Für immer Dein
sich nicht so freuen konnte wie er es tat.
Müde und scheinbar gelähmt noch einen Funken von irgendeinem Gefühl in ihr zu finden, stand sie auf und ging nach oben. Vorbei an dem Zimmer, in dem er lag. Doch vor der Tür blieb sie dann doch stehen. Griff auf das raue Holz der dicken Barriere und atmete tief ein und wieder aus.
Eine Bewegung. Ein paar Schritte und sie wäre bei ihm. Und dann, als würde eine höhere Macht über sie herrschen, drückte sie die Klinke nach unten und vor ihr lag ein kahler, nur mehr leicht erhellter Raum, in dessen Mitte ein einsames Bett stand. Nur schwer waren die Umrisse der Gestalt, die in dem Bett lag, wahrzunehmen, deshalb tat sie auch diese Verrücktheit und trat einen Schritt vor. Dann noch einen, da sie ihn noch immer nicht erkannte. Und als wäre es nicht schon schlimm genug, hob sie auch noch die Arme in freudiger Erwartung an ihren Mund, um ihr Weinen zu unterdrücken.
Als sie dann dicht vor ihm stand und ihn endlich erkannte, flüsterte sie seinen Namen in die Dunkelheit. So wie sie es in den letzten Monaten tausend Mal getan hatte. Immer wenn sie glaubte, er würde neben ihrem Bett stehen und sie bewachen. Doch dann hatte sie nie Angst gehabt. Auch wenn sie sich als Kind immer vor Gespenstern und anderen Unholden, wie es ihr Vater in seinen Schauermärchen immer bezeichnet hatte, höllisch gefürchtet hatte. Sie hatten sich zwar nach der nächsten Geschichte gesehnt und ihren Vater tagelang angebettelt ihnen noch eine zu erzählen. Doch dann lagen sie immer die halbe Nacht wach, nur um auch noch bei dem leisesten Geräusch zusammen zu zucken.
Einem schnellen Blick zur offenstehenden Tür, folgte ein weiterer Schritt zu ihm. Dann dachte sie bei sich, wenn sie noch näher gehen würde, könnte sie sich gleich zu ihm legen. Was ihr dann doch verlockender schien, als geglaubt.
Sein Gesicht – wie oft hatte sie sich nach diesem schelmischen Lächeln gesehnt, was selbst jetzt, verletzt und völlig hilflos, noch immer rund um seinen Mund zu erkennen war. Der Bart war lange und auch wenn das Feuer tiefe Schatten auf ihn warf, so sah er mager und müde aus. Seine Augen – sie wollte so gerne wissen, ob sie noch immer grau waren. Völlig idiotisch, doch hatten möglicherweise all die Grausamkeiten, die er mitansehen hat müssen, das Strahlen aus seinen Augen fortgewaschen.
Was war, wenn er nicht mehr er selbst war? Wenn er verrückt war, grob war oder, wenn er sie gar vergessen hatte?
Nein, sie sind noch grau, dachte sie erfreut, als sie ihm in die Augen sah. Erst eine Sekunde später, von einem markergreifenden Schrei unterstrichen, fiel ihr auf, dass er sie geradewegs ansah. Ihr Atem stockte, sie blieb regungslos stehen, als könnte sie sich so unsichtbar machen. Doch noch immer sah er sie an.
Und gerade als sie weglaufen wollte, schloss er die Augen wieder und ließ einen leisen Seufzer von sich.
So schnell es ihr nach diesem Schock möglich war, rannte sie aus dem Zimmer, knallte die Tür unachtsam zu und sprintete dann in Richtung ihres Zimmers, welches ihr abermals als Zuflucht und Schutz diente.
Er stand am Fenster, welches zwar nicht gut gelegen war, zumindest nicht für seine Belange. Ein anderer hätte sich eine Leinwand geschnappt und die harten Kliffen, in der Ferne und die im Wind tanzende Wiese für die Nachwelt festgehalten. Doch John war nicht nach Stille. Und ginge es nach ihm, würde er sein Dasein auch nicht länger in dieser Rumpelkammer fristen, sondern bereits nach ihr suchen.
Er war sich nicht sicher ob es nur ein Traum gewesen war. Einer von den tausenden die ihn verfolgten. Die ihm zwar Hoffnung und Mut gaben, ihn doch in die Knie zwangen, als wäre er ein Kind.
Joselyne – sie war hier. Er spürte es. Auch wenn er so lange weggewesen war. Viel zu lange. Doch hatte sie ihn nicht verlassen. Seine Finger krallten sich in das Holz der Fensterbank und er sah zu den Kindern der Bauern, die auf der Wiese die erste Ernte besorgten.
„Was? Du bist auf den Beinen?“ ertönte die vorwurfsvolle Stimme seines plötzlich erwachsengewordenen Bruders hinter ihm.
Er drehte sich zu ihm und wieder huschte ihm ein fröhliches Grinsen über die Lippen. „Edward, sehe ich aus, als wäre ich bettlägerig. Ein gutes Essen, Schlaf und vor allem ein Bett, war alles was ich gebraucht habe.“
Edward kam näher, musterte ihn dabei von oben bis unten und seine Augen bekamen, diesen ihm völlig neuen, besorgten Hauch. Und dann sagte John irgendetwas, dass Edward seine Arbeit,
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