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Für immer, Dein Dad

Für immer, Dein Dad

Titel: Für immer, Dein Dad Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lola Jaye
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Gleichgültige, doch mein Magen schlug Purzelbäume. Dennoch hatte ich praktisch keine Zeit, mir über Coreys Karte in Ruhe Gedanken zu machen, denn als ich mich gerade verabschieden wollte, tauchte Tante Philomena auf, und zwar genauso unangemeldet wie bei Mums Hochzeit vor neun Jahren.
    Die Zeit war gnädig mit ihr umgegangen, aber vielleicht hatte die karibische Sonne mehr damit zu tun als alles andere. Sie war vor fast zwei Jahren mit ihrer Familie nach Carriacou gezogen.
    «Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag, Lois!», sagte sie, als wir uns zur Begrüßung umarmten. Während wir noch in der Küche standen, gab sie Mum ein Päckchen. «Muskatkekse», sagte sie.
    Mum lächelte gezwungen und bedankte sich. «Soll ich uns einen Tee kochen?»
    «Warum hast du denn die Kekse nicht mit der Post geschickt? Das wäre viel einfacher gewesen», sagte ich. ‹Hast du doch sonst auch gemacht›, dachte ich mir dazu.
    «Tja, toll war ich als Tante wirklich nicht, was? Aber dieses Mal war es wichtig, selbst zu kommen.»
    Mum räusperte sich (sarkastisch, wie ich annahm) und machte sich an den Teetassen zu schaffen.
    «Ich habe Kevin versprochen, dich an deinem einundzwanzigsten Geburtstag zu besuchen.»
    Den Namen meines Vaters laut ausgesprochen zu hören, versetzte mir einen Schock. Es war, als wäre er für ein paar kurze Sekunden wieder am Leben. Vielleicht saß er ja gerade in einem Café in Catford.
    «Warst du bei Gran?», fragte ich und dachte an mein letztes ziemlich angespanntes Telefonat mit Granny Bates.
    «Ja, ich habe ein paar Tage mit ihr verbracht. Nach dem Besuch hier bei euch fliege ich wieder zurück.»
    Mum stellte zwei Tassen Tee auf den Tisch. «Ich lass euch beide kurz allein   … ich muss mal nach Abbi sehen.»
    Tante Philomena sah nicht so aus, als mache ihr das etwas aus.
    «Also, Lois, heute ist dein Geburtstag. Einundzwanzig. Und jetzt noch einmal ernsthaft: Herzlichen Glückwunsch!»
    «Danke», sagte ich. Tante Philomena war mir fremd, aber Dad hatte sie sehr geliebt und ihr den
Leitfaden
anvertraut. Also versuchte ich, sie mit seinen Augen zu sehen.
    Ihr Lächeln wurde breiter. «Ich habe etwas für dich, Lois.»
    Ich hielt den Atem an, weil ich mich an die letzte Gelegenheit erinnerte, bei der sie das zu mir gesagt hatte.
    «Ein Geschenk zu deinem einundzwanzigsten Geburtstag.»
    Sie zog ein kleines, in buntes Papier eingewickeltes Päckchen aus der Tasche.
    «Mach es auf!», sagte sie und schien gespannter als ich selbst. Ich öffnete das Päckchen. Farbpartikel von dem Papier blieben an meinen Fingern kleben. Schließlich hielt ich einen länglichen Fotoapparat in der Hand.
    Kodak Tele Ektra
stand seitlich darauf.
    «Ein Fotoapparat. Das ist wirklich ein guter Einfall», sagte Tante Philomena und schüttelte lächelnd den Kopf. Erst in diesem Moment begriff ich.
    «Ist er von   …?»
    «Kevin, ja. Ich musste ihm versprechen, ihn dir an deinem einundzwanzigsten Geburtstag zu geben.»
    Mein Herz begann zu rasen. «Im
Leitfaden
hat er nichts davon erwähnt.» Dann fiel mir ein, wie achtlos ich das Päckchen geöffnet hatte. Mein Dad hatte diesen Fotoapparat mit seinen eigenen Händen eingewickelt! Wenn ich das rechtzeitig realisiert hätte, dann hätte ich das Päckchen ganz für mich allein in meinem Zimmer geöffnet und jeden Augenblick genossen. An den Klebstreifen hätte ich nach Spuren meines Dads gesucht, nach einem festgeklebten Haar, einem Fingerabdruck, dem Geruch seines Aftershaves.
    Tante Philomena als Geburtstagsgast zu haben war toll. Den Fotoapparat zu bekommen war wunderbar. Aber festzustellen, dass noch ein belichteter Film darin lag, war atemberaubend, ein bisschen erschreckend und zweifellos die beste Überraschung meines Lebens.
     
    Es steht ja wohl außer Frage, dass ich augenblicklich zum Fotostudio rannte und extra bezahlte, damit sie mir die Abzügenoch am gleichen Tag machten. Ein paar Stunden später stand ich mit einem länglichen Umschlag in der Hand vor dem Laden. Ich hatte Herzklopfen, schlug ihn auf und zog zwölf Bilder heraus. Auf fünf davon war ich selbst als kleines Kind zu sehen. Beim Anblick der Kleidchen, die ich damals trug, regte sich die Erinnerung wie ein leiser Hauch in mir. Die Haare standen mir in zwei Rattenschwänzen vom Kopf ab. Einmal saß ich auf dem Boden, einmal drehte ich mich wie eine Ballerina, einmal stand ich am Badezimmerwaschbecken. Ein paar der Möbel gab es noch immer in Mums Haus, aber leider wurden sie jetzt von Leuten

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