Für immer, Dein Dad
Zeiten geben, in denen irgendein Mistkerl oder irgendein Ereignis Dich bis an den Rand der Belastbarkeit bringt. Und es wird Zeiten geben, in denen sich scheinbar kein Mensch einen DRECK um Dich schert. Es tut mir leid,Dir das vorhersagen zu müssen, aber es ist sehr unwahrscheinlich, dass Du ohne solche Erfahrungen durchs Leben kommst (erinnerst Du Dich noch an den Laternenpfahl-Vergleich?). Mein Rat dazu ist zwar nicht neu, aber nützlich: Man muss die Rückschläge als Hürden betrachten, die man mit riesiger Anstrengung und vielleicht mit Hilfe anderer überwindet. Und wenn Du das geschafft hast, dann ziehst Du Bilanz, denkst darüber nach, was eigentlich passiert ist, lernst daraus und LÄSST DICH NICHT UNTERKRIEGEN.
Es würde nicht einfach werden, das war mir klar. Aber zum ersten Mal seit Monaten sah ich einen winzigen Lichtstreif am Horizont.
Die Miete war unverschämt hoch für Deptford, und mit Laufkundschaft konnte ich auch kaum rechnen, doch zwei Monate nach meinem Geburtstag hinterlegte ich eine saftige Kaution und zahlte für den kleinen Laden zwei Monatsmieten im Voraus. Anschließend hob ich das letzte Geld von dem Autoverkauf ab und überzog mein Konto, um damit den Hightech-Laptop und den Drucker zu finanzieren, ohne die ich bei meinem neuen Projekt nicht auskam. Ich hatte wieder angefangen, an mich selbst zu glauben und daran, dass ich mit diesem Fotostudio Erfolg haben würde. K Pics (K stand natürlich für Kevin!) würde die Fotos der Kunden bearbeiten und perfekte, einzigartige Bilder auf dem neuesten Stand der Technik liefern. Sie würden die körnigen Aufnahmen, mit denen andere Fotostudios im Schaufenster Werbung machten, bei weitem übertreffen.
Carla war ein Schatz und half mir bei der Renovierung und Dekoration. Mum sagte im letzten Moment ab, weil Bingo-Mann außerstande war, auf Abbi aufzupassen. Typisch.
Trotz all der Arbeit, die noch vor mir lag, wollte ich K Pics drei Wochen später eröffnen. Es war ein ehrgeiziger Plan, zumal Carla und ich mehr quatschten als Wände strichen. Wenn das Gespräch auf ihren großen Bruder kam, war ich sowieso außerstande zu arbeiten.
«Wer hätte gedacht, dass dieser Liebling aller Frauen sich mal festlegen würde!»
Ich senkte den Pinsel und drehte mich zu ihr um.
«Er hatte doch jede Woche eine andere. Erinnerst du dich nicht? In der Schule?» Sie dachte einen Moment nach. «Oh, sorry …», murmelte sie schuldbewusst.
«Vergiss es. Ich bin längst darüber weg», sagte ich ruhig.
«Wirklich? Oder sagst du das nur so?»
«Bist du jetzt unter die Gedankenleser gegangen, oder was?», gab ich zurück.
«Ich will ja nur, dass du genauso glücklich bist, wie Markus und ich es sind … Das ist alles.»
Carla fing an, davon zu schwärmen, wie unglaublich es war, verliebt zu sein, doch ich hörte ihr nicht mehr zu.
Was bedeutete Liebe eigentlich wirklich?, ging es mir durch den Kopf.
Verschiedenes: Liebe
Liebe kann alles bedeuten.
Es gibt unendlich viele Theorien darüber, was die Liebe und das Verliebtsein eigentlich ist. Eine chemische Reaktion, ein Geisteszustand, blablabla. Und natürlich können sich all die Eierköpfe in der Wissenschaft darüber nicht einig werden.
Ich finde, es kommt darauf an, wer sich verliebt und in welcher Situation derjenige gerade ist. Wenn Du als kleines Mädchen von einem Jungen an den Haaren gezogen wirst, kann das gut ein Zeichen dafür sein, dass er Dich toll findet.
Ein paar Jahre später träumst Du vielleicht von einem pickligen Jungen mit Quadratlatschen, der im Biologieunterricht hinter Dir sitzt. Du kannst dich nicht konzentrieren, Deine Handflächen schwitzen. Das nennt man Verlangen, mein Liebling. Es ist einfach nur jugendliche Lust und Verlangen. Liebe – wahre Liebe – bedeutet sehr viel mehr und sollte auf keinen Fall mit der Lust auf Sex verwechselt werden.
Was ist Liebe also?
Liebe ist … jemanden zu lieben, auch wenn er aussieht, als sei er gerade durch eine Hecke gekrochen und hätte sich anschließend im Schlamm gewälzt.
Das ist jedenfalls mal ein Ausgangspunkt.
Aber jemanden zu lieben kann auch bedeuten, in einem Augenblick diese unglaublich tiefe Verbundenheit zu spüren, während man gemeinsam vor dem Fernseher sitzt, und überzeugt zu sein, dass man diesen Menschen niemals verlassen will … und am nächsten Tag zu überlegen, wie man ihn am schnellsten und einfachsten wieder loswird. Tja, klingt ein bisschen widersprüchlich, aber gewöhnlich
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