Fuer immer Ella und Micha
Familie mit den vielen Problemen.«
Er trifft meinen wunden Punkt, und ich brauche einen Moment, um mich mental zu wappnen, bevor ich zurückschieße: »Sind Sie nicht das Arschloch, das seine Familie im Stich gelassen hat?«
Die alte Frau neben mir dreht sich zu uns und ist eindeutig entsetzt wegen meiner Ausdrucksweise.
Michas Dad beugt sich vor und knöpft seine eine Manschette zu. »Mich würde interessieren, wie du auf die Idee kommst, dass du so mit mir reden kannst. Du kennst mich nicht.«
»Und ob ich Sie kenne.« Ich überkreuze die Beine und lege die Hände in den Schoß. »Sie sind der Mann, der den großartigsten Menschen verlassen hat, den es gibt. Und wissen Sie was? Ich bin froh, dass Sie abgehauen sind, sonst wäre Micha womöglich noch so ein Idiot wie Sie geworden.«
Michas Dad sieht mich an, als wollte er mich ohrfeigen, und die alte Frau will anscheinend auch etwas sagen, aber ich gehe raus.
Ich wandere durch den Krankenhausflur und am Schwesterntresen vorbei, wo ich beschließe, mir einen Lolli aus dem Glas zu stehlen, den ich Micha schenken kann. Das Krankenhaus ist ein trauriger Ort, voller weinender und schreiender Leute und piepender Maschinen. Es ist, als würde jeder darauf warten, dass jemand stirbt, was für eine beängstigende Atmosphäre sorgt. Mich erinnert es an den Tag, als meine Mutter starb und wir mit ihr ins Krankenhaus fuhren, obwohl sie schon für tot erklärt worden war. Ich habe nicht geweint, mein Dad und Dean aber schon. Sie hielten sich in den Armen, während ich am Flurende stand und die Krankenschwestern und Ärzte beobachtete, die vorbeigingen.
Ich fühlte mich fehl am Platz, als dürfte ich nicht dort sein. Schließlich bin ich gegangen und zu Fuß den weiten Weg nach Hause gelaufen, wo ich mich in meinem Bett zusammenrollte und an die Decke starrte, bis die Sonne aufging. Mir war klar, dass mein Leben nie wieder wie vorher sein würde.
Als ich die Psychiatrie erreiche, habe ich das Gefühl, unsichtbare Hände würden sich um meinen Hals legen und mich würgen. Rasch mache ich kehrt und stoße mit einer Krankenschwester in blauer OP -Kluft zusammen.
»Was tun Sie hier?« Sie sieht über meine Schulter zu der geschlossenen Tür. »Hier dürfen Sie sich nicht aufhalten.«
Ich weiche vor ihr zurück. »Nichts. Ich habe nach den Toiletten gesucht.«
Ich bemühe mich, nicht darüber nachzudenken, dass ich einmal auf solch einer Station enden könnte, und kehre zum Aufnahmebereich zurück. Micha wartet auf einem der Stühle auf mich. Er blättert in einer Zeitschrift. Seine Haut ist blass, und sein blondes Haar klebt ihm an der Stirn. Er hat ein »Rise Against«-T-Shirt zu einer schwarzen Jeans an, und anstelle der Lederbänder hat er einen Verband an seinem Handgelenk.
Den Lutscher verstecke ich hinter dem Rücken, als ich auf ihn zugehe. »Du bist lebend rausgekommen.«
Er sieht zu mir auf und lächelt matt. »Klar, aber wo warst du?«
»Nirgends eigentlich.« Ich setze mich neben ihn, und Micha wirft die Zeitschrift auf den Tisch. »Ich wollte bloß von deinem Vater weg.«
Er mustert mich. »Was hast du zu ihm gesagt? Er war nämlich reichlich angepisst, als er ins Zimmer kam.«
Ich zucke mit einer Schulter. »Nichts als die Wahrheit.«
Grinsend streckt er seine Beine aus und hebt die Arme über den Kopf. »Wenn es okay für dich ist, würde ich gerne ins Hotel zurückfahren und schlafen. Das war ziemlich anstrengend.«
»Willst du nicht warten, bis dein Vater rauskommt?«
»Nein, lieber nicht.« Er lässt die Hände in den Schoß fallen. »Was versteckst du da?«
Grinsend halte ich ihm meine Hand mit dem roten Lolli hin. »Der ist für dich, weil du so ein braver Junge warst.«
Er lacht leise und nimmt den Lutscher. »Gott, ich liebe dich!«
Ich stehe auf und helfe ihm hoch. Seine Bewegungen sind träge und schwerfällig, als wir auf die Glastüren zugehen.
Er wickelt das Papier von dem Lolli und steckt ihn sich in den Mund. »Sosehr ich mich auch über dein Geschenk freue, fallen mir ein Haufen andere Sachen ein, mit denen du mich beglücken könntest, wenn wir im Hotelzimmer sind.«
Ich kichere und widerspreche nicht, weil ich in diesem Moment alles für ihn tun würde.
Kapitel 14
Micha
Die Blätter sind von den Bäumen gefallen, und es ist kälter geworden, allerdings nichts gegen Star Grove. Bald wird es Zeit, über die Weihnachtsferien nach Hause zu fahren. Überall wimmelt es schon von Weihnachten. Ella ist nach wie vor stur. Ich versuche
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