Für immer Dein
verkündete Edward, während er nach dem Puls des Mannes griff, welcher schwach, aber noch immer stetig schlug. „Holt ihn sofort da runter und bringt ihn nach oben. Aber vorsichtig!“ rief er noch, ehe er sich verwirrt durch sein Haar fuhr.
„Ein wahres Wunder“, meinte Julius, der, ebenso wie Edward, die beiden Männer beobachtete, die den Mann vom Pferd hoben. Der Helm wurde zur Seite geschleudert, ebenso wie die Handschuhe und der Lederwamst. Wieder stöhnte der Mann. Wieder durchzog Edward ein Stich. Er wartete nur mehr darauf, bis er aus diesem Traum erwachte, aufstand und nach unten zu seinem Schreibtisch ging, wo er die Arbeit seines toten Bruders übernahm, der nun sehr lebendig und trotz seiner Verletzung, sehr imposant vor ihm stand. Gehalten von zwei Männern, deren Augen, ebenso wie Edwards, glänzten.
Irgendetwas hatte seinen Bruder auferstehen und nach Hause reiten lassen. Irgendetwas, was weder Edward, noch die Männer im Moment begriffen. Doch Edward beschlich eine Vermutung, welche Kraft einen Mann, verletzt und alleine, mit nur einem Pferd von Frankreich bis nach England reiten lassen konnte – die Liebe zu einer Frau. Und eben dieser Frau wollte er nun die Botschaft verkünden.
Doch vorher würde er sich noch um das Wohl seines geliebten Bruders kümmern.
Nachdem Edward wie ein Wilder nach oben gestürmt war, als erwarte er sich dort von John in den Arm genommen zu werden, hörte er den Stimmenwirrwarr, den der Conveyer hinterließ, der sich eine Schneise durch den schmalen Gang zog. Im Vorbeigehen hatte er einer ziemlich erstaunten Bediensteten noch befohlen nach dem Arzt zu schicken und in dem kleinen Gästezimmer, in das sie John nun schleppen wollten, ein Feuer zu entfachen. Natürlich hatte sie ihn angesehen, als verkünde er ihr die Auferstehung des Messias, doch gewissermaßen war es doch eine.
Als er dann in besagtes Gästezimmer eintrat, hatten die Männer seinen leichenblassen Bruder bereits auf die knorrige Matratze gelegt, die er nicht einmal seinem ärgsten Feind zugemutet hätte.
„Lasst mich kurz mit ihm alleine“, befahl er nun in einem ihm völlig fremden Ton. Seine Hände zitterten als er nach der Wange seines Bruders griff und sich dann abermals am Halse vom Puls überzeugte. Er schlug – immer noch. So wie auch sein Herz, welches ihm im Halse zu stecken schien.
Die Frau kam wie befohlen ins Zimmer und entfachte das Feuer, was Edward kaum wahrnahm.
Sein Blick war wie hypnotisiert auf das Gesicht seines Bruders gerichtet. Jenes Gesicht, welches er fast schon geglaubt hatte, vergessen zu haben – oder zu müssen. Er war dünner, der Bart war lang und spröde und ab und an von grauen Schatten durchzogen. Seine Lider lagen verkrampft auf den Augen. Sein Mund nur halb geschlossen hing lasch nach unten. Angst durchzog Edward. Was war, wenn er noch sterben würde? Wenn er nur nach Hause gekommen ist, allen Freude bereitet hatte, nur um dann zu sterben? Was würde mit Joselyne geschehen, wenn sie erneut seinen Tod zu beklagen hatte? Was würde mit ihm geschehen? Er würde es nicht schaffen, fiel ihm ein. Er würde sich Ersaufen – in Trauer und Wut.
„Der Arzt“, schrie er die Frau an, die zusammenzuckte und ein Holzscheit fallen ließ.
„Er ist unterwegs“, piepste sie.
„Von wo kommt er?“ fragte er härter als gewollt.
„Mister Hopsk. Gleich vom Dorf unten. Soll ich einen anderen holen?“
Mit einer wütenden Handbewegung verneinte er ihre Frage und wies mit einem Nicken auf die geschlossene Tür. Die alte Frau verstand und lief nach draußen.
„Du bist streng“, vernahm er das Röcheln seines Bruders und nun war er es, dem sämtliche Farbe aus dem Gesicht fuhr.
„John“, sagte er dann, Tölpel wie er war „Du lebst. Du bist daheim. Wie geht es dir?“
John nickte nur und leckte sich über die trockenen, blässlichen Lippen. „Ich wusste doch, dass mein Pferd den Weg auch ohne meine Hilfe finden würde. Das Nickerchen hat mir gut getan“, scherzte er.
„Der Arzt ist unterwegs“, versuchte er John zu beruhigen. Doch anhand der erschlafften Züge und der geschlossenen Augen erkannte Edward, dass er wieder bewusstlos geworden war. Dies konnte ja heiter werden, dachte er bei sich und bei dem Gedanken Joselyne darüber aufzuklären.
24
Seit mehr als einer vollen Stunde saßen sie nun in der Bibliothek fest. Neben Williams und Fionas Klaglauten, war nun rein gar nichts mehr zu hören. Die Schritte, die wie verrückt durch die Halle
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