Fuer immer Ella und Micha
Kopf verschränkt.
Micha blinzelt mich verwirrt an. »Moment mal, was ist los?«
Ethan hat mich nervös gemacht, deshalb gebe ich auf und gehe zur Kühlkiste. »Nichts. Ich kann mich nicht mal mehr erinnern, was ich sagen wollte.«
Micha packt meinen Ellenbogen und reißt mich an seine Brust. »Lass uns irgendwas richtig Spaßiges machen.«
Ich versuche, mich ihm zu entwinden. »Nein, ich habe keine Lust.«
Er runzelt die Stirn und kratzt sich im Nacken. »Wieso bist du so komisch?«
»Bin ich nicht.« Ich biege meinen Arm, sodass er mich loslassen muss. »Ich mag es bloß nicht, dass du betrunken bist.«
»Warum? Ich war schon so oft betrunken.«
»Weiß ich, und das ist das Problem.« Ich beiße mir auf die Zunge. »Entschuldige. Das war nicht so gemeint.«
Seine Augen funkeln vor Wut. »Du betrinkst dich genauso oft wie ich.«
»Das stimmt nicht«, verneine ich kopfschüttelnd.
»Und ob das stimmt!«, erwidert er so laut, dass ich zusammenzucke. »Du trinkst genauso viel wie ich, ob zum Spaß oder weil du irgendwas vergessen willst. Das machen wir alle, seit wir vierzehn waren.«
»Hey, zieh mich da nicht mit rein!«, ruft Ethan und steigt von der Motorhaube. »Ich bin nicht mehr so wie früher.«
»Bist du nicht«, widerspricht Micha, stolpert über seine Stiefel und knallt gegen eines der Regale, aus dem Werkzeuge und Autoteile fallen. Lila gehen fast die Augen über, während sie ihr Gespräch beendet. »Du trinkst immer noch, wenn dir nach Dichtmachen ist – wie wir alle.«
Stille tritt ein. Unsere Atemwolken stehen in der kalten Luft, und Ethan und mir wird bewusst, dass er recht hat. Wir alle haben mit vierzehn zu trinken angefangen – zunächst aus reiner Neugier. Aber je älter wir wurden, umso mehr benutzten wir es als Flucht vor der Realität.
»Tja, ich bin fertig damit«, sage ich schließlich, hebe die Hände und gehe zur Tür.
»Und ich bin mit dir fertig«, brüllt Micha mit hochrotem Gesicht. »Deine beschissenen Psychospielchen und deine Probleme stehen mir bis sonst wo. Ich habe sie satt und will das nicht mehr.«
Meine Hände sacken nach unten. »Ich meinte, dass ich mit dem Trinken fertig bin, aber es ist gut zu wissen, wo du stehst.«
»Ella, das hat er nicht so gemeint. Er ist einfach betrunken, also hör auf, dich so dämlich zu benehmen, und komm drüber weg«, mischt Ethan sich mit einem Kopfschütteln zu Micha ein. »Reiß dich zusammen, Mann.«
Micha starrt ihn wütend an. »Halt dich da raus.« Er dreht sich wieder zu mir, doch ich bin schon aus der Garage.
Er folgt mir nicht, als ich die Straße hinunterrenne. Der Wind bläst mir ins Haar und sticht an meinen Wangen, während ich versuche, vor dem Schmerz wegzulaufen. Meine Angst ist mir dicht auf den Fersen.
So wütend war Micha noch nie auf mich. Niemals. Es ist, als steckte mir ein Messer in der Brust, und ich habe keinen Schimmer, wie ich es herausziehen soll. Es tut überall weh.
An der Straßenecke werde ich langsamer und versuche, meine Gedanken unter Kontrolle zu bringen. Ich hole mein Handy aus der Tasche und wähle Annas Nummer.
Nach dem vierten Klingeln nimmt sie ab. Im Hintergrund spielt Klaviermusik. »Hallo?«
»Hi Anna, hier ist Ella.« Ich habe ein schlechtes Gewissen, weil ich sie bei ihrer Familie anrufe.
Ich höre eine Tür schließen, dann ist es still. »Was ist los?«
Ich starre auf das Graffiti am Straßenschild. »Ich habe etwas gemacht, von dem Sie mir abgeraten haben … Ich habe Micha auf sein Alkoholproblem angesprochen.«
»Und was ist passiert?«
»Er hat – Dinge gesagt.«
Anna schweigt. »Was für Dinge? Verletzende?«
»Alle möglichen Sachen. Und, ja, es tut weh.« Ich presse die Hand auf mein schmerzendes Herz und krümme mich. »Richtig schlimm.«
»Was möchtest du machen, um den Schmerz zu lindern?«, fragt sie, als ein Wagen an mir vorbeifährt und mich mit Schneematsch vollspritzt. »Ella, wo bist du?«
»Ich stehe an der Straßenecke und will nur wegrennen«, gestehe ich. »Ich will heulen … Ich möchte schreien.«
»Dann schrei«, fordert sie mich auf. »Nur zu. Lass es alles raus.«
»Aber ich bin auf der Straße.« Ich sehe die Straße hinauf, wo ein altes Ehepaar den Gehweg entlanggeht. »Und hier sind Leute.«
»Na und?«, antwortet Anna. »Mach dir wegen denen keine Gedanken. Lass einfach alles raus – lass die Sorge und den Schmerz fahren. Stau das nicht in dir auf, Ella. Darüber haben wir doch geredet.«
Ich komme mir idiotisch vor, aber ich
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