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Für immer in Honig

Für immer in Honig

Titel: Für immer in Honig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dietmar Dath
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diesen Tanz bleiben lassen. Sie und ich, wir wissen beide, daß die Madame mehr ist als eine Ehema lige. Sie genießt, beispielsweise, das Vertrauen einer Frau, die, wenn alles gutgeht, in nicht allzu ferner Zeit Präsidentin der Vereinigten Staaten sein wird. Nach allem, was ich weiß, kungeln die beiden schon herum, an den zukünftigen außenpolitischen … und Sicherheitsaufgaben, auf die jemand heute sehr gut vorbereitet sein muß, der ins Weiße Haus einziehen will, und sei’s zum zweiten Mal.«
    Der Diplomat war das erste Mal in seinem langen Berufsleben tatsächlich sprachlos.
    Daher kam es, daß es dem flinken Scheusal am Ende sehr leicht fiel, den Diplomaten über den Tisch zu ziehen, leichter, als es sich das in seinen kühnsten Wieselträumen ausgemalt hatte.
    2  So hörten wir, die gescheitestmöglich Gescheiterten in Wohnungen, mit denen man wirklich d’accord sein konnte, auf Stühlen, die man echt o.k. finden durfte, in Betten, die bestimmt alright waren, ständig solche Geschichten – zum Beispiel die von einer Frau in Amerika, die nichts lieber getan hatte in ihrer verärgerten Jugend, als Leute zu organisieren, am liebsten Frauen, für das Recht auf eigene Entscheidungen über den eigenen Körper zum Beispiel. Und wir hörten, daß diese unsere Schwester, die nicht sein wollte, was sie von Biologie und Sittsamkeit her sein sollte, und also zum Beispiel lieber Frauen in ihr Bett mitnahm als Männer, sich neuerdings für lauter garstige Scheiße einsetzte, zum Beispiel für die Wahl eines leidlich netten, ungehobelten und aber vernagelten Idioten zum Gouverneur von Kalifornien, dessen, wie man damals schon nicht mehr sagen durfte, Funktion im Scheißspiel nichts mit seiner Nettigkeit, Ungehobeltheit und Vernageltheit zu tun hatte, aber alles mit den Leuten, die ihn da hingebracht hatten.
    Auch verwandte sich diese unsere Schwester neuerdings für hart zupackende Bildungsreformen, die den Kindern wieder solides Zeug einbimsen sollten, mit möglichst viel Gewalt. Schließlich aber setzte sich diese unsre Schwester für das rituelle Totmachen mit juridischem Hintergrund von Kinderfickern ein und hatte dafür sogar ein paar tolle neue Argumente mitgebracht.
    Dann sahen wir, noch so eine Geschichte, plötzlich einen der unsern, einen der besten, verdient ist gar kein Ausdruck, auf einem Podium rauchend und schwächlich gestikulierend bestreiten, daß Rassismus – angesichts der großen Gleichmacherei vor dem Geld, dem lebenden Tod nicht nur der lebenden Toten sondern auch der toten Lebenden –, überhaupt noch ein vordringliches Problem sei.
    Rassismus im klassischen Sinn, erklärte unser verwirrter Bruder, werde heute von den Herrschenden als Bedrohung aufgebauscht, um das bißchen ungelenken, schlecht artikulierten Dissens zu erwürgen, der sich in den aus Sparsamkeitsgründen liberal getünchten Neototalitarismen der Nachsystemwettstreitszeit am liebsten die Gestalt des Rechtsradikalismus verpasse. Und noch anderen halbwahren Ruin mehr erzählte der Bruder, wie zum Beispiel, daß es Verschwörungen gäbe, deren wahre Wahrheit von den Medien eher verdeckt würde als enthüllt, von Propaganda entstellt, von Ablenkungsnachrichten unsichtbar gemacht – als wäre nicht das, was die tatsächlich Verschworenen Böses trieben, damals jeden Tag längst völlig offen in allen Blättern gestanden, als wäre es nicht auf allen Bildschirmen, denen der Rechner wie denen der Glotze, zu sehen gewesen, als wäre das Schreckliche also nicht vielmehr keineswegs die Verschwörung selbst, sondern ihr völliges, schamloses Offenbargewordensein.
    Und schließlich, als wir schon zu ahnen begannen, daß viele unserer Brüder und Schwestern sich neuerdings zum Frühstück selbst Bekloppt-Flocken mit Milch servierten, um a) den Zustand und b) die komplette Unerheblichkeit dessen, was sie dazu zu sagen und zu meinen hatten, zu ertragen, erfuhren wir auch noch von einem Vetter zweiten Grades, einem über achtzig Jahre alten Dichter, der neuerdings glaubte, die Sprache sei ein imperialistisches Herrschaftsmittel, das es durch die Herstellung willentlich obskurer Literatur zu desavouieren, zu beschämen und in sich verrückt zu machen gelte. Alles, wähnte dieser Dichter, was er seit seiner Jugend, die er in vom Kolonialismus verhäßlichten und vergewaltigten Regionen erlebt hatte, je in Erfahrung hatte bringen können, hätte ihn dies gelehrt, und so blieb ihm nur noch, schreckliche Metaphern oben auf nicht

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