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Für immer, Dein Dad

Für immer, Dein Dad

Titel: Für immer, Dein Dad Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lola Jaye
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benutzt, die Dad überhaupt nicht gekannt hatte.
    Doch es waren die übrigen sieben Bilder, bei denen mir fast das Herz stehenblieb. Ich konnte meine Augen kaum von diesen sieben Fotos abwenden, die nur Monate vor Dads Tod aufgenommen worden waren.
    Ich, wie ich auf Dads Knien saß und sein Gesicht mit meinen Händchen umfasste. Mum, Dad und ich auf dem Sofa. Mum spielte die Empörte, während Dad und ich über etwas kicherten. Die anderen Bilder waren ähnlich, auf allen war ich zusammen mit Dad zu sehen. Doch erst beim letzten Foto musste ich weinen: Es zeigte Dad, nur die Hälfte seines Gesichts war zu erkennen, der Rest wurde von einem Daumen verdeckt. Meinem Daumen. Das erkannte ich an seinem belustigten Blick. Seine kleine Tochter versuchte ihn zu fotografieren, ohne zu ahnen, dass es das erste und das letzte Foto war, das sie jemals von ihm machen würde.
    Ich weinte. Weinte. Weinte.
    Bevor ich an diesem Abend schlafen ging, küsste ich das Bild und legte es unter mein Kopfkissen. Die Bilder bekamen, genau wie der
Leitfaden
, einen wichtigen Platz in meinem Leben. Das missglückte Porträtfoto rahmte ich ein undstellte es auf meinen Fernseher, sodass ich es jeden Tag anschauen konnte. Jeder sollte es sehen. Natürlich fragte mich Carla, warum ich nicht eines der besseren Fotos ausgesucht hatte. Aber es war mir gleich, was sie davon hielt, denn sie würde ohnehin nicht ermessen können, was dieses Foto für mich bedeutete.
     
    Als ich mal wieder von der Nachtschicht nach Hause kam, saß Carla mit einer Tüte Chips in ihrem Zimmer auf dem Boden und sah fern.
    «Was guckst du denn?», fragte ich ohne wirkliches Interesse.
    «Ich habe gestern Abend eine Folge von Sex and the City aufgenommen. Die Serie ist wirklich super. Willst du ein paar Chips?»
    «Nein danke, es ist acht Uhr morgens!» Schon von dem Essiggeruch wurde mir fast schlecht.
    «Ich war die ganze Nacht mit Fred bei einem Gig. Bin erst vor einer Stunde nach Hause gekommen. Mir ist noch nicht nach schlafen.»
    Während ich in die Küche ging, rief sie mir nach: «Es gibt Neuigkeiten, Lois! Ich erzähle sie dir, wenn der Film vorbei ist.»
    In der Spüle stapelte sich schmutziges Geschirr. Ich fragte mich, wie es Carla schaffte, an einem einzigen Tag so ein Chaos zu produzieren, und warum es ihr nie einfiel, auch mal abzuwaschen. Ich seufzte und machte mich an die Arbeit.
    «Du musst dich nicht mehr aufregen», sagte Carla und warf ihre Chipstüte in den Abfalleimer. Ein letzter Kartoffelchip segelte neben dem Eimer auf den Boden. Ich war gespannt, ob sie ihn aufheben würde.
    Doch stattdessen drehte sie sich zu mir um. «Bald bist du mich los.»
    Ich beugte mich zu dem Kartoffelchip hinunter, um zu tun, was ich immer tat: hinter ihr herräumen.
    «Ich ziehe aus. Fred ist endlich vernünftig geworden und hat eingesehen, dass er ohne mich nicht leben kann. Also hat er mich gefragt, ob ich bei ihm einziehe.»
    Zuerst klangen Carlas Worte wie Musik in meinen Ohren. Sie zog aus. Kein ständiges Durcheinander mehr. Kein Typ, der dauernd bei ihr rumhing. Aber leider auch keine Miete mehr – wie klein ihr Beitrag dazu auch war. Mist. Und so wenig ich es zugeben wollte, sie würde mir fehlen, ebenso wie unsere Gespräche über alles und jeden, unsere Diskussionen über Fernsehfilme und der süßliche Geruch ihres Brombeerparfums.
    «Wie soll ich denn allein die Miete zahlen?»
    «Mmh, keine Ahnung   … indem du dir eine andere Mitbewohnerin suchst?» Sie nahm sich eine Dose Cola aus dem Kühlschrank. Dann ließ sie die Schultern hängen. «Es tut mir leid, Süße. Wirklich. Ich denke nur   … nein, ich weiß, dass Fred der Richtige ist. Ich weiß es einfach, und ich will, dass es klappt.»
    Fast hätte ich Carla gebeten zu bleiben, wenigstens bis ich eine neue Mitbewohnerin gefunden hatte. Aber Fred ging demnächst auf eine mehrwöchige Konzerttournee, und sie wollten davor so viel Zeit wie möglich miteinander verbringen.
     
    Ich kannte Carla gut genug, um zu wissen, dass ich mich auf sie nicht verlassen konnte, wenn es darum ging, einen Ersatz für sie zu finden. Also würde ich zunächst selbst dafür sorgen müssen, dass alle Rechnungen bezahlt wurden. Damitwar klar, dass ich mir eine richtige Stelle suchen musste. Von meinem Job im Supermarkt konnte ich jetzt nicht mehr leben.
    Eine Stellenanzeige in der Zeitung versprach das Blaue vom Himmel und das unglaubliche Gehalt von 30   000   Pfund jährlich. Ein Bewerbungsgespräch dafür gab es nicht,

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