Für immer, Emily (German Edition)
schlenderten sie langsam an dem kleinen Fluss entlang, der sich durch die Stadt schlängelte. Obwohl sie nicht viel redeten, spürten beide, dass heute etwas Neues zwischen ihnen entstanden war. Eine neue Nähe, eine neue Hoffnung. Etwas, das noch ganz frisch und jung war, und mit dem beide noch nicht wirklich umgehen konnten, was sich aber nicht mehr verbergen ließ. Sie fühlten sich wohl miteinander, weil keiner von dem anderen etwas erwartete, was er nicht geben konnte oder wollte.
Emily erwartete von Niclas nicht, dass er den coolen Mädchenschwarm gab. Im Gegenteil, sie mochte es, wenn er still, nachdenklich und auch manchmal unsicher war. Eine Seite an ihm, die er außer ihr noch nie einem Mädchen gezeigt hatte. Und er nahm ihre scheue Art, ihre Zurückhaltung Berührungen gegenüber einfach als gegeben hin. Er fragte nicht nach dem ‚Warum‘, er ließ sie so sein, und das gab ihr ein unglaubliches Gefühl von Sicherheit.
Sie liefen jetzt durch den kleinen Park, und er erzählte ihr, dass er hier als kleiner Junge oft Fußball gespielt hatte. „Kevin und ich haben uns hier oft getroffen und gespielt. Dort hinten war ein Spielplatz, siehst du?“ Er zeigte über die grüne Fläche, wo jetzt allerdings Blumenbeete angelegt waren.
„Kevin und du, ihr kennt euch schon ziemlich lange, was?“ Emily drehte an ihrem Schal herum und sah Niclas fragend an.
„Ja, seit dem Kindergarten. Er ist der Einzige, der alles über mich weiß. Na ja, fast alles.“ Er lächelte ihr etwas verlegen zu.
Sie nickte. „Verstehe. Das ist schön. Es ist toll, wenn man so einen guten Freund hat, der einen schon so lange kennt.“
Er nickte. „Ja, stimmt. Besonders, nachdem meine Mom gestorben war. Ich war jedenfalls schon oft froh, Kevin zu kennen.“
„Das kann ich mir gut vorstellen. Was ist mit deinem Vater? Verstehst du dich gut mit ihm?“
Emily betrachtete Niclas prüfend, der einen Moment schwieg.
„Na ja, früher haben wir uns gut verstanden. Nach dem Tod meiner Mutter nicht mehr so sehr. Mein Vater ist damit nicht gut zurechtgekommen und hat sich sehr zurückgezogen. Außerdem arbeitet er sehr viel, ich sehe ihn eigentlich nur selten.“
„Wie alt warst du noch mal, als deine Mom starb?“
„Elf.“
Elf. Emily spürte plötzlich eine tiefe Traurigkeit in sich, bei der Vorstellung von dem Jungen, der noch ein Kind war, dessen Mutter nicht mehr da war, und von einem Vater, der sich von ihm zurückzog und mit seiner eigenen Trauer nicht zurecht kam.
„Das war sicher schlimm für dich. Es tut mir wirklich sehr leid, Niclas.“
Er warf ihr einen Blick zu. „Danke. Ja, es war schlimm“, sagte er ruhig. Normalerweise hätte er bei jedem anderen sofort abgeblockt und sicher wahrscheinlich schroff reagiert, aber er spürte, dass Emily ihre Worte ernst meinte und nicht einfach nur so dahinsagte.
Er wusste nicht, was sie dazu bewogen hatte, ihre Familie zu verlassen und alleine hierher zu ziehen. Er wusste auch nicht, was ihr das Leben ganz offensichtlich manchmal so schwer machte, aber dass es da etwas geben musste, war ihm klar. Und vielleicht lag es gerade daran, dass er sich bei ihr, für seine Verhältnisse, so entspannen und sich öffnen konnte, denn sie war keines dieser Happy-Life-Girls, die das Leben als einen einzigen großen Spaß ansahen.
„Du hast sie sicher sehr vermisst? Ich kann mir das irgendwie gar nicht vorstellen, wie das so ist, ohne Mutter aufzuwachsen. Ich vermisse meine Mom auch, jetzt, wo wir nicht mehr zusammen wohnen, aber ich telefoniere oft mir ihr.“ Sie strich sich eine Haarsträhne hinters Ohr. „Entschuldige, das hätte ich wohl nicht sagen sollen. Wie dumm von mir.“
Niclas‘ Blick ruhte kurz auf ihr. „Nein, schon okay. Du kannst ruhig mit mir darüber reden. Und, na ja, sei froh, dass du es dir nicht vorstellen kannst, es ist nicht gerade schön. Ich habe sie wirklich oft vermisst. Ich vermisse sie heute noch.“
Emily nickte. Am liebsten hätte sie nach seiner Hand gegriffen und sie tröstend in ihrer gehalten, aber das traute sie sich nicht. „Das verstehe ich. Das würde mir sicher genauso gehen.“ Sie schwieg kurz. „Was ist passiert damals?“
Niclas beugte sich zu Ben hinunter und kraulte seinen Kopf. „Sie hatte einen Unfall.“ Mehr sagte er nicht, und Emily spürte sofort, dass er darüber nicht sprechen wollte.
Sie liefen schweigend ein Stück weiter.
„Brr, es ist ganz schön kalt geworden. Vorhin war es doch noch so mild.“ Sie warf einen
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