Für immer, Deine Celia: Roman (German Edition)
zurückversetzt, dass er für einen Moment jedes Taktgefühl vergaß.
»Sie war also auch klug«, bemerkte Celia, in dem Versuch, witzig zu sein.
»Offensichtlich!« Seine Laune schlug schlagartig um. »Ich war’s allerdings nicht. Ich hätte es wissen müssen! Hätte es erraten müssen.«
Im dunklen Garten wurde es sehr still. Ihr Mitgefühl war erneut erwacht. Sie fühlte sich älter, weiser. »Wo habt ihr geheiratet?«
»Ah!« Wie erhofft klang seine Stimme wieder fröhlicher. »In der Dorfkirche, dort, wo Katharine aufgewachsen war. Ein wunderschöner Gottesdienst, ein herrlicher Tag. Es war wirklich, als ob …« Seine Stimme verhallte. Kurz darauf fuhr er kurz angebunden fort: »Ich hatte meinen ersten Einsatz und wollte so schnell wie möglich mein Kommando übernehmen.« Was er dann sagte, klang für einen so nüchternen Mann seltsam: »Ist es möglich, dass wir unbewusst wissen, was geschehen wird?«
»Wie meinst du das?«, fragte sie verwirrt.
Plötzlich wurde ihre Hand mit solcher Kraft gepackt, dass sie fast laut aufgeschrien hätte. »Sie wollte reisen«, erklärte er. »Sie liebte die Sonne. Aber sie hatte Angst, nach Indien zu gehen.«
Zum ersten Mal fiel das Wort Indien. Offenbar war er kurz nach der Hochzeit dorthin versetzt worden. Dort musste es zum Bruch gekommen sein. War sein Rivale zu allem Übel auch noch ein Kollege oder sogar ein Freund gewesen?
»Den Rest kennst du.«
»Nein, tue ich nicht. Das habe ich doch gesagt. Ich wusste nicht mal, dass du in Indien gewesen bist.«
»Ah.« Er schien es dabei belassen zu wollen.
»Sie hat dich verlassen?«
Er murmelte Unverständliches. Dann flammte wieder ein Streichholz auf, und sie konnte nur daran denken, wie schwer es diesem stolzen Mann fallen musste, diese Worte zu verkraften.
»Wo ist sie jetzt?«, wollte Celia ängstlich wissen, denn was war, wenn Katharine ihren Fehler erkannte und erneut Anspruch auf Frederick erhob? Allein der Gedanke machte sie krank.
»Dort, natürlich.« Er klang erstaunt.
»Noch in Indien? Was macht sie da?«
» WAS SIE DORT MACHT ?« Aus der stillen Qual war ohne Vorwarnung Wut geworden. »Was, zum Teufel, denkst du, dass die arme Katharine macht? Was würdest du denn in einem Grab machen ?«
Der Schock saß tief. Sie brachte kein Wort heraus.
»Du hast nicht gewusst, dass sie tot ist?«
»Ich hab’s doch gesagt. Aphrodite wollte nicht raus mit der Sprache!«, wiederholte sie mit zitternder Stimme.
Offenbar glaubte er ihr, denn er beruhigte sich, entschuldigte sich sogar. Obwohl der richtige Augenblick da war, schienen ihm nicht mehr als die nackten Tatsachen über die Lippen zu kommen. Von einem Tag auf den anderen war die lachende, lebensfrohe Katharine offenbar gestorben und in dem fremden, fernen Land begraben worden. Jahre später klang es noch immer so, als könne er nicht begreifen, was geschehen war. Aufgrund des heißen Klimas hatte die Beerdigung innerhalb von vierundzwanzig Stunden stattgefunden (wie er beinahe sachlich, jedoch mit bebender Stimme berichtete). Danach hatte er seinen Auftrag erfüllt und war neun Monate später nach England zurückgekehrt. Er schwieg erschöpft. Sie brachte es nicht fertig, ihn mit weiteren Fragen zu quälen.
Die Lücken seines Berichts zu füllen war ihrer Phantasie überlassen. Katharine musste an Cholera oder einer anderen Tropenkrankheit gestorben sein. So etwas kam unter schwierigen klimatischen Bedingungen vor. Sie dachte an seine vergebliche Hoffnung und daran, dass niemand beim Begräbnis seine Hand gehalten hatte, an die schrecklichen Stunden nach der Rückkehr in ein leeres Haus. Wie sie ihn kannte, hatte er einen Heimaturlaub während der Trauerzeit abgelehnt. Er hatte allen gegenüber bestimmt so getan, als habe er sein Leben im Griff, und alle hatten ihm geglaubt.
»Als der Krieg kam«, fuhr er schließlich fort, »war das für mich ein Segen.« Er lachte humorlos. »Der Tod hatte keine Schrecken für mich. Vermutlich der Grund, weshalb sie mir einen Orden verliehen haben.« Dann wurde seine Stimme weich. »Dann kamst du …«
Kapitel zwei , dachte Celia unangemessen frivol. Scheint ihm zur Gewohnheit geworden zu sein, sich eine Ehefrau auf den ersten Blick zu wählen. Vielleicht, weil er immer schon im Voraus entschieden hat, was er will – zuerst ein schönes, intelligentes Mädchen, um die ihn alle beneiden; dann die scheue Naive, die er kontrollieren kann …
Sie fröstelte unwillkürlich bei der Erkenntnis, dass sie bereits in den
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