Für immer Dein
Räder waren spröde und quietschen bei der kleinsten Bewegung. Den Verschlag hatte man schon vor einiger Zeit entfernt, da er überall Löcher und Risse gehabt hatte. Sie konnten nur hoffen, dass es auf ihrer Reise nicht regnen würde, sonst würden sie alle nass werden. Die beiden Pferde, die die Männer aus dem Stall genommen hatten, konnten die schwere Last kaum ziehen und gaben ständig Laute von sich, die vor Schmerzen und Überanstrengung troffen. Zwei Tage, so hatte es Joselyne berechnet, würde die Fahrt nach London dauern, mit diesem Gefährt und der Ausrüstung, wahrscheinlich noch länger.
Ruckartig setzte sich die Kutsche in Bewegung und Joselyne, so wie auch Thomas und Paul, blickten noch einmal wehmütig zu ihrer Burg.
Still verabschiedete sie sich und wünschte sich ein baldiges Wiedersehen, auch wenn sie wusste, dass ihre Chancen darauf schlecht standen.
Obwohl es ihr hier auf Goodrich Castle nie leicht gefallen war sich mit Thomas und den anderen Menschen zu arrangieren, so war es doch zu ihrem Zuhause geworden.
Sieben Jahre war sie hier gewesen und nun wurde sie ruckartig aus ihrem gewohntem Leben gerissen.
2
Pünktlich und ohne weitere Verzögerungen, die de Veres Wut auf sie etwas gemildert hätte, erreichten sie die Hauptstadt Englands.
Erst ein einziges Mal war sie hier gewesen. Zu dieser Zeit war sie noch ein Mädchen von gerade einmal fünfzehn Jahren gewesen. Sie hatte damals mit ihrer Mutter und ihrer Schwester einen Ball besucht. Etliche Tage vorher war sie schon so aufgeregt gewesen, als wäre es ihre eigene Hochzeit.
Wie ihr Vater damals behauptete, spielten zu dieser Zeit, alle Frauen im Haus verrückt. Mary bekam zu allem Übel noch die Grippe und fürchtete, so theatralisch wie sie war, um ihr Leben. Während Mutter irrtümlicherweise den falschen Stoff bestellt hatte. Statt hellblauer Seide, hatte sie bordeauxroten Satin bestellt. Eine Katastrophe biblischen Ausmaß – zumindest für Mutter.
Aber auch Joselyne war von dem bösen Geist des Balles nicht verschont geblieben. Sie stellte am Tag der Abreise fest, dass ihr Gesicht voll war mit den schlimmsten Pusteln die sie je gesehen hatte. Auch wenn ihr ihre Mutter und ihre Zofe Diane erklärt hatten, man würde diese ganz leicht mit etwas Teebaumöl und Kamille wegbekommen, hatte Joselyne ihre Chance ihren Traumprinzen kennenzulernen, bereits platzen gesehen.
Es musste doch noch so viel getan werden, hatte ihre Mama immer gesagt und darauf beharrt, dass man nie früh genug mit solch wichtigen Vorbereitungen anfangen konnte. Wochen vorher schon waren Joselyne und ihre Schwester Mary zu dem besten Schneider der Umgebung gegangen und hatten sich, wie beide fanden, die schönsten Kleider der Welt an den Leib nähen lassen.
Im Nachhinein musste Joselyne zugeben, dass das Kleid, das sie getragen hatte, für eine fünfzehnjährige ziemlich gewagt gewesen war, doch sie hatte sich, nachdem die Pustel Invasion abgewehrt worden war, wie eine Prinzessin gefühlt.
Ihr Bruder und ihr Vater hatten sich damals dafür entschieden Zuhause zu bleiben, da sie keine Lust auf das honigsüße Getue der Adeligen hatten, so haben sie sich ausgedrückt.
Und jetzt schoss es ihr ein wie der Blitz!
Ja genau, damals hatte sie ihn zum ersten Mal gesehen! Sie konnte sich noch gut daran erinnern. Sie hatten sogar ein paar Worte miteinander geredet. Joselyne fand ihn damals sehr höflich und freundlich – den jüngeren John de Vere. Kaum zu vergleichen mit dem Mann, der er nun geworden war.
Schon damals war er furchtbar hübsch gewesen und die jungen Mädchen waren ihm den gesamten Abend über hinterhergelaufen. Auch ihre Schwester, die sich auf den ersten Blick in ihn verliebte.
Wochenlang, nach dem Ball, hatte sie noch von ihm geschwärmt. Sie erzählte ihr, er hätte sie zu einem Tanz aufgefordert, der immer intimer geworden war und dass sie sich von ihm überall hätte hin entführen lassen. Danach hatte sie jedes Mal die Augen gedankenverloren verdreht und sich voller Ergriffenheit an die Brust gefasst.
Joselyne hatte die Gefühle ihrer Schwester damals nicht wirklich teilen können. Sie fand ihn zwar hübsch, aber sich gleich über beide Ohren in ihn zu verlieben, fand sie doch ein wenig abgedreht. Vielleicht war sie dafür aber einfach noch zu jung gewesen.
Und besagter Mann hob sie nun, Jahre später, aus dem alten Karren. Er trug sie wie ein kleines Kind und setzte sie dennoch unsanft auf dem
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