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Für immer, Dein Dad

Für immer, Dein Dad

Titel: Für immer, Dein Dad Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lola Jaye
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spielte und seine Tochter so intensiv anstarrte, als wollte er in ihr Hirn hineinkriechen. Aber aus seiner Miene sprach Liebe. Diesen Ausdruck würde ich niemals mehr im Gesicht meines Dads sehen können. Das machte mich traurig.
    «Alles in Ordnung, Lois?», riss mich Mum so unvermittelt aus meinen Gedanken, dass ich zusammenfuhr. Ich holte den Rest meiner Wäsche aus der Maschine und stand auf.
    «Warum fragst du?»
    «Du hast deine Schwester angesehen, und   …»
    «Nein, habe ich nicht!», giftete ich. Entsetzt stellte ich fest, dass eine Träne aus meinem linken Auge rollte, und wischte sie schnell mit der Faust weg.
    «Liebling, wir hatten gar keine Gelegenheit zum Reden, seit du ausgezogen bist. Und von Amerika hast du mir auch kaum etwas erzählt. Es ist so viel passiert   …», sagte Mum, die inzwischen am Tisch saß und mich mit diesem Möchtest-du-mir-was-sagen-Blick ansah, den nur Mütter beherrschten.
    «Na los, erzähl schon», drängte sie.
    Ich lächelte. «Dann fange ich mit Carla an, o.   k. ?»
    «Ohoh. Wie ist es denn so, mit deiner besten Freundin zusammenzuwohnen?»
    «Sie ist MANCHMAL eine ziemliche Schlampe.»
    Schnell holte Mum die Keksdose und stellte sie einladend auf den Tisch. Ich hatte an diesem Abend ohnehin nichts weiter vor und setzte mich ihr gegenüber. Natürlich quiekte sofort eine Gummiente unter meinem Hintern auf.
    «Deine Schwester ist ganz vernarrt in dieses Ding.»
    «Wirklich», sagte ich.
    «Erzähl mir von Amerika.»
    «Ach, das ist doch schon ewig her, Mum.» Manchmal dachte ich abends vor dem Einschlafen an diese drei Monate. Ich würde diesen Sommer niemals vergessen, er war in mein ganzes Selbst eingebrannt. «Ich kann mich kaum noch erinnern.»
    Als ich das erwartungsvolle Gesicht meiner Mutter sah, hatte ich fast Schuldgefühle. Wir hatten wirklich eine Menge voneinander verpasst, Mum und ich.
    «Na gut, wenn ich es mal dramatisch ausdrücken soll, dann war das vermutlich der Sommer, in dem ich erwachsen geworden bin», sagte ich.
    Der Blick meiner Mutter schien zu sagen: «Ich weiß zwar wieder mal nicht, worauf du hinauswillst, aber vielleicht wird es ja interessant, also
versuche
ich wenigstens, zuzuhören.» Ich fing an. Das Empire State Building. Die verwöhnten Kids. Erin. Greg (natürlich die zensierte Version). Die knubbeligen Knie der Leiterin. Wie ich lernte, allein klarzukommen. Die gerösteten Marshmallows. Die Hausarbeit. Das schöne Wetter. Die Tatzenabdrücke eines Braunbären vor meinem Schlafzimmerfenster. Das Lagerfeuer, an dem wir getanzt hatten.
    «Das klingt schön.»
    «War es auch.»
    «Hast du jemanden kennengelernt?»
    «Nein», sagte ich hastig. Mum kniff ungläubig die Augen zusammen, und ich fing an zu kichern. Ich war gerade ganz entspannt, als sich plötzlich ein winziger Fuß in die Küche schob.
    «Ohsiehdochnur!», kreischte Mum und sprang auf. Die Kleine schwankte vorwärts und dann rückwärts wie ein Duracell-Hase, kurz bevor die Batterie leer ist, und dann fiel sie auf ihren Hintern. Bingo-Mann, der wie aus dem Nichts aufgetaucht war, beugte sich zu ihr hinunter.
    «Mein Baby ist gerade gelaufen! Hast du das gesehen? Ich kann es gar nicht glauben!», rief Mum und gackerte wie ein Huhn auf Ecstasy.
    «Hol den Fotoapparat!», schrie sie aufgeregt.
    «Sie hat ihren ersten Schritt vor ungefähr einer Minute gemacht, Liebling. Also habe ich sie hergebracht, damit sie ihrer Mami zeigt, was sie schon alles kann!», flötete Bingo-Mann. Ich lächelte pflichtschuldig, während die Kleine den Mund verzog und die Stirn runzelte. Auf eine weitere Vorführung ihre beeindruckenden Fähigkeiten hatte sie offensichtlich keine Lust.
    «Nicht weinen, Spätzchen!», sagte ihr Vater, nahm sie hoch und hielt das strampelnde Kind lachend über seinen Kopf.
    «Ich kann es gar nicht glauben!», wiederholte Mum immer noch völlig überwältigt.
    «Meine Tochter!», rief Bingo-Mann glückselig.
    «Sag deiner kleinen Schwester guten Tag, Lois», sagte Mum, die sich langsam wieder beruhigte.
    «Hallo du   …», sagte ich ein bisschen unbehaglich. Die Kleine sah mich mit unbewegter Miene an und verbarg dann ihr Lockenköpfchen an der Brust ihres Vaters.
    «Sie ist nicht so vertraut mit dir, das ist alles. – Du musst deine große Schwester erst noch kennenlernen, oder, meine Süße?» Der Anblick meiner Mutter, die der Kleinen über die Locken strich, reichte, dass ich aufstand, um zu gehen.
    «Ich muss dann mal los, Mum.»
    «Willst du nicht zum

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