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Für immer in Honig

Für immer in Honig

Titel: Für immer in Honig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dietmar Dath
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geschraubt. Nix. Wenn das Monster das zu oft macht, es tut mir in der Seele leid, aber dann gibt’s nur eins: auf den Grill und zapp, durch mit dem Elektrostrom, daß das ganze Monster verschmurgelt. Dann ist halt Schluß! Dann ist halt mal Schluß!
    Irgendwo muß auch ein Strich her, wir machen jetzt stundenlang an dem Monster rum, es ist immer noch das Gerede und Gerabse von dem Monster. So bringt man das nicht weiter! Das Thema war doch mal mit Erkenntnis und Philosophie, und was kommt dabei raus jetzt? Monster!
    J: Unbefriedigend.
    F: Unbefriedigend, klar! Stundenlang Monster. Weil dieses Zeug halt so penetrant ist. Also sage ich: Grill, aus. Und wenn einer fragt: Wo ist es denn hin, da war doch grad noch das Monster? Guckt man halt ein bißchen verlegen und sagt: Monster ist nicht mein Fachbereich. Frag mich was anderes, sonst knall ich dir ein paar. Das überzeugt noch die letzten. Da kommt man aus den schwierigsten Situationen raus. Damit sind wir beim nächsten Stichpunkt: Miteinander reden macht die Unterhaltung erst zum Spaß!
    J: Ahahaha hahahaha.
    F: Ouh!, wie das Monster sagen würde. Danke.

SIEBENUNDDREISSIGSTES KAPITEL
Achthundertfünfzehnter Tag
    Nicht, daß das Gymnasium später wirklich irgendeine läuternde Auslese der kleinstädtischen Elite vorgenommen hätte, durch die’s besser geworden wäre für mich. Aber diese Grundschule, das war schon eine böse Anstalt.
    Wir hatten eine völlig verrückte, von ihren Eltern regelmäßig bis an die Schwelle des Kreiskrankenhauses geprügelte, beißwütige kleine Zündlerin, die wußte schon mit sieben, was Brandstiftung heißt, und dann gab es diesen Riesen, der neben mir saß und mit sechs aussah wie zwölf, der wiederum hatte einen Bruder, der bis zum Tod durch Suff immer mehr aussah wie der späte Elvis, bloß ohne Glamour [ © Tom Holert 199 6 ].
    Diese unfrommen Gestalten wohnten alle am Dammweg, der asozialen Brennpunktstätte. Mit dem Klops, dem Bruder vom King, habe ich mich sogar bißchen angefreundet, der war dann ab und zu nach mittags bei mir daheim. Ich genoß nämlich das Vorrecht des Schlüsselkinds: einen eigenen Palast zum Sachenkaputtmachen und Unfugstiften. Telefonstreiche! Geilstens! Einmal haben wir zusammen alle Fenster meines Zimmers mit Fingerfarbe komplett zugemalt, Jackson Pollock [ © Ed Harris 2000], fuck off and die.
    Alle Farben, die Goethe je gegessen hat, in- und übereinander, ein völlig brutales Gesaue, bis die Summe der ganzen Pracht so schwarz war wie unsere Zukunftsaussichten. Der Untergang des Abendlandes. Wir mußten das dann zwei Tage lang mit Plastikmessern wieder abkratzen, Zeitungen lagen meterbreit auf dem Teppichboden; diese nach Gummi riechenden Farbsplitter von dem getrockneten Zeug werden mich ewig in meinen Träumen verfolgen, nein, gar nicht wahr, fallen mir eben zum ersten Mal seit Jahrzehnten wieder ein.
    Und die kleine Marion mit den »Timotei«-Naturshampoohaaren, Rauschgoldengel, Mamas Kreatur, und der Anthroposophensohn Georg, den sie später in der Vierten aus Haß zu dritt durch die Scheibe vom Turnsaal geschmissen haben – good show, mit Krankenwagen und allem Drum und Dran. Der Schaden war aber nicht danach, die Scherben fielen eher groß aus, keine hat ihn ernsthaft verletzt. Mein türkischer Freund Turan war rädelsführerdick dabei gewesen, bei der Aktion, und ich habe zumindest begeistert gejohlt. Wollt ihr den totalen Fenstersturz? Sieg Heil! Kinder können so grausam sein, ha ha ha.
    Einen Portugiesen hatten wir auch in der ersten Klasse, unglaublich schweigsam, und eine überirdisch schicke winzige Iranerin ebenfalls, die schon auf dem Weg zur Dame war, der Vater ein vergleichsweise reicher Exilant: Sportmediziner, glaube ich. Und Jenny natürlich, die auf den alten Fotos aussieht wie überhaupt das hübscheste Mädchen, das je für Karottensaft Werbung gemacht hat. Philip nicht, der kam erst am Gymnasium dazu.
    Aber dafür Cordula Quatscheviel aus Fulda, genau, die Geburtsstadt weiß ich noch, weil mir das so exotisch vorkam, dieser dunkle Vokal im Ortsnamen: »Fu UUUU hlda«, Hui Buh, weiter weg von meinem zaghaften süddeutschen Heimatgefühlchen war nicht mal »Hamburg« oder »West-Berlin« oder die Ex-Mud-Queen of Miami.
    Im wievielten Jahr hat uns die beknackte Deutsch-, Mathe- und Sachkundelehrerin mit dem Talent für böse Spitznamen das erste Mal einen Aufsatz schreiben lassen? War das wirklich schon in der zweiten Klasse, ging das so schnell? Ein ganz grobes, direktes

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