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Für immer in Honig

Für immer in Honig

Titel: Für immer in Honig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dietmar Dath
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ist sie, im einen Moment benutzt sie Wörter wie »Gratifikation«, im andern maunzt sie mich an. Und wenn das nicht Liebe ist, dann geht es eben doch auch ganz gut ohne Liebe, so zwischen zwei erwachsenen, ungetrösteten Verrückten.
    2  Sie nannten es »das Jahr der Wiedergeburt des Menschen«: Die neuen Krankheiten schienen endlich beherrschbar, die wichtigsten Zombiestädte wurden befreit, große Nationalstaaten der Vergangenheit, auferstanden aus Ruinen, ließen ihre bunten Fahnen wieder knattern. Für Valerie Thiel aber war es das Jahr, in dem sich zu ihrem erheblichen Mißvergnügen her ausstellte, daß Carl von Ranke, ihr Dauerfreund seit mehreren Jahren, erheblich weniger erwachsen war als sie selbst, »und das will schon was heißen, Cola«, wie sie der Chefin kopfschüttelnd gestand.
    Daß er ihr ein Schloß in Schottland, eine Viertelstunde Fahrt von Inverness, kaufte und einrichten ließ, fand sie noch »ganz witzig«, daß er jeden Abend mit ihr sprechen wollte, »ganz rührend« – man konnte ja einfach nicht rangehen oder sich verleugnen lassen, wenn es mal lästig war –, daß er zur Einweihung des Schlosses eine Riesenparty veranstaltete – hier sah sie nach Jahren das erste Mal Jennifer Brunner wieder, die in Begleitung eines russischen W erschien und nackt, wie der spätere Abend zeigte, ausgesprochen gut aussah, das alles: gefiel ihr prächtig.
    Aber der Heiratsantrag am nächsten Morgen, der ging zu weit.
    Sie lachte ihn aus.
    Er nahm es übel auf, wurde bleich, rang die Hände, lief auf und ab in ihrem großen Schlafzimmer, halb angezogen, und lamentierte: »Ich will ja nicht, daß du monogam wirst. Ich will mich auch nicht als Davids Vater aufspielen oder dir da in die Erziehung reinreden oder … aber wir sollten, finde ich, durchaus vor aller Welt kundtun …«
    »Hör mal, Kalle. Du spinnst, o.k.? Vor aller Welt … kundtun? Ist das die Midlife-Crisis oder so was?«
    Er setzte sich zu ihr, legte die Hand auf ihren noch von diversen Körperflüssigkeiten der Nacht verklebten Oberschenkel – sie duschte gern erst nach dem Frühstück – und klagte peinlich: »Valerie, warum kannst du nicht zugeben, daß uns etwas Besonderes verbindet? In einer Zeit wie dieser, die wir durchleben, mit ihren Kriegen und Seuchen und …«
    »Hör mal, Kalle«, sagte sie, nur in Maßen amüsiert, »in welchem Film hast du das denn jetzt alles aufgeschnappt, diesen ganzen Käse da?«
    Dann schob sie seine Hand weg, schwang sich aus dem Bett. Valerie ging zum Fenster, öffnete es und rief auf den Hof hinaus, wo einige der im Schloß einquartierten Gäste gerade Pferde satteln ließen, für einen Ausritt über die Highlands: »Ich kann bestimmt drei Tage nicht sitzen , so gut bin ich endlich mal wieder gefickt worden!«
    Andreas Witter, einer der Reiter, winkte ihr fröhlich zu und rief: »Ja guten Morgen, Valerie!«
    David saß schon auf seinem eigenen Pferd, einem Schimmel namens »Mercury«, und winkte auch. Er wurde jetzt schnell älter, staunte Valerie, ein Jugendlicher war er schon, was es nicht alles gibt.
    Carl trat von hinten herzu, schloß die Fenster und sah Valerie zornig an: »Was soll denn das Theater? Wovor läufst du bloß weg? Kannst du nicht einfach die Nähe zulassen, die Intimität?«
    »Carl, es reicht jetzt. Wirklich«, sagte sie, jedes Amüsement war verflogen. Er aber packte sie am Arm, drückte fest zu: »Schau mich wenigstens an, wenn ich …«
    Weiter kam er nicht. Das rechte Knie der Messerfrau traf seine Eier nicht mit voller, aber ausreichender Wucht, um ihn wie ein senkrechtes, plötzlich losgelassenes Mikadostäbchenbündel zusammenknicken und zu Boden gehen zu lassen. Valerie stieg graziös über ihn vom Fenster und sagte, auf dem Weg zum Bad: »Schade, Carl. Wirklich schade. Wenn du gedacht hättest, du kannst mich mit deinem Geld kaufen, dann hätte das noch ’ne Weile weitergehen können, als Spiel. Aber daß du gedacht hast, du kannst mich hypnotisieren, mit deiner äh … Liebe und Fürsorglichkeit … das ist einfach nur arm.«
    Er war nicht mehr da, als sie ins Schlafzimmer zurückkam. Sie zog sich an. Dann ging sie zu den Stallungen, sattelte sich ein Pferd, stieg drauf, ritt Andy und ihrem Sohn und den andern hinterher, holte sie kurz vor Mittag ein und hatte keine Mühe damit, Andy zu erklären, daß es jetzt wirklich besser war, bald aufzubrechen, egal wohin.
    3  Die vier Jahre, die auf jenen etwas überhasteten Aufbruch in Schottland folgten, waren wieder

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