Für immer in Honig
Siemens, Benz, HypoVereinsbank).
1998, unterm Mann der Senatorin, ließ es sich das Big Government zum ersten Mal seit New-Deal-Zeiten einfallen, wenigstens ein bißchen gegen dergleichen anzubellen, gedeckt von einer OECD -Empfehlung des Inhalts, man solle doch zusehen, daß die Mitgliedsstaaten solche Cayman-Insel-Evasionen ein bißchen zurechtstutzten, der allgemeinen zwischenstaatlich-großwirtschaftlichen Transparenz zuliebe.
Ein Anlaß, die Dämonen zu tatzeln, hatte sich aus der Tatsache er geben, daß jene Schummel-Oasen auch dafür genutzt wurden, die Geldströme internationaler Terrornetzwerke in Gang zu halten. Solche Netzwerke hatten sich soeben erlaubt, Botschaften der USA in Tansania und Kenia in die Luft zu jagen. Die Cayman-Inseln, nicht gerade geostrategische Schwergewichte, beeilten sich, der amerikanischen Administration unbedingte Kooperativität beim Ausmisten zuzusichern. Eine vielversprechende Konstellation also, aber es wurde dann doch nichts daraus. Denn die Demokraten verloren unter leicht schummerigen Umständen die nächsten Präsidentschaftswahlen; und alles, was der Gatte der Senatorin an Vorbereitungsarbeit investiert hatte, um dem Kapital wenigstens eine seiner gröbsten Sauereien ein bißchen zu vermiesen, wurde vom neuen Herrn in größter Eile kaputtgetrampelt.
»Wenn wir länger drangeblieben wären …«, murmelte die Senatorin, deren leicht eingetrübter Blick vom Foto der Tochter zu dem ihres Vaters schweifte, als plötzlich die Tür aufgerissen wurde und ein Mann das Zimmer betrat, der sich nach nicht besonders alter, aber inzwischen doch durch fleißige Pflege gefestigter palästinensischer Tradition einen Haufen Sprengstoff um den Bauch gebunden hatte, den er, wie deutlich auf seinem Gesicht zu lesen stand, mittels eines soeben scharfgemachten Zündmechanismus umgehend zu detonieren beabsichtigte.
Nicht viel Geheimnisvolles umgab diesen Unglücklichen: Seiner Familie war Unrecht geschehen, sein Bruder war auf irreguläre Weise von regulären israelischen Armeeangehörigen getötet worden, weil er mit Personen Umgang pflegte, die auf nur für Israelis reservierten, durch palästinensisches Autonomiegebiet führenden Straßen mit Gewehren Heckenschützenanschläge verübten. Dieses Unrecht hatte weiteres Unrecht gezeugt. So war dieser Mann, ursprünglich unpolitischer Bruder eines ursprünglich ebenso unpolitischen Getöteten, ein Irrsinniger geworden, der, wie überhaupt mindestens die halbe im schmerzhaften Werden begriffene palästinensische Nation, anderen Interessen als den palästinensischen fürchterlich nützlich war; vor allem durch Gewalttat und andere Gesinnungsbeweise.
Zur Abwechslung, fanden seine Sponsoren, sollte er aber keine Israelis, sondern die Senatorin mit sich aus dem Leben reißen. Die ganze Geschichte hatten sie von vergleichsweise langer Hand geplant. Der vom oben geschilderten Hupchaos begleitete Unfall vor dem Gebäude, in dem die Senatorin ihr Büro unterhielt, gehörte als Ablenkungsmanöver, das die Aufmerksamkeit der Wachleute einen entscheidenden Augenblick lang von ihren eigentlichen Aufgaben abziehen sollte, ebenso zum Gesamtplan wie der Mord an zwei Angestellten der Senatorin, nämlich erstens einem dritten Wachmann – Steckschuß ins Herz – und zweitens der gerade mit Zitronenkuchenfrischhaltefoliekonservierung beschäftigten persönlichen Assistentin der Senatorin, Carolyn, die erdolcht wurde. Diese beiden Morde wurden allerdings nicht von dem mit Dynamitstangen behangenen Partisanen aus dem heiligen Land begangen, sondern von einer weiteren Person, die zum fraglichen Zeitpunkt ebenfalls nicht im Gebäude hätte sein sollen.
Anders als vom Sprengstoffmann beabsichtigt, aber durchaus im Sinne seiner Sponsoren, fand an diesem Mittwochnachmittag vor Ort danach nur noch ein weiterer Mensch den Tod, nämlich der palästinensische Attentäter selbst. Denn als er gerade etwas mehr oder weniger Unartikuliertes in die ungefähre Richtung schrie, in der er seinen rachsüchtigen Gott vermutete – schräg an der stuckverzierten Wand des schönen Büros lang nach oben zur Decke –, öffnete sich die Tür, die er hinter sich gerade ins Schloß geworfen hatte, mit einem heftigen Ruck und traf ihn mit der Kante in die Seite, bevor er den Zündmechanismus bedienen konnte.
Die Senatorin war unterdessen, halb aufgerichtet, vom Sofa gerutscht. Deshalb bekam sie nur als Farbgewisch im Stürzen mit, halb verdeckt vom breiten Glastisch vor dem
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