Für immer, Emily (German Edition)
prüfenden Blick zum Himmel, wo sich dunkle Wolken zusammenzogen. „Es sieht auch nach Regen aus, vielleicht sollten wir zurückgehen?“
„Ja, gehen wir zurück.“
Sie drehten um und Emily zog ihre Weste enger um ihren Körper.
Niclas warf ihr einen prüfenden Blick zu. „Ist dir kalt?“
Sie zog die Schultern hoch. „Ein bisschen. Aber es geht schon.“
„Du kannst meine Jacke haben, wenn du möchtest.“
„Oh, danke, das ist nett von dir, aber es geht.“
Sie lächelte ihm zu, und er lächelte zurück. Emilys Herz machte wieder diesen merkwürdigen Satz in ihrer Brust, den es immer tat, wenn Niclas sie so ansah und sich dieses süße Lächeln auf sein hübsches Gesicht legte. Sie schluckte und senkte hastig den Blick. Sie wurde schon wieder rot, sie war so ein dusseliges Ding. Aber er sah wirklich gut aus. Wenn er lächelte, tanzten tausend kleine, goldene Fünkchen in seinen Augen, und sie vergaß zu atmen, bei diesem Anblick. Was war das nur? Sie mochte ihn mittlerweile sehr, aber mehr war da nicht. Mehr würde niemals sein, mit niemandem.
Niclas‘ Blick hing an Emily, die nun mit gesenktem Kopf neben ihm herlief. Sie war sehr hübsch, und er konnte kaum noch glauben, dass er sie bei ihrer ersten Begegnung für eine graue Maus gehalten hatte. Ihre langen blonden Haare umspielten ihr zartes Gesicht manchmal wie ein Schleier, und er mochte es, wie ihre Augen leuchteten, wenn sie ihm etwas erzählte. Sie hatte ein bezauberndes Lächeln, so schüchtern und süß. Aber all das war es nicht, was ihn so zu ihr hinzog. Es war ihre Art. Sie gab ihm das Gefühl, ihn zu mögen wie er war, für sein Inneres, nicht für sein Aussehen oder sein Motorrad. Er atmete tief durch und senkte den Kopf. Noch niemals hatte er so empfunden, und es verwirrte ihn sehr, aber es fühlte sich gut an. Er hob den Blick und wandte ihn wieder Emily zu, dabei fiel ihm sofort auf, dass ihr Gesichtsausdruck sich verändert hatte. Sie hatte ihre Schritte verlangsamt, und er sah Unsicherheit und fast so etwas wie Panik in ihren Augen. Er wandte den Kopf in die gleiche Richtung wie sie und erblickte eine Gruppe junger Männer, die lachend und feixend auf sie zukam. Seine Blicke schweiften zwischen den Jungs und Emily, und plötzlich stieg eine entsetzliche Ahnung in ihm hoch. Ihre Abneigung gegen Berührungen, ihre zurückhaltende, scheue Art, die hochgeschlossene Kleidung, ihre Angst, als sie im Kopierraum eingeschlossen gewesen war. All das ergab plötzlich einen erschreckenden Sinn. Er schloss kurz die Augen und biss sich auf die Lippen. In ihm stieg etwas auf, das er nicht in Worte fassen konnte. Emily ...
Die lärmende Gruppe kam immer näher, und er bemerkte, wie Ben sich an Emilys Beine drückte. Offenbar spürte der Hund ihre Angst und wollte sie trösten. Niclas sah in ihre starren, weit aufgerissenen Augen, zog dann kurz entschlossen seine Jacke aus und legte sie um ihre Schultern. Dabei drehte er sich so, dass er zwischen ihr und den, mittlerweile fast auf gleicher Höhe mit ihnen gehenden jungen Männern stand.
„Hier, zieh die Jacke an, es ist wirklich kühl geworden. Mir macht es nichts aus, aber du zitterst ja.“ Seine Stimme klang ruhig. Sie hob den Blick und sah ihn fragend an. „Komm, zieh sie an.“ Sein linker Arm lag leicht um ihre Schulter und er half ihr, in die Ärmel zu schlüpfen, während die Gruppe an ihnen vorbeilief und sich allmählich entfernte.
Emily sah ihnen nach, dann schloss sie kurz die Augen. „Danke, aber ...“
Er nickte nur. „Lass uns gehen, bevor wir noch pitschnass werden.“
Sie liefen schweigend weiter, und Emily fühlte, wie sich ihr wilder Herzschlag langsam wieder beruhigte. Wann würde das aufhören? Diese Jungs hatten doch überhaupt nichts von ihr gewollt, wieso konnte sie nicht einfach normal und gelassen mit solchen Situationen umgehen? Und Niclas, er hatte ganz offensichtlich gespürt, dass mit ihr etwas nicht stimmte, deshalb hatte er ihr seine Jacke gegeben, um ihr nahe sein und sich vor sie stellen zu können, ohne dass sie dabei ihr Gesicht verlor. Das war sehr nett von ihm. Trotzdem fühlte sie sich jetzt elend, es war ihr unglaublich peinlich. Was mochte er nur von ihr denken? Erst das Drama im Kopierraum, nun das hier. Er musste sie wirklich für verrückt halten. Sicher war er heilfroh, wenn sie ihre gemeinsame Arbeit endlich beendet hatten und er sich nicht mehr mit ihr beschäftigen musste.
Niclas lief stumm neben Emily her, und seine Gedanken drehten
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