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Für immer in Honig

Für immer in Honig

Titel: Für immer in Honig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dietmar Dath
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fast wie die erste Zeit nach der Flucht aus Sonnenthal. Sogar den grünen Bus sahen sie oft, auf ihren Reisen, nur daß er jetzt nicht immer ein VW -Bus war: Manchmal hatte er Fenster und war ein Renault, dann wieder einen Dachaufsatz, einmal ein Blaulicht, einmal vorn einen Mercedesstern. Immer aber saß Klemens August Braun am Steuer, erklärte die Veränderungen: »Es ist schon dasselbe Auto, aber die … Topologie ist kompliziert. Der Wagen kann viel.«
    Manchmal hatte Doktor Rock neue Lektionen für David mitgebracht, manchmal nur Schnaps für Andy.
    In den ersten drei dieser vier Jahre dachte Andreas viel über Krieg und Frieden nach. Die Aussicht, beinahe von den marswärts abziehenden Colin Kreuzers der alten verkehrten Welt mit Atombomben beworfen worden zu sein, machte die Frage zum brennenden Problem, ob diese ganzen zähen Konflikte, in deren Angelegenheiten Andy reiste und schoß und wühlte, überhaupt zu steuern waren, oder ob nicht andersrum alles, was er tat, den Weltbrand schürte. Er lernte auf Abendgesellschaften und Orgien, daß Pazifismus in den Kreisen derer, deren Vermögen bei Merril Lynch, Goldman Sachs, der Deutschen Bank oder Lazard gut aufgehoben war, neuerdings in Mode kam: »Die Zombies sind fast weg vom Fenster. Diese Miri Eisin in Israel macht uns allen vor, wie es geht: Man soll keine Gewalt anwenden, nur zeigen, daß man die Mittel dazu hat, dann geht das von alleine weg«, sagte ein Aufsichtsrat von Merck zu ihm, den Jeanne ihm in Bologna vorstellte.
    Andy sprach Cordula drauf an, die an diesem Abend ungewohnt schweigsam immer nur bei Valerie und einem südafrikanischen W mit schwarzweißer Zebrahaut gestanden hatte, kaum von anderen Gästen angesprochen worden war und einmal so etwas wie einen feindseligen Wortwechsel mit einem früheren »Investor«, einem Japaner »aus den oberen Stockwerken« (Valerie) von Fujitsu / Sagai durchgefochten hatte.
    Sie standen nach dem Ende der Party zusammen im Aufzug. Valerie hatte gerade erzählt, daß ihr pubertierender Sohn heute abend »eine reizende Ballettmaus« aus Prag kennengelernt hatte und mit ihr im weitläufigen Hotel auf irgendein luxuriöses Zimmer verschwunden war, da brachte Andy das Pazifismusthema auf.
    »Ah, ja, genau, Pazifismus«, schnaubte Cordula, »sie ziehen ihr Geld von der Front ab. Sie werden es bald brauchen, wißt ihr. Für traditionellere Eigentumsschutzmaßnahmen als die, für die sie uns bezahlt haben. Die Leute werden nämlich unruhig, jetzt, da die Medikamente entwickelt sind, gegen Rotfeuer, gegen P.A.S. , gegen epidemisch-systemische Sklerose, gegen Nekrochlamydie und tödlichen Cushing und so fort.«
    Andy verstand, wovon sie redete.
    Er hatte die Rallyes und Demonstrationen im Fernsehen gesehen, und einmal, auf der Fahrt vom LAX nach Hollywood, auch live: riesige Protestversammlungen gegen die WTO und ihr TRIPS -Regelwerk. Cordula kam ihm sehr abgekämpft vor in diesem Fahrstuhl, die Ringe unter ihren Augen waren nicht mehr nur blau, sondern fast schwarz: »Es ist die Rückkehr der Politik, davor haben sie Angst. Solange die Zombies die großen Städte gehalten haben, jedenfalls in Zentraleuropa, schien es keine Klassen mehr zu geben, nur noch Menschen auf der einen, Zombies auf der andern Seite, und die W irgendwo dazwischen. Jetzt geht es um die Krankheiten – aber anders als damals, vor dem Totentanz. Ich meine, mehr als eine Milliarde Menschen mußte seinerzeit mit weniger als einem Dollar auskommen, dreißigtausend Menschen starben täglich an Krankheiten, die einzig von der Armut herrührten, aber jetzt … siebenhunderttausend Rotfeuerkranke allein in den USA , sieben Millionen P.A.S .-Kranke auf dem nord- und südamerikanischen Kontinent zusammengenommen, achtzehn Millionen Kranke in Asien und China. Und alles, was unsere … Finanziers interessiert, ist, daß sie am Ende des Geschäfts wenn möglich deutlich mehr als ihre R & D -Kosten rauskriegen.«
    »W kriegen diese Krankheiten nicht, richtig?« fragte Valerie, ebenso besorgt wie plötzlich sehr neugierig. Cordula seufzte: »Richtig. Deshalb habe ich meinen Einfluß auf die weltweit größten W-Organisationen, und die prominentesten W, dahingehend geltend gemacht, daß sie sich unbedingt solidarisch verhalten, mit diesen neuen Krankenbewegungen.«
    »Wieso ›deshalb‹, das könnte uns doch völlig …«, begann Valerie unschuldig, aber Cordula bewegte ihren Kopf mit einem Ruck in ihre Richtung, daß die Messerfrau zusammenfuhr, und zischte

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