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Für immer am Meer - Henry, V: Für immer am Meer

Für immer am Meer - Henry, V: Für immer am Meer

Titel: Für immer am Meer - Henry, V: Für immer am Meer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veronica Henry
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bring es hinter dich!« Aber so einfach war das nicht.
    Sie hatte über Sterbehilfe gelesen. Ausgiebig. Hatte ihre Lektüre sich früher auf Autorinnen wie Barbara Vine und Joanna Trollope beschränkt, so durchforstete sie nun ein moralisches Labyrinth, das ihr ein zunehmend mulmiges Gefühl verursachte. Es gab einen Ort in der Schweiz, wo man mit Todkranken hinfahren konnte. Begleitetes Sterben nannten sie das. In Würde sterben. Aber die Vorstellung von einer tödlichen Dosis in irgendeinem anonymen Schweizer Hotelzimmer ließ Marisa erschaudern – ganz zu schweigen von der Frage, wie sie einen komplett gelähmten Menschen in ein Flugzeug verfrachten sollte. Das war doch ohne Hilfe gar nicht zu schaffen – und an wen könnte sie sich schon wenden? An ihre Kinder jedenfalls nicht. Sie hatte bisher mit keinem von ihnen über das Problem gesprochen. Natürlich machten sie sich Sorgen um ihren Vater, aber sie hatten auch ihr eigenes Leben. Das war Marisas Angelegenheit, und es war ihre Pflicht, das Lebensende ihres geliebten Mannes so würdig wie möglich zu gestalten. Aber wie?
    Das Problem war, dass sie selbst die Hoffnung noch nicht aufgegeben hatte. Ludo war immer so stark gewesen, ein Kämpfer, und ihr Glaube an ihn war unbeirrbar. Sie war davon überzeugt, dass er irgendwie sein Bestes tat, damit seine neuronalen Verbindungen wiederhergestellt wurden, und dass er eines Tages die Augen öffnen und lächelnd ihren Namen sagen würde. Wie sollte sie seinen Tod planen, solange sie von dieser anderen Möglichkeit überzeugt war? Es war ihre einzige Chance zu überleben. An ihn zu glauben.
    Ein Jahr lang quälte sie sich mit alldem herum. Versuchte, eine Antwort zu finden. Und nichts konnte sie trösten. Der Pfarrer versuchte ihr beizustehen, aber all seine Worte und sein Mitgefühl halfen nicht. Nicht einmal Musik konnte sie ablenken, im Gegenteil, gerade die erinnerte sie nur an glück lichere Zeiten. Am Ende war Stille das Einzige, was sie überhaupt noch ertragen konnte. Das große, schöne Haus, das einmal erfüllt gewesen war von Musik, Diskussionen, Kinderstimmen, Lachen und dem Klimpern von Weingläsern, war so still wie ein Grab.
    Dann, eines Tages, als sie im Pflegeheim eintraf, eilte ihr die Oberschwester entgegen. Marisa wusste sofort Bescheid. Ludo hatte einen weiteren Schlaganfall erlitten, und diesmal hatte er ihn nicht überlebt. Die Qual hatte ein Ende. Marisa ließ sich in den nächsten Sessel sinken und weinte. Keine Tränen der Trauer – davon hatte sie genug vergossen –, sondern Tränen der Erleichterung darüber, dass ihr die Entscheidung abgenommen worden war. Sie brauchte ihre Tage nicht mehr mit der Suche nach einer Antwort zu verbringen und die Nächte vor Angst und Sorge wach zu liegen, und in den wenigen Stunden Schlaf, die ihr vergönnt waren, würde sie nicht länger von Albträumen verfolgt werden, die von Sensenmännern und Unheilsboten und Fläschchen mit farblosem Gift handelten.
    Und jetzt, ein halbes Jahr später, öffnete Marisa ihren Koffer auf demselben Bett in dem hübschen Hotelzimmer, in dem sie und Ludo ihre schönsten Stunden verbracht hatten. Nirgendwo waren sie so glücklich und zufrieden gewesen wie in Everdene. Hier hatten sie sich nach der Hektik der sommerlichen Musikfestivals und Konzerte erholt. Hatten zurückgeblickt auf das, was sich im vergangenen Jahr ereignet hatte, und dann nach vorne geschaut und entschieden, was geändert werden musste und welche neuen Herausforderungen sie anpacken würden. Es war eine Zeit des Atemholens und Auftankens gewesen, zwei Wochen ohne Telefon und Computer.
    Sie riss das Fenster auf und atmete die Seeluft ein. Ihr Zimmer lag zum Strand hin, und sie konnte das Rollen der Brandung hören. Das Sonnenlicht glitzerte auf den Wellen. Sie freute sich schon darauf, den Sand unter den Füßen und das kühle Wasser an den Knöcheln zu spüren. Sie war vielleicht nicht glücklich, aber sie fühlte sich zu Hause.
    Es war richtig gewesen herzukommen. Und jetzt musste Marisa sich bereit machen. Sie war überraschend ruhig. Es k a men keine Tränen. Sie ließ sich Badewasser einlaufen, gab ein paar Tropfen duftendes Badeöl hinein, das sie sich extra mitgebracht hatte. Nachdem sie den Staub und den Schweiß der Reise abgewaschen hatte, zog sie einen weißen Bademantel über. Dann rief sie den Zimmerservice an und bestellte sich Abendessen. Ihre Wünsche waren ziemlich anspruchsvoll, aber man erklärte ihr, der Küchenchef werde sein Bestes

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