Fuer immer Ella und Micha
vollständig ins Kissen. »Meinetwegen kannst du hier hocken und bohren, so viel du willst, aber da ist nichts. Ich fühle mich schlicht beschissen und will alleine sein.«
Sie wartet kurz, dann steht sie auf. »Ich komme heute Abend zurück – mit Milch.«
»Danke.« Ich schließe die Augen. »Und kannst du die Musik wieder lauter drehen?«
Wenige Sekunden später füllt Spill Canvas das Zimmer aus, und ich nicke ein. Ich bin froh, meine Gedanken in den Schlafmodus zu schicken.
»Wie lange ist sie schon so?« Finger gleiten sanft auf meinem Rücken auf und ab.
»Seit sie von der Geschichte mit ihrem Dad zurück ist«, antwortet Lila besorgt. »Also ungefähr seit vier Tagen. Sie steht so gut wie nie auf und will nichts essen.«
»Was verdammt noch mal ist passiert?« Micha hört sich genauso besorgt an.
Ich rolle mich auf die Seite und blinzele müde in die Sonne, die ins Zimmer scheint. Micha sitzt auf meiner Bettkante, eine Hand auf meinem Rücken. Sein Haar ist ein bisschen gewellt, was bedeutet, dass er vor Kurzem geschlafen hat.
»Nichts ist passiert«, sage ich, und beide zucken zusammen.
»Du spinnst.« Lila läuft auf und ab, die Hände in die Hüften gestemmt. Sie hat sich ihr blondes Haar aufgesteckt und trägt ein lila Spitzenkleid. »Wir wissen, dass etwas passiert ist.«
Micha ist ganz in Schwarz und trägt wie immer die Kette an seinen Gürtelschlaufen. Bei seinem prüfenden Blick in meine Augen fröstele ich innerlich. »Was hat dein Dad gesagt?«
Ich setze mich auf, sodass seine Hand von meinem Rücken aufs Bett fällt. »Er hat überhaupt nichts gesagt.«
»Ella May« – er will mein Gesicht berühren –, »erzähl mir keinen Blödsinn.«
»Ich erzähle dir keinen Blödsinn, Micha Scott.« Ich steige aus dem Bett und schlurfe zum Bad. »Ist dir mal der Gedanke gekommen, dass ich eben so bin? Dass du mich nicht retten kannst, weil du mich dann vor meinem eigenen Kopf retten müsstest?« Ich schließe die Tür hinter mir ab, sinke auf den Boden und umschlinge meine angewinkelten Knie, während die Gedanken durch meinen Kopf jagen.
Ich wünschte, er wäre nicht hier.
Ich wünschte, er würde mich einfach gehen lassen.
Ich wünschte, ich müsste nie mehr aufwachen und mich dem Leben stellen, weil es wehtut. Alles tut weh.
Es vergehen nur Sekunden, bis an die Tür geklopft wird. »Ella, mach die verfluchte Tür auf, ehe ich sie eintrete!«
»Ich will allein sein«, erwidere ich mürrisch. »Ich habe dich nicht gebeten hierherzukommen, Micha.«
»Nein, das weiß ich«, sagt er leise durch die Tür. »Lila hat mich angerufen, weil sie sich um dich sorgt. Und das tue ich auch. Du benimmst dich, als würdest du wieder an den dunklen Ort abtauchen.«
»Mache ich nicht, versprochen.« Ich bin viel zu erschöpft, um mich noch mit irgendetwas anderem zu beschäftigen, also schleppe ich mich zur Dusche und stelle das Wasser an. Nun wird Michas Stimme vom Wasserrauschen übertönt. Es fühlt sich an, als müsste ich weinen, doch meine Augen bleiben trocken.
Ich liege auf der lila Flauschmatte und starre hinauf zu dem kleinen Riss in der Decke. Niemals hätte ich damit gerechnet, dass er herkommt. Ich wäre gern besser vorbereitet gewesen, aber es ist Zeit, sich dem Unvermeidlichen zu stellen.
Ich lasse ihn gehen. Kappe das Band. Denn ich liebe ihn so sehr.
Diese Entscheidung traf ich auf der Fahrt nach Hause, als mir die Worte meines Dads nicht aus dem Kopf wollten. Ich wünsche mir etwas Besseres für Micha als eine düstere, trübe Zukunft.
Plötzlich klickt das Schloss. Die Tür schwingt auf, und Micha steht mit einem verbogenen Drahtbügel da.
»Was machst du, Hübsche?«, fragt er, als er mich sieht. »Eben war noch alles gut, und plötzlich sperrst du mich wieder aus.«
Ich schließe die Augen, hole Luft, öffne sie wieder und atme aus. »Wir müssen reden.«
Er schüttelt den Kopf. Anscheinend ahnt er schon, was kommt. »Nein, müssen wir nicht, es sei denn über etwas Schönes.« Er wirft den Bügel ins Waschbecken und kniet sich vor mich. »Du darfst deine Stimmungsschwankungen haben, aber ich lasse mich nicht von dir aussperren. Das geht wieder vorbei.«
Ich stütze mich auf die Ellenbogen auf. »Nein, geht es nicht. Es ist Teil von mir.« Mein Atem ist zittrig. »Ich denke, wir sollten Schluss machen.«
Er schüttelt hastig den Kopf und legt sich neben mich. »Hör auf. Das erlaube ich dir nicht. Verrat mir, was los ist, und ich werde versuchen, es zu regeln.«
Mein
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