Für immer, Deine Celia: Roman (German Edition)
Wurde man mitten in der Nacht geweckt, konnte das nur eines bedeuten. Dann fiel ihr ein, dass die Kinder im Haus waren. Die Erleichterung war groß. Sie streckte die Hand nach ihrem Mann auf der anderen Seite des Bettes aus. Dann fiel ihr ein, dass er nicht zu Hause war.
Draußen im Flur stand Phil. Er sah sehr jung und verängstigt aus. Der Brigadier sei unten, meldete er, und senkte den Blick angesichts ihres blumigen Morgenrocks.
»Der Brigadier?«
Sie hastete die breite Treppe hinunter. Dort wartete Hugo Parker, Fredericks Stellvertreter und enger Freund, korrekt in Uniform und mit Rangabzeichen. Sie wusste sofort, was geschehen sein musste. Das Flugzeug war abgestürzt, und Hugo war hier, um ihr mitzuteilen, dass Frederick dabei ums Leben gekommen war. Es war auf dem Stützpunkt bekannt, wie risikofreudig die Piloten waren, wie wild und ungestüm sie häufig reagierten. Gelegentlich flogen sie angeblich so niedrig, dass man durch die blinden Plexiglasscheiben den Schatten der Maschine, einem riesigen Raubvogel gleich, über den gelbbraunen Boden schweben sah.
Doch selbst in dieser Schrecksekunde hatte sie Mitleid mit Hugo. Der arme Hugo, der Frederick vergötterte und mit ihr auf seine respektvolle Art flirtete. Der blonde, jungenhaft hübsche Mann litt sichtbar in diesem heißen Klima , wo harte Getränke in Mengen die Norm waren. An seinem Kinn klebte ein Stückchen blutige Watte. Schrieb der militärische Verhaltenskodex vor, dass man nur frisch rasiert schlechte Nachrichten überbringen durfte?
Zu ihrem Erstaunen begann er: »Kein Grund zur Sorge, Celia.«
Sie starrte ihn verblüfft an.
»Es hat einen kleinen Unfall gegeben«, fuhr er fort. »Nichts weiter«, fügte er hinzu, und sie roch den Gin in seinem Atem. »Frederick kommt nur ein paar Tage später nach Hause als geplant.«
Sie musste sich setzen. Ihr zitterten die Knie. »Er kommt nach Hause?«, brachte sie schließlich heraus.
»Aber natürlich.«
»Ich dachte, Sie kämen mit der Nachricht, dass sein Flugzeug abgestürzt sei.«
»O nein!« Er lachte. Es klang nervös. »Steht nicht zu befürchten, Celia.«
»Was für ein Unfall, Hugo?«
Er zögerte. »Das wird er Ihnen dann selbst erzählen.«
»Doch kein Autounfall, oder?«
»Nein, kein Autounfall«, bestätigte er. Dann runzelte er die Stirn wie nach einer verpassten Gelegenheit.
»Ist mit ihm alles in Ordnung?«
Er nahm plötzlich Haltung an. »Absolut! Habe selbst vor einer halben Stunde mit ihm gesprochen.«
Sie musterte ihn verwirrt.
Er schien seinen Fehler zu bemerken und machte einen Rückzieher. »Er wollte Sie nicht wecken, Celia. Das war der Grund.«
»Hugo!«, entfuhr es Celia. »Was soll das alles?«
Er zögerte. »Das dürfen Sie mich nicht fragen.« Er zuckte ostentativ mit den Schultern. »Woher soll ich das wissen?«
Das war eine glatte Lüge. Er wich ihrem Blick aus, und sie spürte seine Panik hinter der militärisch korrekten Fassade. Sie stellte sich unwillkürlich vor, wie er den Kopf in eine Schüssel kaltes Wasser gesteckt und sich mit zitternder Hand rasiert, sein verkatertes Äußeres in Ordnung gebracht hatte. Reiß dich zusammen, Mann! Es ist wichtig.
Allmählich begann sie zu begreifen. Was immer in Abeokuta passiert sein mochte, offenbar stand die Karriere ihres Mannes auf dem Spiel. War dieser nächtliche Besuch Hugos Idee gewesen? Oder geschah er auf Befehl seines Vorgesetzten Frederick, der zufällig ein enger Freund war? Sie glaubte, auch das Erscheinen in Uniform richtig zu deuten. Es symbolisierte Mut, Pflicht und Loyalität. Celia war Offiziersfrau. Sie wusste, dass all diese Kriterien auf dem Prüfstand stehen mussten.
22
Fanny kam zu dem Schluss, dass eine gute Ehe
mit einer Patchworkdecke vergleichbar war.
Ihre eigene zum Beispiel fügte sich aus allen möglichen
Einzelteilen zusammen, die ein warmes, tröstliches
Ganzes bildeten, um das sie die Unverheirateten
stets beneideten. Letztere begriffen nicht, wie viel
Vertrauen und harte Arbeit darauf verwendet
worden waren, oder dachten nie über die wahre
Bedeutung des Wortes Flickwerk nach.
AUS »LOVE AND A FAMILY«,
VERÖFFENTLICHT IM JAHR 1975.
Männer mögen keine klugen Frauen, hatte Priscilla Bet einst anvertraut. Das war zur Kriegszeit gewesen. Überall gab es Mädchen, die wie sie erzogen worden waren und jetzt harte, anspruchsvolle Arbeit erledigten. Sogar Staatsgeheimnisse hatte man ihnen anvertraut. Mehr als sechs Jahrzehnte später, als die Männer keine Rolle mehr spielten,
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