Für immer die Seele (Für-immer-Trilogie) (German Edition)
lieber noch lange bleiben würde. Trotz des Grabens, der sich immer wieder zwischen uns auftut, habe ich noch Hoffnung, dass ich mich nicht völlig täusche. Dass der Moment von Nähe gestern Abend auch ihm etwas bedeutet hat und ich mir nicht alles bloß einbilde.
Es kann nicht mehr lange dauern, bis Mom und Dad nachfragen, wo ich bleibe. »Meine Eltern sind ziemlich streng. Ich wünschte, sie wären ein bisschen lockerer. So wie Janine.«
Griffon sieht zur Tür hinüber. »Ja, sie ist wirklich cool. Diesmal hatte ich echt Glück. Bisher hatte ich noch nie einen Akhet in der Familie, es macht alles viel leichter.«
»Sie wirkt nicht mal so viel älter als wir.«
Er nickt. »Ich bin der ältere Akhet von uns beiden, aber sie ist in diesem Leben die Ältere, so gleicht es sich ein bisschen aus.«
Er steht auf, geht zur Garderobe neben der Tür und kommt mit zwei Lederjacken über dem Arm zurück. »Wenn du noch ein bisschen Zeit hast, könnten wir doch eine kleine Runde drehen, was meinst du?«
Als Antwort erscheint ein breites Grinsen auf meinem Gesicht, und ich spüre, wie tief in mir die Hoffnung wieder ihre Fühler ausstreckt.
»Klingt gut.«
11
Die Rushhour ist vorüber und der Verkehr hat sich gelichtet. Wir kurven durch Berkeley, vorbei an der Uni und dann aufwärts durch die weniger beleuchteten Straßen, bis wir in einer Gegend sind, die ich noch niemals zuvor gesehen habe. Der Wind weht nicht sehr kräftig, aber er ist kalt, und ich schmiege mich eng an Griffons Rücken, ducke mich hinter seine breiten Schultern, die den Fahrtwind abfangen. Bald sind wir an den letzten Häusern vorbei und der Tilden Regional Park liegt vor uns. Langsam cruisen wir die schmalen, gewundenen Wege entlang, auf die die hohen Bäume ringsumher im Mondlicht lange Schatten werfen. Mir ist eigentlich gleich, wohin wir fahren, solange ich einfach hinter Griffon sitze und spüre, wie sich seine Muskeln an- und wieder entspannen, wenn er das Bike um die Kurven manövriert.
Als wir den Kamm eines Hügels erreicht haben, lässt er das Motorrad ausrollen und lenkt es in eine unasphaltierte Haltebucht, die von großen Felsbrocken umgeben ist. Mit den Beinen stützt er die Maschine ab und hält sie gerade, damit ich absteigen kann. Er schaltet den Motor aus, und plötzlich umgibt uns Stille, nur hier und da ist das Quaken von Fröschen oder der gelegentliche Ruf einer Eule zu hören.
Griffon nimmt den Helm ab. »Warst du schon mal hier?«, fragt er.
Ich schaue mich um. »Ich glaube, früher sind wir manchmal zum Dampfzugfahren hergekommen. Aber das ist lange her.«
»Der Zug ist gleich dort unten«, sagt er und zeigt hügelabwärts. »Dort gibt es auch ein Karussell und einen kleinen Bauernhof.«
»Mit Ponys«, ergänze ich, denn plötzlich erinnere ich mich, wie ich weinend von einem kleinen, weißen Pony gehoben werde – zum Glück eine Erinnerung, die nur ein paar Jahre und nicht Jahrhunderte alt ist.
Trotz der Dunkelheit sehe ich ihn lächeln. »Mich haben sie auch hierhergeschleppt. Wahrscheinlich mussten alle Kinder aus der Gegend ihren sechsten Geburtstag auf dem Bauernhof feiern. Aber die Ponys mochte ich sehr, obwohl sie immer nur im Kreis herumgetrottet sind.«
»Ist doch seltsam. Es gibt so viele Orte, an denen wir beide schon waren. Wir hätten uns so oft irgendwo über den Weg laufen können, im Park oder auf der Straße«, sage ich und folge mit den Augen ein paar Autoscheinwerfern, die in der Dunkelheit unter uns um eine Kurve gleiten. »Aber wir mussten erst nach London fliegen, um uns zu begegnen.«
Griffon tritt an den Rand der Kuppe und schaut hinunter auf die Lichter der Stadt, dann wandert sein Blick über das dunkle Wasser bis hinüber nach San Francisco. Ausnahmsweise ist die Golden Gate Bridge nicht in Nebel gehüllt und man kann weit in die Ferne sehen. »Vielleicht sind wir uns ja früher schon einmal begegnet, aber der Zeitpunkt war einfach nicht der richtige. Es kommt vor, dass sich zwei Seelen viele Male in verschiedenen Leben begegnen.«
Ich mache ein paar Schritte auf den Abhang zu und mein Herz beginnt zu rasen.
Griffon dreht sich um. »Komm her und schau dir das Lichtermeer an.«
Hinter ihm sehe ich den festen Boden im Nichts verschwinden und weiß, ich werde keinen Schritt weitergehen. »Ich kann nicht.«
»Hast du Höhenangst?«
»Schreckliche.« Ich schlucke und versuche, die aufkommende Panik zu unterdrücken.
»Du weißt, ich würde nicht zulassen, dass du hinunterfällst,
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