sie erschaudern. Sie hatten Hände wie Pornostars, Hände,

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