Für immer Dein
sie wie immer am wohligsten Platz im kalten Zimmer saß. Neben dem Kamin auf dem breiten Fenstersims, der mir hellroten samtbezogenen Kissen bedeckt war.
Winfridia schwebte herein, schob die Kleidung, die sie in Händen trug in ihren Schrank und drehte sich dann geschäftig zu ihr.
„Was willst du heute tragen, Joselyne?“ fragte sie in mütterlichen Ton und schweifte mit den Augen über ihren prallen Bauch.
Heute. Am liebsten wäre ihr nichts zu tragen, nichts zu tun. Nur ins Bett zu sinken und sich den Träumerein über John zu widmen. Denn was sie außerhalb dieser ihr so vertraut gewordenen und schützenden Mauern ihres Schlafgemachs erwartete, war ein Fest, welches man zu Ehren eines Toten hielt.
Anne de Vere hatte es sich nämlich verzweifelt in den Kopf gesetzt, den Geburtstag ihres verstorbenen Mannes jedes Jahr aufs Neue zu feiern, was nicht nur bei Joselyne großen Missmut aufkommen ließ. Auch Edward hatte sich nur murrend an den Vorbereitungen beteiligt und einmal gemeint, warum seine Mutter im Grab seines Vaters herumstochern musste. Anne, wütend und wieder einmal verletzt, hatte ihren Sohn eine Rede zugezischt, die ihn nicht nur in seine Schranken gewiesen hatte, sondern ihn auch bewogen hatte, kein weiteres Mal im Festsaal aufzutauchen.
„Ich denke das Blaue“, meinte Joselyne gelangweilt und verkroch sich dabei noch tiefer in ihren Kissen.
„Eine sehr gute Wahl“, stimmte ihr Winfridia zu und holte das besagte Kleid aus ihrem Schrank. Während sie es wie eine Trophäe in Händen hielt, schritt sie zu ihr. „Du musst dich beeilen. Na komm schon, ich werde dir helfen!“
„Schon gut. Leg es mir aufs Bett und ich ziehe mich dann selbst um.“ Joselyne wartete noch einen Augenblick, ehe sie wieder aufs Bett blickte. Doch noch immer stand Winfridia da und sah sie unschlüssig an. Scheinbar wieder zu sich gekommen, strich sie über den Stoff des Kleides. „Aber Joselyne, die Haken sind hinten. Auch kann man die Verschnürung des Korsetts nur von hinten schließen. Du brauchst meine Hilfe. Außerdem“, sagte sie und blickte wieder etwas störrischer drein, „ist es meine Aufgabe dir zu helfen. Warum machst du also so einen Aufstand?“ Unter anderen Umständen hätte Joselyne ihrer Kammerzofe eine Strafe für ein solches Benehmen angesetzt, doch sie war gegen eine Mauer gelaufen.
Die Tage und Wochen zuvor, hatte ihr immer Alexia geholfen oder sie hatte sich selbst in ihr Kleid gezwängt und sich das eine oder andere Mal fast die Schulter, bei dem Versuch die Haken zu schließen, ausgekugelt. Aber heute gab es keine Alexia und auch hatte Joselyne das Gefühl, als würde Winfridia nicht nachgeben.
„Ich sagte, ich mache es alleine!“ fauchte Joselyne.
„Ich weiß es doch schon längst“, meinte Winfridia ihre Antwort ignorierend. Und als sie sich die Hände an die Brust legte und aufstöhnte, wusste Joselyne haargenau was Winfridia zu wissen glaubte.
Dies war vermutlich auch der Grund, der sie dazu trieb, ihr Kiefer nach unten zu klappen lassen. „Was weißt du?“
„Na, dass du ein Kind erwartest. Nein, keine Angst“, beschwichtigte Winfridia sie schnell, „niemand hat es mir erzählt. Dazu musste es doch gar nicht erst kommen. Ich sah es dir schon vor Monaten an, doch dort verbirgt sich der Beweis.“ Ein Finger, der ebenso pummelig wie der Rest des Körpers, zeigte in ihre Richtung. „Warum versucht es denn nur zu verstecken?“
Die erste grobe Verzweiflung legte sich gerade und an deren Stelle trat eine unbändige Vertrautheit Winfridia gegenüber. Sie war es auch doch immer gewesen, die sie bereits in ihrer ersten Stunde auf Dover geschützt und ihr geholfen hatte. Sie war wie Balsam für ihre Seele gewesen, als John aufgebrochen war. Und auch in den Monaten danach hatte sie mit scheinbar schützender Hand über sie gewacht. Sie würde ihr auch nun helfen.
„Da John nicht mehr hier ist, kann er mich nicht schützen. Und seine Mutter wartet vermutlich nur auf die Gelegenheit mich loszuwerden. Sie könnte das Kind leicht jemand anderes zuschieben und schon müsste ich mich verabschieden.“
„Ach was“, schnaubte Winfridia und kam auf sie zu. „Anne ist bei Weitem nicht so böse wie du denkst. Sie ist vielleicht nicht einfach, das mag ich auch gar nicht abstreiten, doch hat sie ein Herz und ist ebenso Mutter, wie du eine werden wirst. Du solltest es ihnen sagen. Außerdem wird sich Edward hinter dich stellen.“
Winfridia hatte ihr dann doch ins Kleid geholfen und nun
Weitere Kostenlose Bücher