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Für immer, Emily (German Edition)

Für immer, Emily (German Edition)

Titel: Für immer, Emily (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilka Hauck
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sehen, vor lauter Turteln hatte ihre Cousine sie wohl ganz vergessen. Niclas war auch ein Stück weit vor ihr, er wollte schauen, ob er eine Tablette für sie auftreiben konnte. Er war offenbar verstimmt, verkniff sich aber bissige Bemerkungen. Mist, nun lief auch ihre Nase schon wieder. Sie zerrte an dem Taschentuchpäckchen in ihrer Jackentasche herum und schaffte es schließlich, eines herauszuziehen und sich die Nase zu putzen, ohne das Rad umfallen zu lassen. Emily steckte das Taschentuch wieder weg und wollte gerade weitergehen, als ihr linker Fuß auf dem rutschigen Schlamm ausrutschte. Sie merkte, wie die aufgeweichte Erde nachgab und der Rand des Weges wegbrach. Sie griff hastig nach dem Rad, das aber ebenfalls auf dem Schlamm weg glitt wie auf Eis. Emilys linker Fuß rutschte ab, sie ruderte mit den Armen und versuchte vergebens, irgendwo Halt zu finden. Ein erschrockener Schrei kam über ihre Lippen, als sie das Gleichgewicht vollends verlor und halb rutschend, halb rollend, den Abhang hinunterstürzte.
     
    Niclas hatte erwartungsgemäß niemanden gefunden, der eine Schmerztablette mit sich herumschleppte, aber einen Versuch war es wert gewesen, denn Emily sah wirklich erbarmungswürdig aus. Warum bloß war sie nicht zuhause geblieben? Stattdessen quälte sie sich nun schon seit Stunden hier herum, er rechnete jede Minute damit, dass sie umkippte. Er ärgerte sich über Emily und ihre Dickköpfigkeit, aber auch über sich selbst. Niemals hätte er es zulassen dürfen, dass sie hier mitfuhr, so elend wie sie sich fühlte. Dieser bescheuerte Emmerson und seine dämliche Schnapsidee mit diesem Ausflug. Niclas hob den Kopf und sah zu Emily, die ein Stück weit von ihm weg stand. Was tat sie denn da? Er kniff die Augen zusammen, denn der verdammte Nieselregen legte sich wie ein Schleier vor sein Blickfeld.
    „Emily ...“ Das Wort blieb ihm im Halse stecken, denn er sah gerade noch, wie erst ihr Fuß abrutschte, dann das ganze Stück von dem aufgeweichten Boden nachgab, das Rad wegrutschte, sie den Halt verlor und fiel. Für einen Moment setzte sein Herzschlag aus, und Bilder, die er normalerweise mit aller Gewalt aus seiner Erinnerung verdrängte, stiegen mit Macht in ihm hoch. Er sah Blut, hörte Sirenen, sah zuckende Lichter im Regen. „Scheiße, Emily.“ Er begann zu laufen, stürzte zu dem Abhang und starrte einen Moment nach unten, ohne auch nur das Geringste erkennen zu können. Dann rutschte er, ohne länger nachzudenken, über das nasse, glitschige Gras nach unten. Der feine Nieselregen hing wie Nebelschwaden in der Luft, er konnte nicht mal genau erkennen, wo dieser Abhang endete.
    „Emily? Wo bist du?“ Seine Kehle war wie zugeschnürt und sein Herz hämmerte wie ein Presslufthammer in seiner Brust. Lieber Gott, lass ihr nichts passiert sein. Bitte! Nicht Emily. Nicht Emily ...Er lief und rutschte, so schnell er konnte, ein oder zweimal wäre er selber fast gestürzt, so glatt und steil war es an manchen Stellen. Verdammt, wo war sie? Endlich war der Abhang zu Ende und er sah sich suchend um. „Emily? Komm schon, sag was.“
    „Nic? Oh, Nic, hier bin ich.“
    Niclas kniff die Augen zusammen, dann sah er sie. Sie saß auf dem Boden und hielt ihren rechten Arm etwas merkwürdig, aber ansonsten schien sie okay zu sein. Er hoffte es zumindest.„Gott sei Dank, da bist du ja.“ Er kniete sich neben sie und umfasste vorsichtig ihr Gesicht. „Bist du okay? Hast du dir wehgetan?“
    Sie schüttelte den Kopf, und er sah den langen Kratzer, der sich von der Schläfe fast ganz über ihre rechte Wange zog. „Meine Hand tut weh, aber ich glaub, das ist nicht so schlimm.“
    „Zeig mal her.“ Er besah sich ganz vorsichtig ihr Handgelenk. „Gebrochen scheint nichts zu sein. Was hast du denn gemacht um Himmels willen?“
    Sie zuckte mit den Schultern. „Ich weiß nicht, plötzlich ist der Weg weggebrochen und ich konnte mich nicht mehr festhalten, es war alles so rutschig. Und dann bin ich gefallen. Gott, ich hab mich so erschrocken.“
    Niclas nickte. „Und ich erst.“ Lange vergessen geglaubte Bilder blitzten urplötzlich in unerträglich grellen Farben vor seinem inneren Auge auf, alles lief in rasender Reihenfolge ab, und der Schmerz von damals bohrte sich mit voller Wucht in sein Herz. Er stand abrupt auf. „Du hättest dir das Genick brechen können. Ich hab dir doch gleich gesagt, du sollst daheim bleiben. Warum hast du nicht auf mich gehört? Du ... du könntest tot sein“, rief er

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