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Für immer in Honig

Für immer in Honig

Titel: Für immer in Honig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dietmar Dath
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materielle Auskommen und damit Befreiung zum geistigen Dasein, Integrieren von geistiger und körperlicher Arbeit, also Aufhebung des Intellektuellenfluchs (Fachidiotie) bei Ausschüttung des Intellektuellensegens an alle (das Programm »alle werden Castoriadis« hat mal eine Interviewerin diesem linken Philosophen vorgeworfen, er hätte es bejahen sollen, es wäre keine Schande gewesen) – wie und warum, fragt der Verf., werden Intellektuelle freiwillig Apologeten des Verhextseins?
    Die wissenschaftlichtechnische Intelligenz hatte noch eine gute Ausrede: Das Zerdeppern der Produktionsverhältnisse erschüttert und hemmt wegen des dabei unumgänglichen Tumults eine Weile lang notwendig die Produktivkräfte, die es doch befreien soll (während die Pharmafabrik von den Kranken und den Arbeitern erobert wird, liegt sie erst mal lahm, wegen Schießerei und so). Das hat sich mit der Zombiescheiße und dem, was ihr an Anarchie erst mal ein paar Jahre lang folgen wird, vorerst erledigt: Zwischen Übernahme mit Kollateralschäden und sinnloser Zerstörung ist nicht schwer aussuchen.
    Die rechten Schöngeister? Die wurden ganz anders korrumpiert: Sie glaubten am Ende, die Extrawurst, die man ihnen briet (und die in Wirklichkeit relativ winzig war, verglichen mit richtiger Freiheit), sei existenznotwendig für sie, und vermißten sie im sozialistischen Programm, wo sie ja auch wirklich nirgends vorkam, deshalb mit Recht.
    Es stimmt nun allerdings eben nicht, daß der Sozialismus vorsieht, daß alle Intellektuelle werden in dem Sinn, daß es dann mehr Intellektuelle von der Art gibt wie vorher.
    Die werden durch ihn letztlich abgeschafft, finden das aber vorher zum Teil weit weniger toll, als die Arbeiter es finden würden, als Arbeiter abgeschafft zu werden (letztere wissen nämlich, daß das nötig ist, damit sie statt Arbeiter Menschen werden können). Die rechten Intellektuellen glauben, ihre Arbeit würde ihnen Spaß machen – wenn sie drüber stöhnen, wie blöd sie dennoch ist, denken sie bei sich, sie würden lügen. Der Witz des Weltgeists: Sie ist aber wirklich blöd. »The intellect is more removed from the crowd than anything« (Wyndham Lewis): Das stimmt, aber es ist nur sinnlos anstrengend, sich von der verblödeten Crowd fernzuhalten, es ist nicht stabil, es kann rein sozialthermodynamisch nicht halten, und am End fällt man doch mittenrein: Proletarisierung. Man hätte also besser rechtzeitig was dafür unternommen, daß die Crowd, zu der man am Ende, weil es eben keine mittelalterlichen Stände mehr gibt, als kein Kapital besitzender Kopfarbeiter halt doch gehört, etwas weniger blöd und häßlich ist, etwas weniger zombiesk, etwas humaner.
    Es wär’ so schön gewesen.
    5  Als er fertig war mit dem Erzählen, schwiegen beide ein paar Minuten lang.
    Eins der Mädchen, es hieß Cayce, hatte noch mal Kaffee gebracht, während Andy redete. Jetzt rührte er mit dem Löffel in der Tasse rum. Hillary sah ihn sich schweigend an. Er ahnte nicht, was sie wohl denken mochte. Was sie dachte, hatte vorwiegend damit zu tun, daß der Moment, in dem ein Liebespaar aus ihnen beiden hätte werden können, verpaßt worden war, damals, in Italien.
    Die schwermütige Schicksalsergebenheit, die sie dabei empfand, hätte ihn reichlich gefreut. Andy dachte derweil, daß er in alles halt doch nur reingestolpert war, daß er als junger Mensch eigentlich nie was Schlimmes erlebt hatte, keine Tode von Nahestehenden, kein Elend, keinen Krieg – und auch später immer nur verschont worden war: Die Krankheiten hatten andere gekriegt, das W-Problem war nie seins geworden, weil er kein W war. Von nichts eine Ahnung, immer gut weggekommen, und jetzt den Lenin spielen, mit seinen paar popligen Informationen aus Cordulas innerem Kreis, fabelhaft. Wahrscheinlich ließ er sich wieder nur benutzen, wie damals vom Dokter, wie lange danach von Cordula, jetzt eben von Prashad und Jennifer Brunner und Toussaint und all den andern echten, richtigen Revolutionären, die handelten, jagten und sammelten, statt Sonntagspredigten zu schreiben wie er.
    Macht gute Laune, so ein Parteiprediger, den man als besonders gut unterrichtet verkaufen kann, Alibi-Veteran der Zombiekriege, wahrscheinlich war das Wichtigste an seinem »Buch A« nicht irgendetwas, das darinnen stand, sondern dieser Abglanz von Action, so wie damals, haarscharf vor dem Totentanz, alle Welt den eitlen Quatsch von diesem benebelten Herrn Negri gefressen hatte, weil der mal irgendwo im

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