Für immer Dein
betrat sie den festlich geschmückten Saal. Ein Meer aus bunten Girlanden, die man von einer der massigen Steinsäulen zur anderen gespannt hatte, sowie der Duft nach frischen Essen und das Moschus der Herren, empfingen sie. Ein Tag wie in alten Zeiten. Als die Welt scheinbar noch völlig in Ordnung war. Es hätte sie nicht gewundert, wenn John hinter einer der Säulen aufgetaucht wäre und sie zu sich gezogen hätte. Nur um sie auf die Art und Weise zu küssen, nach der sie sich in den letzten Wochen so sehr verzehrte.
Inmitten der Gäste entdeckte sie Robert, der ihr zunickte. Sein Gesicht war seit Neustem von einer solchen Fröhlichkeit durchzogen, dass es sie regelrecht gruselte. Etwas war im Busch. Sie spürte es. Alexia und er waren nicht mehr nur Freunde. Die letzten Wochen hatten dies eindeutig bewiesen, doch hielten sie sich noch immer bedeckt und zuckten bei jeder Gelegenheit auseinander.
„Du siehst bezaubernd aus“, begrüßte er sie, nahm ihre Hand in die seine und hauchte einen brüderlichen Kuss darauf.
„Ich werde Gesprächsthema Nummer eins sein“, meinte sie mit gespieltem Entsetzen.
Robert führte sie an einen der Tische heran und schob ihr den Stuhl zurück. „Wie kommst du denn darauf?“
Den Blicken, die ihr bereits zugeworfen wurden folgend, blickte sie auf ihren Bauch, der zwischen ihrem dünnen Manteau dermaßen hervorstach, dass es sie nicht gewundert hätte, wenn jemand die Hebamme nach ihr geschickt hätte.
„Sieh´ mich bitte an. Ich sehe aus, als würde ich jeden Augenblick zerplatzen. Alle haben Augen im Kopf und diese Augen, starren auf mich.“
Robert lachte vergnügt. „Joselyne, niemand verurteilt dich. Ich verstehe nicht, warum du dir so einen Kopf aus der ganzen Sache machst.“
„Weil es bei mir nicht so einfach ist, wie bei euch“, versuchte sie auf rudimentäre Art zu einem anderen Thema zu wechseln, welches sie endlich über die Beziehung der beiden aufklären sollte.
Robert verstand genau, doch hielt er sich in Schweigen und starrte zur Mitte des Saales, in dem noch immer dieses Gedränge wie zuvor herrschte. „Nichts ist einfach“, sagte er dann still und fast schon andächtig.
Joselyne schüttelte den Kopf, da sie nicht so recht verstand was er nun von ihr erwartete.
„Verstehst du nicht“, versuchte er zu ihr durchzukommen „Fiona hat eben ihre Mutter verloren, doch mein Herz, welches ich im Übrigen nicht für aufrichtig halte, schert sich scheinbar keinen Deut darum. Dagegen wirft es sich einer anderen Frau in den Schoß, welche zwar wunderbar und außerordentlich ist, doch welche so gar nicht in mein Leben passen will.“
„Du liebst sie“, stelle Joselyne, Anne fokussiert, die gerade an der langen Tafel Platz nahm fest.„Wenn du mit sie, Alexia meinst, dann ja“, erwiderte er, während sein Kiefer mahlte. „Doch findest du es nicht kalt und herzlos? Immerhin ist Iris noch nicht einmal ein Jahr tot.“
Den Schmerz ihres Bruder so gut verstehend wie vermutlich niemand anderer hier, strich sie ihm über den hellen Baumwollstoff seines Wamstes. „Robert, die Liebe kommt und geht, ohne dass man darauf Einfluss nehmen kann. Ich denke eher, dass Iris es nicht gewollt hätte, würdest du ihr nun jahrelang nachtrauern. Außerdem“, sie reckte das Kinn hoch und sah ihn dabei aus zusammengekniffenen Augen an „wird dir ihre strenge Hand guttun und du ihr. Alexia hat schon eine Menge hinter sich.“
„Sie tut mir tatsächlich gut“, stellte er dann mehr zu sich selbst sagend fest. Doch sein Blick, sowie auch seine Körperhaltung hatten sich blitzschnell verändert. Ein Zuspruch, denn er vermutlich schon die längste Zeit gebraucht hatte.
Nur kurze Zeit später wurde das Essen serviert. Anne und Edward hatten sich nicht lumpen lassen und die besten Gerichte gezaubert. Obwohl es in den Vorratskammer zu dieser Jahreszeit nicht rosig aussah, erweckte der gedeckte Tisch mit allen Pasteten, Suppen, Rouladen und Süßspeisen den Eindruck, als wäre der kalte Sommer an allen spurlos vorübergezogen. Gelegentlich erhaschte sie einen Blick von Anne, die immer wieder Fragen auf ihren Umstand zu beantworten schien. Immer das übliche, steinerne Lächeln aufgesetzt, lenkte sie die Gäste schnell wieder auf ein anderes Thema. Der ganze Tag, seine Obskurität einmal außen vor lassend, war angenehm, bis zu dem Zeitpunkt, als der enervierte Diener in den Saal gehuscht kam, beinahe über eine lockere Holzdiele stolperte und so auch noch die letzten Tratschenden zum
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