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Für immer in Honig

Für immer in Honig

Titel: Für immer in Honig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dietmar Dath
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geheimgehaltene Grenz­zwischenfälle erlebt, den Job quittiert, als ihm, das heißt seiner Einheit, mal in Sperrgebiet das Boot auf eine Mine gelaufen war und er mit zwei »assholes« anderthalb Tage auf dem Rettungsfloß durchs Mittelmeer hatte rumdümpeln müssen. Kondenswasser, Regenwasser, notdürftig beschaffte hypotone Flüssigkeiten. Energiespender dieser Art kann er seither nicht mehr riechen, nur noch das gute Evian, wenn’s nach ihm geht.
    Was für Hände – selbst die von Corbett sind dagegen zum Streicheln erfunden.
    Die Tattoos sind hebräische Schriftzeichen, auch kleine Spiralen, schneckig, aber nicht niedlich, sondern bedrohlich, Sprungfedern in Tretminen vielleicht. Ich schaue, während er wieder seine schlanke hellbraune Klampfe auspackt, um seine rosenblätterzarte arabische Musik anzustimmen, auf meine eigenen schmalen, inzwischen aber wenigstens erdkrumenbraunen Hände, mit denen ich jetzt alle drei Tage mein Gewehr auseinanderbaue, putze, öle, wieder zusammenbaue.
    Vor wenigen Jahren noch habe ich mich damit beschäftigt, ob man einen Text nicht auch auf der Seite 3 unten quer reinriegeln kann, und ob der sich anbietet für ein Zweitbild, und ob man dann zwei fette Meldungen mittig reinkriegt, wenn man ihn vierspaltig umbricht.
    Jetzt lerne ich, daß man mit meiner Waffe auch Granaten verschießen kann – gegen gepanzerte und lebende Ziele Flachbahn-Gewehrgranaten, zur Beleuchtung und Gefechtsfeld-Einnebelung dagegen Steilbahn-Gewehrgranaten.
    Auch Karin wird an der Waffe ausgebildet. Sie hat breitere Hände als ich.
    Was war das noch mal, »weibliche Hände«, wer hat mir das erzählt, mich dafür bewundert? Die blonde Freundin von Jenny, Christine, genau, das war vor der Vitrine gewesen, mit den Büchern von Theodor Heuss, Erstausgaben, Geschenke an die Schule, die nach ihm hieß. Da habe ich mit der Hand draufgepatscht und gesagt: »Das war auch so ein Liberaler, der Hitler am Anfang einen gar nicht so schlechten WC -Reiniger gegen die bolschewistische Verstopfung fand«, und da schaute sie dann auf meine Finger.
    Ich dachte mir später abends, alleine, alles mögliche.
    Dioptervisierung, Lochkimme, Korn mit Schutzdach.
    Voll auf den Ziegenschuppen, aus Übungsgründen, ein Riesenlärm.
    Burn, motherfucker, burn. Denn ich bin, Sie gestatten bitte, der große Erwin Rambo, ehemals Feuilleton.

FÜNFUNDDREISSIGSTES KAPITEL
    Angenehm, Mrs. Präsidentin • Vorbereitende Gebete fürs Buch A • Historischmaterialistische Plauderei • Macht und / oder Schönheit • Lesen oder Nichtsein • Das mit Jeanne • Älterwerden als Korsar • Geschenkschachtel
    1  Manchmal wurde es fast zuviel: die exklusiven Pillen und hochgezüchteten, rostbraun glänzenden Wachhunde, die langen Autos, die wilden Bootstouren und lebendigen Orchester statt Platten auf Partys, der ganze reiche Scheiß, der durch Cordula und später durch Jeanne auf den ohnehin schon extrovertierten Abenteurerunfug getürmt wurde, den Andy, arme Nasenspitze, zu balancieren versuchte.
    Und Jeanne Alber, schöne Frau in Pelzkragen und Perlenkette, war nicht die einzige überlebensgroße weibliche Herausforderung, der sich Andy als Teil der schönen und waghalsigen Welt dieser totlebendigen Ära zu stellen hatte. Schließlich gab’s auch noch die Präsidentin.
    Seine erste persönliche Begegnung mit der mächtigsten Frau der Welt fand in einer New Yorker Opernloge statt. Er war für Valerie eingesprungen, die damals mit Cordula praktisch o ffizi ell liiert war, was allerdings nicht länger halten sollte als ein psychedelisch-hysterisches halbes Jahr. Cordula war samt Begleitung von der Präsidentin eingeladen worden, mit dieser und ihrem Gatten einer Aufführung der »Zauberflöte« in der Met beizuwohnen. Valerie blieb aber lieber im Hotel und ließ sich dort, in der vom Personal so genannten »Zoo-Suite«, wieder mal von Panthermännern mit dampfenden Flanken besteigen, lecken und verwöhnen. Sie redete sich, soviel Hö flich keit war vorhanden, auf »Krankheit« raus und machte Andy die Sache mit dem naheliegendsten Argument der Welt schmackhaft: »Es ist Hillary. Überleg es dir. Legendärer wird’s nicht.«
    Es war weiß Gott Hillary, legendärer wurd’s nicht.
    Das aufgepumpte Goldkleid, das sie trug, sah zwar ein wenig lächerlich aus, mehr wie Geschenkpapier als wie Prunk und Ornat der Macht, die Ohrringe waren zu groß und das Gesicht der großen Frau wirkte älter, vor allem magerer und brüchiger als im Fernsehen. Aber

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